Ersteinpflege oder Erstbeschichtung von elastischen Belägen

Erstpflege oder Erstbeschichtung von elastischen Belägen

Praxistests im IFR Köln zeigen, welch ungeahnten Zusatznutzen die Erstpflege aufweist – auch was den Problembereich Wasserschäden betrifft

In den vergangenen Jahren hat der Anteil von elastischen Bodenbelagsplatten mit werksseitig vergüteter Oberfläche zugenommen. Vergütet heißt hierbei, dass zum Beispiel die Oberflächen von elastischen Bodenbelagsplatten und -elementen seitens des Herstellers mit Schutzschichten versehen sind, die zum Teil eine Pflegebeschichtung ersetzen sollen, so dass sich der Unterhalt auf die Reinigungsmaßnahme beschränkt.

Vorteile der Erstbeschichtung

Durchaus erweisen sich diese Oberflächenvergütungen als Zusatznutzen und erfüllen die allgemein bekannten Funktionen einer Beschichtung wie:

  • die Anhaftung von Schmutz wird verringert, so dass die laufende Reinigung z. B. im Feuchtwischverfahren erleichtert wird,
  • der wirtschaftliche Nutzungszeitraum wird durch den schützenden Pflegefilm verlängert, da unter anderem die Bödenbelagoberfläche vor mechanischer Beanspruchung (Kratzer etc.) geschützt wird,
  • material-, herstellungs und/oder strukturbedingte Poren werden geschlossen, so dass im Vergleich zu einem unbeschichteten Belag die hygienischen Aspekte berücksichtigt sind,
  • die Oberfläche kann, je nach Art der Vergütung bzw. der Auswahl der Beschichtung matt, seidenglänzend oder hochglänzend gestaltet werden. In erster Linie geht es bei der Oberflächenvergütung darum, über einen möglichst langen Zeitraum den neuwertigen Zustand der Oberfläche des gewählten, elastischen Kunststoff-Bodenbelags zu erhalten. So ist auch nachvollziehbar, dass in Zusammenarbeit der Hersteller von elastischen Bodenbelägen und Reinigungs- sowie Pflegemitteln „Werterhaltungssysteme“ entwickelt worden sind, die in wirtschaftlicher Weise die jährlichen Unterhaltskosten eines elastischen Bodenbelags, insbesondere in gewerblichen Bereichen, durch Abstimmung zwischen Bodenbelagart, Reinigungs- und Pflegemitteln sowie apparativen Hilfsmitteln bauherrenfreundlich optimieren.

Während das Ziel „Werterhaltungssystem“ im Vordergrund steht, rückt ein weiterer, ebenso wichtiger Zusatznutzen der Erstbeschichtung Schutz vor eindringendem „Schmutzwasser“ – in den Hintergrund, zu dem das IFR in Köln ausführliche Praxistests unternommen hat.

Eingetragener Schmutz (Schmutzwasser) löst elastische Bodenbelagselemente

Der Verfasser dieses Artikels hat in den vergangenen Jahren seiner Sachverständigenpraxis, konzentriert im Frühjahr, Fußbodenschäden mit folgendem Erscheinungsbild angetroffen:

Elastische Bodenbeläge, die gemäß der Norm nach dem Trockenfugenverfahren in gewerblichen Bereichen verlegt worden waren, zeigten insbesondere in den Eingangsbereichen sowie innerhalb der Laufstraßen Ablösungen. Zunächst sind hochstehende Ecken und in der Folge komplett hochstehende Kantenbereiche festzustellen, die dann durch weitere Frequentierung mechanische Beschädigungen erfahren.

Im Umfeld dieser Fußbodenschäden zeigt sich unterschiedlich sowohl eine nicht mehr mit der Ursprungsfestigkeit ausgestattete, zementäre Spachtelmasse als auch ein fehlender Haftverbund zwischen der Bodenbelagrückseite bei dennoch vorhandenen, komprimierten Klebstoffriefen am Untergrund. Bei den Recherchen nach der Schadensursache ergab sich einerseits, dass die elastischen Bodenbeläge z. B. in Ladenlokalen (Apotheke, Boutique, Bistro usw.) in der Herbst- und Winterzeit aufgrund von Schmutzeinschleppung wie Laub, Schneematsch mehrfach am Tag nass gewischt wurden. Andererseits kam seitens der Nutzer der Ladenlokale auch der Hinweis, dass über Stunden Wasserpfützen auf der Oberfläche des elastischen Bodenbelags verblieb, da nicht ständig das durch das Schuhwerk verursachte Schmelzwasser weggewischt werden könnte. Konsequenterweise, wie seitens der Sachverständigen des IFR angenommen wurde, gelangt das Schmutz- und Reinigungswasser in die Fugenbereiche, unterwandert die Bodenbelagelemente und beeinträchtigt so die Festigkeit der Spachtelmassen und der Dispersionsklebstoffe, so dass diese langfristig sogar zerstört werden können. Nach den bisherigen praktischen Erfahrungen ist das IFR davon ausgegangen, dass bei erfolgter Erstpflege-/Beschichtung vorhandene Haarfugen aneinander grenzender elastischer Bodenbelagelemente durch die Pflegeemulsion eine „Abdichtung“ oder mindestens einen Schutz erfahren, der das Eindringen von Flüssigkeit unterbindet. In den Reinigungs- und Pflegeanleitungen zu den jeweiligen elastischen Bodenbelagelementen ist dieser Aspekt nicht berücksichtigt, obwohl er einen hohen Zusatznutzen darstellen würde.

Praxistest im IFR:
Verhindert die „Erstpflege“ das Eindringen von Wasser in die Fugenbereiche?

Für den Test wurden als Produktart Kunststoff-Designbeläge ausgewählt, da diese überwiegend aus PVC bestehenden Elemente in der Regel nach dem Trockenfugenverfahren (Fugen-Toleranzbreite bis zu 0,3 mm) verlegt bzw. geklebt werden.

Als Untergründe für die Elemente wurden zwei 610 mm x 610 mm x 8 mm große Faserzementplatten gewählt, die mit einer handelsüblichen, kunststoffvergüteten, zementären Spachtelmasse ca. 2,0 mm dick gespachtelt wurden. Nach 24 Stunden erfolgte praxisgerecht die Verklebung mit einem Dispersionsklebstoff im Haftklebeverfahren bei Einsatz eines Klebstoffzahnspachtels Typ „A 3′. Nach einer Ablüftzeit von 20 Minuten wurden die Elemente auf die vorbereiteten Untergründe geklebt, so dass in der Mitte der Fläche ein Fugenkreuz entstand. Vor und nach der Herstellung der Probeflächen lag das Raumklima bei einer Lufttemperatur zwischen 18,5 °C bis 19,7 °C die relative Luftfeuchte zwischen 49, 0 und 58, 0 %. Die Kennzeichnung der Probeflächen erfolgte mit der Nummerierung 1 und 2.

Abbildung 1 Die hergestellten Oberflächen 1 und 2 wurden mit rotgefärbtem Leitungswasser direkt im Bereich der Kreuzfuge beaufschlagt.
Abbildung 1
Die hergestellten Oberflächen 1 und 2 wurden mit rotgefärbtem Leitungswasser direkt im Bereich der Kreuzfuge beaufschlagt.
Abbildung 2 Die Flüsigkeit verblieb bewusst 'praxisfremd' 72 Stunden auf den Elementen, um eine Extremsituation ähnlich eines Wasserschadens nachzustellen. Nach 72 Stunden wurde die Restfeuchte mittels eines Zellstofftuches abgetupft.
Abbildung 2
Die Flüsigkeit verblieb bewusst ‚praxisfremd‘ 72 Stunden auf den Elementen, um eine Extremsituation ähnlich eines Wasserschadens nachzustellen. Nach 72 Stunden wurde die Restfeuchte mittels eines Zellstofftuches abgetupft.


24 Stunden nach der Verlegung wurden die Probeflächen bzw. die Kunststoffelemente mit einem geeigneten Grundreiniger gereinigt. Im Anschluss daran wurde die Probefläche 2 mit einer Polymerdispersion als Selbstglanz-Hartversiegelung eingepflegt. Nach weiteren 48 Stunden ist die auf dieser Seite bebilderte Versuchsmaßnahme durchgeführt worden:


 
Abbildung 3 Die detaillierte Überprüfung der Probefläche 1 ergab, dass sich entlang der Stosskanten/-fugen keine erkennbaren Veränderungen ergeben haben. Durch Einstechen einer Stechlahle wurde die Ecke einer Bodenbelagsplatte gewaltsam vom Untergrund gelöst.
Abbildung 3
Die detaillierte Überprüfung der Probefläche 1 ergab, dass sich entlang der Stosskanten/-fugen keine erkennbaren Veränderungen ergeben haben. Durch Einstechen einer Stechlahle wurde die Ecke einer Bodenbelagsplatte gewaltsam vom Untergrund gelöst.

Abbildung 4 Bei mikroskopischer Sichtung der Spachtelmasse zeigte sich deutlich, dass die roten Farbpigmente im Wasser bis weit unter die Bodenbelag- platten gelangt waren. Ein relevanter Adhäsionsverlust der Verlegewerkstoffe war nicht feststellbar.
Abbildung 4
Bei mikroskopischer Sichtung der Spachtelmasse zeigte sich deutlich, dass die roten Farbpigmente im Wasser bis weit unter die Bodenbelag- platten gelangt waren. Ein relevanter Adhäsionsverlust der Verlegewerkstoffe war nicht feststellbar.

Fazit

Allein anhand dieser Fotodokumente ist festzustellen, dass bei fachgerechter Einpflege der Kunststoff-Bodenbelagelemente automatisch auch die Stoßfugenbereiche abgedichtet werden. Selbst bei extremer Wasserbeaufschlagung ist kein Eindringen in die Stoßfugen und/oder innerhalb der zementären Spachtelmasse festzustellen. Ebenso ist festzuhalten, dass die entstandenen Bruchzonen durch gewaltsames Hochreißen des Kunststoff-Belags sich mit Feuchteeinwirkung (Probefläche 1) und ohne Feuchteeinwirkung (Probefläche 2) nicht unterscheiden.

Abbildung 5 In gleicher Weise wie bei Problefläche 1 wurde die Problefläche 2 untersucht, die mit Hilfe einer Plymerdispersion einen Oberflächenschutz erfahren hatte.
Abbildung 5
In gleicher Weise wie bei Problefläche 1 wurde die Problefläche 2 untersucht, die mit Hilfe einer Plymerdispersion einen Oberflächenschutz erfahren hatte.
Abbildung 6 Ebenfalls wurde mit einer Stechahle eine Bodenbelegplatte kraftvoll gelöst. Die stereomikroskopische Untersuchung (30fache Vergrößerung) ergab: Es sind keine Farbpigmente entlang der Stoßfugen bzw. unterhalb der Bodenplatten erkennbar.
Abbildung 6
Ebenfalls wurde mit einer Stechahle eine Bodenbelegplatte kraftvoll gelöst. Die stereomikroskopische Untersuchung (30fache Vergrößerung) ergab: Es sind keine Farbpigmente entlang der Stoßfugen bzw. unterhalb der Bodenplatten erkennbar.


Den bodenlegenden Handwerkern ist zu empfehlen, grundsätzlich in den Angeboten für die Verklebung von elastischen Bodenbelägen, die nach dem Trockenfugenverfahren verlegt werden, die Erstbeschichtung als Zusatzleistung anzubieten, da diese Maßnahme nicht nur der Werterhaltung der Oberfläche, sondern insgesamt vor Schaden und Ärger schützt.
 
ö.b.v. Sachverständiger Richard A. Kille, c/o IFR-Sachverständigenbürogesellschaft für Fussbodentechnik und Raumausstattung mbH, Köln.
 
Quelle: RZ Raumausstatter Zeitschrift, München