Erste Hilfe für Bodenleger

„Aktion sicheres Handwerk“ gab Informationen zur Arbeitssicherheit

Wer beim Gedanken an die Berufsgenossenschaften vor allem monatliche Beiträge vor Augen hat und sich mit Auflagen zum Tragen von Kopf-, Hand- und Mundschutz konfrontiert sieht, denkt wie fast jeder im Handwerk. Dass diese Vorstellung von Vorurteilen geprägt ist, liegt vielleicht auch daran, dass die Berufsgenossenschaften kein Image im Handwerk haben, dass kaum einer weiß, was sie leisten, und dass sie einem sogar helfen können.

Um die Arbeit der Berufsgenossenschaft zu verdeutlichen und das bodenlegende Handwerk aufzuklären wie wichtig Arbeitssicherheit und Prävention sind, hat Richard A. Kille – als Obmann Bodenbelag im ZVR – die Initiative ergriffen und mit der „Aktion sicheres Handwerk“ auf der Domotex der Arbeitssicherheit eine Bühne geboten.

In Kooperation mit der Leder Berufsgenossenschaft, Mainz, und der Deutschen Messe, Hannover, gelang es dem ZVR mit Richard A. Kille an vier Messetagen, die Besucher mit Informationen und praktischen Tipps für das Thema zu begeistern. Viele blieben sogar über eine halbe Stunde am Stand, um die Vorführungen auf der Aktionsfläche zu verfolgen, die alle zwei Stunden gezeigt wurden (Bild 1).

Bild 1
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Hintergrund

Zu den Aufgaben der Berufsgenossenschaften zählen auch die Vermeidung von arbeitsbedingten Erkrankungen und die Erforschung der Ursachen dieser Erkrankungen, um daraus Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Die Berufsgenossenschaft hat festgestellt, dass arbeitsbezogene Muskel-Skelett-Erkrankungen mit Sicht auf die Arbeitsunfähigkeitstage rund 25 Prozent ausmachen.

Geschätzte Produktionsausfallkosten von 10,60 Mrd. Euro werden demnach durch Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes verursacht.

Aus diesem Grund hat die Lederindustrie-Berufsgenossenschaft (LIBG) in Zusammenarbeit mit dem Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz (BGIA) ein Messsystem entwickelt, das u. a. die Belastung der Kniegelenke bei gewissen Tätigkeiten misst. Hierzu wird das sogenannte personengebundene Cuela-System (Computer-Unterstützte Erfassung und Langzeit-Analyse) eingesetzt (Bild 2).

Bild 2
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Die Messperson kann nach Anbringung des Systems ihrer Arbeit in der gewohnten Art und Weise nachgehen. Die zugehörige Software erlaubt eine automatisierte Auswertung der Messdaten nach arbeitswissenschaftlichen und biomechanischen Bewertungskriterien. Basierend hierauf ist es möglich, Aussagen über notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von berufsbedingten Gesundheitsgefahren zu treffen.

Ausgleichsübungen

So viel zur Theorie. In der Praxis stellte sich die Situation so dar, dass der Parkett- und Bodenleger Andreas Post (IFR Köln) mit angelegtem Cuela-System typische Bodenlegerarbeiten ausführte (Bilder 3 bis 5).

Bild 3
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Bild 4
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Bild 5
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Die Computeraufzeichnung seiner Bewegungen wurde zeitgleich auf eine Großbildleinwand übertragen. Das, was eigentlich jeder weiß – aber oft nicht wahr haben will – verdeutlichte die rote Färbung der Kniegelenke und der Wirbelsäule bei falscher Haltung. Eine grüne Färbung signalisierte eine gelenkschonende Haltung, die – wenn möglich – zu bevorzugen ist.

Da nicht alle Arbeiten am Boden so ausgeführt werden können, dass die Belastungen für Rücken- und Lendenwirbelsäule oder Hüft- und Kniegelenke gering sind, macht es auch für den Bodenleger Sinn, in Arbeitspausen Ausgleichsübungen zu machen. Obwohl einige über diese Aussage schmunzeln werden – in der Praxis führen solche Maßnahmen zur Entlastung und somit zum Erhalt der Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Die Erkenntnisse hieraus sind in dem BG-Merkblatt „Tätigkeiten im Knien und Hocken“ dokumentiert, das auch Tipps zu Ausgleichsübungen gibt.

Die Lederindustrie Berufsgenossenschaft verwendet ein enormes Potenzial für die Untersuchung, Ermittlung und Umsetzung von Präventivmaßnahmen, die dem Gesundheitsschutz des Handwerkers dienen. Einige der wichtigen Informations- und Merkblätter haben wir hier aufgeführt, wobei keiner davor zurückschrecken sollte, seine Berufsgenossenschaft anzurufen, um entsprechende Informationen anzufordern.

Sicheres Arbeiten

Neben einer bewussten Körperhaltung helfen auch sicheres Werkzeug und seine korrekte Anwendung, Unfälle und Krankheit zu vermeiden. Um dies zu verdeutlichen, zeigte die „Aktion sicheres Handwerk“ einerseits „abenteuerliche“ Maschinen und Werkzeuge, die zum Teil noch bis vor Kurzem in Gebrauch waren, und andererseits moderne Geräte und Hilfsmittel, die ein zeitgemäßes Arbeiten gewährleisten. Viele Domotex-Aussteller zeigten ihre Neuvorstellungen auch direkt im Rahmen der Aktion.

So wurde unter anderem am Beispiel eines neuen Abstoßmessers für Schweiß- und Schmelzdrahtnähte eine einfache, aber wirkungsvolle Verbesserung der Arbeitssicherheit verdeutlicht ( Bilder 6 und 7).

Bild 6
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Bild 7
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Das allen bekannte Viertelmondmesser mit „Abstoßschlitten“ galt bisher als einzig praktikable Lösung, diese Arbeiten auszuführen. Dennoch ist es beim „Abstoßen“ immer wieder nicht nur zu Beschädigungen des Belags, sondern auch zu Schnittverletzungen der Hände gekommen, da die große scharfe Klinge ungeschützt geführt wurde.

In der nun vorliegenden Konstruktion des Abstoßmessers sind sowohl eine Beschädigung des Belags als auch eine Verletzung des Bodenlegers so gut wie ausgeschlossen. Zudem vereint das Werkzeug Messer und Schlitten in einem Gerät.

Einen weiteren Schwerpunkt bildete das staubfreie Arbeiten, das anhand neuer Möglichkeiten zum Parkettschleifen demonstriert wurde (Bild 8).

Bild 8
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Zudem verdeutlichten neue Handwerkzeuge, dass viele Arbeiten des Bodenlegers auch im Stehen ausgeführt werden können.

Merkblätter und Informationen der Berufsgenossenschaft

Unter www.leder-bg.de bietet die Lederindustrie-Berufsgenossenschaft u. a. kostenlose Informationsmaterialien zum Downlaod oder zum Bestellen an.

Unter anderem diese:

– Check für Sicherheit und Gesundheitsschutz im Raumausstatter-Handwerk
– Check für Sicherheit und Gesundheitsschutz
– 5 Minuten Zeit für Sicherheit
– Sicheres Arbeiten an Nähmaschinen
– Ergonomie am Näharbeitsplatz
– Sicheres Arbeiten an kraftbetriebenen Handscheren und Rundmessermaschinen
– Sicheres Arbeiten an Zupfmaschinen
– Arbeiten mit Schussaparaten
– Persönliche Schutzausrüstung
– Arbeiten im Knien und Hocken
– Sicheres Arbeiten auf Leitern
– Merkblatt Kompressoren mit Luft als Medium
– Beurteilung des Raumklimas
– Arbeitsplätze mit künstlicher Beleuchtung
– Ergonomische Aspekte zum Bildschirm-Arbeitsplatz
– Anleitung zur Ersten Hilfe
– Gefahrstoffe
– Brandschutz

Interessant sind auch die Hinweise
Präventionskampagne Haut, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Eine Link-Liste kann unter jens.lehmann@winkler-online.de angefordert werden.

Fazit

Die „Aktion sicheres Handwerk“ hat sich als Anziehungspunkt auf der Domotex erwiesen und damit verdeutlicht, dass durchaus ein Interesse an Prävention und Arbeitssicherheit besteht. Dem Ziel, dem bodenlegenden Handwerk die Berufsgenossenschaft und ihre Tätigkeit ein Stück näherzubringen, ist man mit der Initiative ein Stück nähergekommen.
Insgesamt hat die „Aktion sicheres Handwerk“ gezeigt, dass die Berufsgenossenschaft und hier insbesondere die Lederindustrie-Berufsgenossenschaft ein beachtenswerter Partner des Handwerks ist und vor allem die bodenlegenden Handwerks- und Gewerbezweige hieraus Nutzen ziehen können.