Mit Lederschuhen nicht auf Teppichboden?

Wenn der Teppichboden strapazierfähiger ist als die Schuhsohle

Selbst H&M hat erkannt: Blaue Jeans und helle Möbelstoffe vertragen sich nicht. In großen Lettern prangt auf jeder Hose der Modekette die unmissverständliche Botschaft, hier Vorsicht walten zu lassen. Auf den ersten Blick des folgenden Falles müsste ein entsprechender Hinweis bald auch auf Schuhen mit Ledersohle kleben, der davor warnt, Teppichböden zu betreten. Aber keine Sorge: Freunde handgenähter Budapester aus Kalbsleder müssen Ihre Schuhe auch zukünftig nicht gegen Holzkloben eintauschen.

Die Ausgangssituation

In einer Rechtsanwaltskanzlei wurde auf mehreren hundert Quadratmetern ein strapazierfähiger Teppichboden – gemäß DIN EN 685 der Klasse 33 – verlegt. Der für gewerbliche Bereiche stuhlrollen- und treppengeeignete, antistatische Teppichboden hat eine dunkelblaumelierte Polschicht, bestehend aus einer Mikroschlinge.

Nach kurzer Zeit der Nutzung zeigten sich innerhalb von Laufstraßen und insbesondere im Bereich von Engpässen, wie Türdurchgängen, beigeweißliche Verstrichungen, die vergleichbar auch unterhalb von Konferenz- und Schreibtischen feststellbar waren (Bilder 1 bis 3). Die Entfernung durch einfaches Saugen soll nicht möglich sein.

Bild 1
Bild 1
Bild 2
Bild 2

Bild 3
Bild 3


Aufgrund bereits vorliegender Erfahrung des IFR durch andere, gleichgelagerte Fälle, wurde vermutet, dass diese Verstrichungen von Ledersohlen herrühren. Mit diesem Wissen wurden die in der Kanzlei praktizierenden Anwälte gebeten, in einem Prüfstellenbereich mit ihren Lederschuhsohlen Dreh- und Bremsbewegungen auf dem Teppichboden auszuüben (Bilder 4 und 5).


 
Bild 4
Bild 4

Bild 5
Bild 5

Untersuchung der Ursache

Die „provozierten“ Verstrichungen wurden mit einem Stereomikroskop untersucht, um Ursachenfaktoren abzugrenzen.

Dabei zeigte sich sehr deutlich, dass sich im Bereich der weißlich-beigen Färbungen der ursprünglich dunkelblaumelierten Teppichboden-Mikroschlinge feinste, faserige Stäube an die Teppichfasern „geklettet“ haben (Bilder 6 und 7).

Bild 6
Bild 6
Bild 7
Bild 7


Im Verlauf der weitergehenden Untersuchung wurden Proben der weißlich-beigen Färbungen im Klebekontaktverfahren abgenommen und stereomikroskopisch überprüft (Bilder 8 und 9).


 
Bild 8
Bild 8

Bild 9
Bild 9


Dabei stellte sich heraus, dass es sich bei den „Stäuben“ um Abrieb der Lederschuhsohlen handelt, der sich entsprechend der faserigen Struktur an den Fasern der mikrofeinen Schlingenpolschicht des Teppichbodens „klettet“. Dieser „Haftverbund“ erklärt auch das Scheitern, die Verstrichungen durch einfaches Saugen zu entfernen.

Ursache

Der Lederschuhsohlenabrieb entsteht unabhängig vom Teppichboden-Produkt und Hersteller nachvollziehbar eher dann, wenn eine harte Teppichbodenpolschicht vorliegt, wie bei hoch strapazierfähigen Waren. Die Qualität der Polschichten dieser Konstruktionsarten ist zweifelsfrei insbesondere in Sachen Strapazierfähigkeit so gut, dass diese nicht infrage zu stellen ist.

Allerdings kann sich Schuhsohlenleder in Art und Eigenschaft deutlich unterscheiden. In der Schuhfertigung unterscheidet man zum Beispiel zwischen Sohlleder und Chromsohlleder. Während Sohlleder ein dickes, wenig biegsames Leder pflanzlicher Gerbung darstellt, zeichnet sich Chromsohlleder, das in der Chrom-Einbadgerbung hergestellt wird, als neutralisiertes und stark gefettetes Leder mit einem höheren Abnutzungswiderstand als pflanzlich gegerbtes Unterleder (Sohlleder) aus.

Unabhängig davon bedarf es bei Schuhen mit Ledersohle auch der diesbezüglichen Pflege. Der Liebhaber von Lederschuhen und Ledersohlen weiß zum Beispiel, dass Lederlaufsohlen in der ersten Zeit nicht bei feuchter Witterung getragen werden sollten, da erst nach einiger Zeit des Tragens der Schuhe bei trockener Witterung die Ledersohle soweit verdichtet ist, dass sie auch bei Nässekontakt keinen übersteigerten Abrieb erleidet. Nach dem „Einlaufen“ der Lederschuhe bzw. der Ledersohlen sollen diese dann mit einem entsprechenden Ledersohlenöl behandelt werden.

Im Regelfall sind gute Ledersohlen ausreichend wasserdicht, wobei im Laufe der Zeit Fette und Öle durch feuchte Untergründe ausgewaschen werden.