Ist CM-Messung ein Auslaufmodell?

KRL-Methode zur Bestimmung der Feuchte in mineralischen Estrichen erweist sich relevanter als CM-Messung

Ganz ohne Restfeuchte geht es nicht. Doch wesentlich ist, was der Untergrund an Feuchte an die Umgebung abgibt. Dafür liefert die KRL-Messung exakte Werte – und zwar unabhängig von der Beschaffenheit des Estrichs.

Die Messung der Gleichgewichtsfeuchte eines Materials in Bezug zur relativen Luftfeuchte ist eine optimale Möglichkeit, um festzustellen, ob Feuchte im System vorliegt, die bei bestimmten Situationen zu Komplikationen führen kann. Bei der Verlegung/Klebung eines elastischen, allgemein als „dampfbremsend“ bezeichneten Bodenbelages auf einen mineralischen Untergrund wird immer Feuchte eingeschlossen. Damit diese mit einem Bodenbelag eingeschlossene Feuchte innerhalb eines mineralischen Untergrundes nicht zu Schäden führt, wird sie in der Fußbodentechnik normativ geregelt begrenzt.

Die ATV DIN 18 356 „Parkett- und Holzpflasterarbeiten“ sowie die DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ beschreiben – einhergehend mit den Erläuterungen und Kommentaren – die Grenzwerte eines mineralischen Untergrundes in CM-%. Neu ist, dass auch die DIN 18 560-1, Ausgabe November 2015, „Estriche im Bauwesen-Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Prüfung und Ausführung“, Grenzwerte der Belegreife eines mineralisch gebundenen Estrichs vorschreibt.

Interessant erscheint in diesem Zusammenhang auch der Hinweis unter Punkt 5.5 „Feuchtegehalt“ in der DIN 18 560-1, der folgende Anmerkung enthält:

„Mineralisch gebundene Estriche geben über die Estrichoberfläche Feuchte an die Raumluft ab. Aus diesem Grund hat das Bauklima maßgeblichen Einfluss auf den Zeitpunkt des Erreichens der Belegreife. Ein exakter Zeitpunkt kann somit kaum vorhergesagt werden. Durch geeignete Maßnahmen können das Bauklima und der Zeitpunkt des Erreichens der Belegreife bauseits günstig beeinflusst werden.“

Feuchte nach Estrichnorm

Diese Anmerkung verdeutlicht, dass neben den Vorgaben zum Feuchtegehalt bzw. zur Belegreife eines mineralisch gebundenen Estrichs auch noch andere Einflussfaktoren relevant sind. Wie die Messung des Feuchtegehaltes nach der Calciumcarbid-Methode (CM-Messung) zu praktizieren ist, wird in der DIN 18 560-1, Ausgabe November 2015, ab Punkt 6.4 „Messung des Feuchtegehalts“ beispielhaft beschrieben.

Allerdings herrscht Uneinigkeit bezüglich der Messwerte und -methoden zwischen den fachbezogenen Berufsverbänden des Bodenleger-Handwerks sowie Industrieverbänden. Es ist irritierend, wenn in den Normschriften für Parkettleger (DIN 18 356) oder Bodenleger (DIN 18 365) auf die Normvorschriften des Estrichleger-Handwerks verwiesen wird. So wird die DIN 18 560-1 „Estriche im Bauwesen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Prüfung und Ausführung“ mit der Ausgabe November 2015 zum Regelwerk des Parkett- und Bodenleger-Handwerks.

Dass die Hersteller von Werkmörtel/Zementen wissen, wieviel Feuchte innerhalb eines mineralisch gebundenen Estrichs je nach Bindemittelart eingeschlossen werden kann, ohne diesen zu schädigen, ist vorauszusetzen. Wenn es aber darum geht, mineralisch gebundene Estriche aufzufeuchten, indem wässrige Vorstriche, Spachtelmassen und auch Klebstoffe beaufschlagt werden, die dann beispielsweise mit einem elastischen Bodenbelag abgedeckt werden, sind Zweifel erlaubt, ob Feuchtegehaltswerte als CM-% innerhalb eines mineralisch gebundenen Estrichs als Maßstab dienen können. Besonders, wenn die Grenzwerte „einfach mal so“ erhöht werden.

Ob Vorstriche, Spachtelmassen und Klebstoffe innerhalb des Systems ebenso schadensfrei mit dem Feuchteangebot unterhalb eines elastischen Bodenbelages zurechtkommen, ist eine Überlegung, bei der die Messung bzw. Feuchtebestimmung nach der Messung der korrespondierenden Luftfeuchte (KRL-Methode) in den Vordergrund rückt.

CM-Methode stößt an Grenzen

Die Feuchtebestimmung nach der KRL-Methode ist nicht gänzlich neu. Bereits 1992 haben wir im Institut für Fußboden- und Raumausstattung (IFR) Köln Betonböden nach der Normvorschrift BS8201/4 hinsichtlich der relativen Feuchte bestimmt. „Ein Betonfußboden wird als ausreichend trocken zur Verlegung eines Fußbodens angesehen, wenn die relative Feuchte einer kleinen Menge Luft im Feuchtegleichgewicht mit dem Fußboden 75 % nicht überschreitet.“ (BS 8201/2/3/4)

Das bedeutet: Nicht der Feuchtegehalt eines mineralisch gebundenen Untergrundes ist wesentlich, sondern das, was der mineralisch gebundene Untergrund an Feuchte freigibt (freies Wasser). Unter anderem berichteten wir in der RZ-Objektausgabe 6-7/2009 und stellten das von Dr. Frank Radtke CPM (Chemisch-Physikalische Messtechnik AG, CH-Bar) entwickelte Messverfahren „CCM Hygrokombi“ vor.

KRL rückt in den Vordergrund

Für Boden- und Parkettleger, insbesondere für Sachverständige der Fußbodentechnik, sind TKB-Berichte eine unverzichtbare, hervorragende Fundstelle zum Thema KRL-Methode. Hinweise finden sich in folgenden Berichten der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe e.V.:

  • TKB-Bericht 1 „Belegereife und Feuchte; Versuche zur Trocknung von Estrichen“, März 2012
  • TKB-Bericht 2 „Belegreife und Feuchte; Die KRL-Methode zur Bestimmung der Feuchte in Estrichen“, Juli 2013
  • TKB-Bericht 3 „Belegreife und Feuchte; Geeignete Messgeräte zur Feuchtebestimmung nach der KRL-Methode“, Februar 2016
Methoden sinnvoll kombinieren

Zum Thema „kombinierte KRL/CM-Messung“ an mineralisch gebundenen Estrichen können – besonders für Sachverständige der Fußbodentechnik – die aktuellen Veröffentlichungen von Dr. Frank Radtke als Leitfaden herangezogen werden. Deshalb darf auch an dieser Stelle nicht der Hinweis zu seinem Vortrag anlässlich der TKB-Fachtagung 2016 in Köln fehlen. (bwd 05/2016, S. 22)

Für Sachverständige ist es unverzichtbar, bei der Schadens-Ursachenforschung KRL-, CM- und Darr-Messungen zu kombinieren. Feuchteeinwirkung und daraus resultierende Mängel und Schäden eines Verlegewerkstoffsystems (Vorstrich, Spachtelmasse und Klebstoff) und des darauf applizierten elastischen Bodenbelages sind in Kombination mit einem mineralisch gebundenen Estrich vielfältig. Dass Kunststoff-Bodenbeläge in Abhängigkeit der Art und Menge des Füllstoffes auf Feuchte reagieren, ist ebenso eine Tatsache wie die Weichmachermigration zwischen einem PVC-Bodenbelag und einem Klebstoff durch Feuchtetransport beeinflusst werden kann. Auch zementäre Ausgleichsmassen/Objektspachtelmassen scheinen hier mit der letzten Generation bei unerwarteter zusätzlicher oder nachträglicher Feuchteeinwirkung mit Festigkeitsverlust bis hin zum völligen Aufheben der kohäsiven Kräfte zu reagieren.

Anwendung in der Praxis

Im Neubau eines Seniorenwohnheimes wurde ein Zementestrich eingebaut, der zur schnelleren Austrocknung mit einem Additiv vergütet wurde. Systembezogen wurde vorgegeben, dass eine Feuchtegehaltsmessung nach der Calciumcarbid-Methode durchzuführen sei. 1,0 CM-% sollte als Korrekturfaktor vom Wert abgezogen werden.

Der Bodenleger leistete den Vorgaben Folge. Nach Feststellung der Belegreife (mit Abzug von 1,0 CM-% als Korrekturfaktor) reinigte er die Estrichoberfläche, grundierte mit einem Dispersionsvorstrich und egalisierte sodann mit einer typischen, zementären Objektspachtelmasse. Auf diesen so vorbereiteten Untergrund wurden dann mit einem handelsüblichen Dispersionsnassklebstoff PVC-Bodenbelagbahnen verlegt/geklebt und die Nähte thermisch verschweißt. Kurze Zeit später – das Seniorenheim war noch nicht eröffnet – zeigten sich Beulenbildungen innerhalb des verlegten/geklebten PVC-Bodenbelages. Zur Frage der Ursache und insbesondere der Verantwortlichen, gab es nachvollziehbar zwischen den beteiligten Parteien Meinungsverschiedenheiten und so auch differierende Vorhaltungen.

Im Zuge des erforderlichen Ortstermins wurde zunächst innerhalb des Gebäudes bzw. des betreffenden Raumes, in dem die Untersuchungen erfolgten, das Raumklima gemessen und mit 48,3 % relativer Luftfeuchte und 21,8 °C Lufttemperatur festgestellt. Im Anschluss wurde der PVC-Bodenbelag eingeschnitten, so dass der Miniaturfühler des Messgerätes „Rotronic Hygropalm“ unter den Bodenbelag geführt und alles wieder luftdicht verschlossen werden konnte. Nach kurzer Verweilzeit des Miniaturfühlers unterhalb des PVC-Bodenbelages, innerhalb der Beulenbildung, zeigte sich eine relative Luftfeuchte von 90,4 % bei einer Lufttemperatur von 21,4 °C. (Foto 1)

Foto 01
Foto 01

Wahrheit kommt ans Licht

Um die korrespondierende relative Luftfeuchte direkt und unmittelbar unterhalb des PVC-Bodenbelages festzustellen, wurde dieser kreisförmig mit einem Durchmesser von 8 cm eingeschnitten. Nach Entfernen des Bodenbelages wurde sofort eine „Messglocke“ aufgesetzt. (Fotos 2 und 3)

Foto 02
Foto 02
Foto 03
Foto 03


Nach einer entsprechenden Verweilzeit der Messglocke auf der geöffneten PVC-Bodenbelagebene wurde mit steigender Tendenz eine relative Luftfeuchte von 87,4 % bei 22,4 °C festgestellt. Sodann wurde eine Feuchtemessung anhand von Stemmgutproben (50 g) aus dem Querschnitt des 6,5 bis 7,0 cm dicken Zementestrichs entnommen und mit Durchführung einer normkonformen Feuchtemessung nach der CM-Messmethode ein Feuchtegehalt von 2,7 CM-% gemessen.

Freie Feuchte festgestellt

Die Prüfstelle, in der die Bauteilöffnung zwecks Stemmgutentnahme eingerichtet worden war, wurde unmittelbar nach der Probennahme mit einer PE-Folie abgeklebt und damit verschlossen. Das Milieu innerhalb der Bauteilöffnung, d. h. im Hohlraum der Estrichkonstruktion, zeigte eine relative Luftfeuchte von 91,0 % bei 22,9 °C. Parallel wurden Stemmgutproben vor Ort in Kunststoffbeutel luftdicht verpackt und dem technischen Labor des IFR Köln der Darr-Messung zugeführt.

Die Stemmgut-Probenserie aus dem Objekt wurde zunächst bei 40 °C bis zur Gewichtskonstanz im Umluftschrank getrocknet, wobei darauf geachtet wurde, dass die relative Luftfeuchte innerhalb des Umluftschrankes/Trockenschrankes 25 % nicht überschreitet. Nach Feststellung des Feuchtegehaltes in Gew.-% wurden die gleichen Proben bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz gedarrt und sodann ebenfalls der Feuchtegehalt in Gew.-% berechnet. Bei 40 °C Darrtemperatur wurde bei den Stemmgutproben eine mittlere, freie Wassermasse von 3,6 Gew.-% festgestellt. Bei der Darrtemperatur von 105 °C zeigte sich bei den Stemmproben im Mittel ein Gesamtfeuchtegehalt von 5,1 Gew.-%.

Die Differenz zwischen der festgestellten, freien Wassermasse (bei 40 °C Darrtemperatur 3,60 Gew.-%) und der ausgetriebenen Gesamtwassermasse (bei 105 °C 5,10 Gew.-%) zeigt auf, dass nicht „freies Wasser“ in diesem Fall im Mittel der Proben die Menge von 1,50 Gew.-% ausmacht. Dass der vorhandene Zementestrich mit Trocknungsbeschleuniger ein Feuchtepotential aufwies, das als freie Feuchte/freies Wasser die Verlegewerkstoffe tangierte, konnte nachgewiesen weil:

  1. innerhalb der Beulen- und Blasenbildungen unterhalb des PVC-Bodenbelages eine relative Luftfeuchte von > 90% vorlag,
  2. innerhalb der Bauteilöffnungen des Zementestrichs eine relative Luftfeuchte von > 90 % gegeben war,
  3. die Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte innerhalb der auf den Estrich gesetzten Messglocke mit steigender Tendenz > 87 % Luftfeuchte zeigte,
  4. die vor Ort durchgeführte Feuchtemessung nach der Calciumcarbid-Methode mit 50 g Stemmguteinwaage aus dem Querschnitt des Zementestrichs den Feuchtegehalt von 2,7 CM-% zeigte und
  5. die Darrmessung der Stemmgutproben bei 40 °C im Umluftschrank das Vorhandensein freier Feuchte mit 3,6 Gew.-% bestätigte.

 

Im TKB-Bericht 2 „Belegreife und Feuchte; Die KRL-Methode zur Bestimmung der Feuchte in Estrichen“ findet sich auf Seite 10 unter Punkt 4.3.1 Belegreife folgender Hinweis: „…Einige Schadensmechanismen setzen jedoch im Bereich 70 bis 80 % rel. Luftfeuchte ein…“ Scheinbar hat hier – warum auch immer – der Trocknungsbeschleuniger des Estrichs versagt.

Feuchte und Verlegewerkstoffe

Der in diesem Fall verwendete Dispersionsklebstoff mit hoher Scherfestigkeit hatte nicht seine Endfestigkeit erreicht und konnte von Hand, d. h. mit den Fingern, vom Untergrund „abradiert“ werden. (Foto 4) Die verwendete, zementäre Objektspachtelmasse zeigt „Auflösungserscheinungen“, d. h., die an sich harte und feste, zementäre Spachtelmasse zeigt Weichzonen bis hin zu „Zerfallserscheinungen“, ähnlich wie ein „Blätterteig“ und konnteohne großen Kraftaufwand mit einer Drahtbürste vom Untergrund „abgefegt“ werden. (Foto 5)

Foto 04
Foto 04
Foto 05
Foto 05

Ein neues Phänomen?

Glätt-, Ausgleichs- und Nivelliermassen zeigen in den letzten Monaten und Jahren in der Kategorie der „Objektspachtelmassen“ ein Verhalten, das in Deutschland Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre bekannt wurde und dann im weiteren Verlauf der Zeitachse keine schadensrelevante Rolle mehr spielte.

Scheinbar ist es so, dass – unabhängig vom Hersteller – eine Generation von zementären „Standard- bzw. Objektspachtelmassen“ im Handel ist, die einen wesentlichen Teil des Anmachwassers kristallin und hier primär durch Ettringit-Bildung bindet. Erfahren diese Massen später (nach Durch- und Aushärten) unerwartet eine Feuchtezufuhr, kommt es scheinbar zur „Nachkristallisation“, d. h. zur sekundären Ettringit-Bildung. Infolge der sich daraus ergebenden Volumenvergrößerung „sprengt“ das Gefüge, so dass die zuvor beschriebenen und bebilderten Effekte entstehen. Auf diese Weise wird eine zementäre Objektmasse wie ein „Indikator“ eines erhöhten Feuchteaufkommens.

Dieses Thema wird uns künftig mehr denn je beschäftigen, denn sicher ist es nicht falsch, dass wir uns einerseits damit auseinandersetzen, wieviel Feuchte in einem System verweilt und andererseits untersuchen, was diese Feuchte im System bewirkt und auslöst.

Die Zukunft liegt in der Kombination von CM-Messung und KRL-Methode. Nur wenn beide Varianten angewendet werden, kann sich der Boden- und Parkettleger sicher sein, dass er bei der Verlegung kein Risiko eingeht. Fazit: „Es kommt nicht drauf auf, wie viel Feuchte drin ist, sondern wie viel Feuchte raus will.“