Eindruckstellen sind nicht immer vermeidbar

Um es gleich vorweg zu nehmen: Eine Leistung gilt als einwandfrei, wenn sie der zu erwartenden durchschnittlichen Qualität und Güte entspricht. Eindruckstellen in elastischen Bodenbelägen sind daher ebenso zu minimieren wie das Abzeichnen von Kellenschlägen oder das Auftreten offener Fugen. Worum es in diesem Beitrag geht, ist die spezielle Situation extrem hoher Punktlasten, wie sie unter den Aufstandsflächen von Krankenhausbetten auftreten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es hier zu Eindruckstellen kommen, die in der gewählten Konstellation – Bodenbelagsart und Möblierung – unvermeidbar sind. Als „Freibrief“ sollte diese Erkenntnis allerdings nicht verstanden werden, wie der folgende teilfiktive Fall verdeutlicht.

Eindruckstellen unter Pflegebetten

In einem Krankenhaus wurden neue Pflegebetten angeschafft und in der Folge auftretende Eindruckstellen im Linoleum-Bodenbelag bemängelt. Es wurde festgestellt, dass in allen Flächenbereichen des Krankenhauses ein 2,5 mm starker Linoleum-Bodenbelag vorliegt, der Ende 1991 verlegt worden war. Zu Protokoll gegeben wurde, dass seit Nutzungsaufnahme Pflegebetten Typ X mit Monorollen genutzt wurden. Seit 2009 wurden zusätzlich insgesamt 30 Pflegebetten Typ Y mit Doppelrollen angeschafft, bei denen es im Bereich der Aufstandsflächen vermehrt zu Eindruckstellen im Bodenbelag gekommen ist. Bei der Überprüfung der Linoleum-Flächen im Bereich der Pflegebetten Typ X konnten zum Teil deutliche Eindrücke im Bodenbelag festgestellt werden. Die überprüften Betten des Typ X sind mit Monorollen in der Größe 125 x 32 mm ausgestattet. Die elastischen Laufflächen der Monorollen weisen eine Härte von circa 85 Shore A auf. In gleicher Deutlichkeit konnten auch im Bereich der 30 „neuen“ Pflegebetten Typ Y Verquetschungen des Bodenbelags im Standflächenbereich der Rollen festgestellt werden. Die Betten des Typ Y sind mit Doppelrollen ausgestattet, die einen Durchmesser von 50 mm und eine Laufflächenbreite von jeweils 20 mm aufweisen. Die gummierten Laufflächen haben eine Härte von circa 90 Shore A. Zu berücksichtigen ist, dass sich entsprechend der vorhandenen Doppelrollen am Pflegebett Typ Y im Vergleich zu den größeren Monorollen des älteren Pflegebettes Typ X deutlich mehr Eindruckstellen zeigen. Dies ist darin begründet, dass bei Doppelrollen in jedem Standflächenbereich zwei Rollen auf die Oberfläche des Bodenbelages treffen, statt nur einer bei Monorollen.

Extreme Punktlast

Zwecks Feststellung der tatsächlichen Druck-/Punktlast, die durch die Doppelrollen auf die Oberfläche des Linoleum-Bodenbelages trifft, wurde ein modulares Wägesystem eingesetzt. Es besteht aus vier tragbaren Plattformen (Waagen), die mit einem Steuerungs-, Auswertungs- und Messterminal die Möglichkeit bieten, die tatsächliche Radlast/Drucklast vor Ort an der Standposition des Bettes zu messen. Mit dieser Gerätekonfiguration erfolgte die Messung der Rad-/Drucklasten der vier Doppelrollen bei Leergewicht des Pflegebettes sowie mit zusätzlichem Patientengewicht. Berücksichtigt wurde zudem, dass Unebenheiten des Untergrundes dazu führen, dass nicht alle Aufstandsflächen gleichmäßig belastet werden. Die Messungen ergaben je nach Höhe der Belastung und Aufstandsart einen Radpressdruck zwischen 2 und 5 N/mm², was im Maximalbereich als branchenüblicher Grenzwert angesehen werden kann.

Der durch die Rollen des Pflegebetts komprimierte und deformierte Linoleum-Bodenbelag, zeigte eine „matschig“ wirkende Struktur, einhergehend mit Perforationen an der Oberfläche sowie einen Kohäsionsbruch innerhalb der Konstruktion.

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Die Pflegebetten der Erstausstattung weisen Monorollen auf, die bereits erhebliche Eindruckstellen im Linoleum hinterlassen haben.

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Der Bettenbestand wurde nach und nach mit neuen, moderneren Pflegebetten ergänzt.

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Die neuen Pflegebetten sind mit Doppelrollen ausgestattet. Dies führt dazu, dass auch die doppelte Anzahl an Eindruckstellen sichtbar wird.

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Durch ein modulares Wägesystem konnte die tatsächliche Radlast unter Belastung an jeder Aufstandsfläche exakt gemessen werden.

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Der Linoleum-Bodenbelag weist ein Alter von rund 25 Jahren auf und hat somit seine mittlere Lebenserwartung von 20 Jahren überschritten. Er unterliegt bereits einem alterungsbedingten Zerfallsprozess.

 

Das sagt die Norm

Eine normative Grundlage, die die maximal zulässigen Punkt-/Radlasten auf elastische Bodenbeläge in der Praxis definiert, ist uns nicht bekannt. Aus der technischen Information FEB Nr. 3 „Werterhaltung von elastischen Bodenbelägen; Einsatz von elastischen Bodenbelägen in hygienerelevanten Bereichen – Räder und Rollsysteme“ geht hervor, dass ein Grenzwert für Radpress-Drucklasten von 5 N/mm² realistisch und praxistauglich ist. Unter Punkt 4.1 heißt es: „Insbesondere bei Belastungen durch hohe Punktlasten sind auch bei Auswahl eines geeigneten Systemaufbaus sowie bei fachgerechter Verarbeitung materialspezifische Eindrücke nicht sicher vermeidbar.“

Weitere Informationen zum Thema enthält der Fachaufsatz „Das Auftreten von Eindrückungen aufgrund von Punktlasten in elastischen Bodenbelägen“ von Richard A. Kille, erschienen in der KTM Krankenhaus Technik + Management, Ausgabe 5/2013.

Fazit

Sowohl Mono- als auch Doppelrollen verursachen deutliche Eindruckstellen innerhalb des Linoleum-Bodenbelags, ausgelöst durch extreme Radpressdruck-Lasten, die im bezeichneten Einsatzbereich unvermeidbar sind. Der rund 25 Jahre alte Linoleum-Bodenbelag, der bereits einem alterungsbedingten Zerfallsprozess unterliegt und nur noch über eine verminderte Widerstandskraft verfügt, begünstigt im konkreten Fall die Erscheinungsbilder. Grundsätzlich entsprechen die eingesetzten Rollen, die Art und Höhe der Belastung sowie die Bodenbelagsart und Verlegetechnik allen Anforderungen im beschriebenen Einsatzbereich. Daher sind in dieser Konstellation Eindruckstellen unvermeidbar und liegen nicht im Einflussbereich des Auftragnehmers für Bodenbelagsarbeiten. Dieser ist allerdings gut beraten, den Bauherren bereits in der Planungsphase auf diesen Sachverhalt hinzuweisen und auch seinen Bodenbelags- und Verlegewerkstofflieferanten im Vorfeld über die speziellen Anforderungen zu informieren.