Offene und ehrliche Kommunikation

Mehrschichtig modulare Fußbodenbeläge, kurz MMF, oder umgangssprachlich oft als Vinyl-Klickbeläge bezeichnet, schicken sich an, dem Laminatboden den Rang abzulaufen. 20 Millionen Quadratmeter wollen allein die Mitglieder des gleichnamigen Verbands 2018 in Deutschland abgesetzt haben – ein Drittel mehr als im Jahr zuvor: Tendenz steigend. In der Praxis werden es noch einige Millionen mehr sein, da die Verkäufe von Nichtmitgliedern und Eigenimporten des Handels nicht erfasst werden. Im gleichen Maße steigen auch die uns bekannten Schadensfälle der noch jungen Produktgattung und lassen erschreckende Parallelen zur Laminatboden-Entwicklung der 1990er-Jahre erkennen. Da werden einerseits noch nicht ausgereifte Produkte in den Markt geliefert und beim Kunden getestet und andererseits Verlegefehler gemacht, die nach Jahrzehnten Erfahrung mit schwimmend zu verlegenden Bodenbelägen nicht mehr passieren dürften. Es ist zum Glück die Ausnahme, von der wir hier reden: Der weitaus größte Teil der MMF-Böden ist technisch ausgereift und wird fachgerecht verlegt! Dennoch greifen wir dieses Thema erneut auf, um Ihnen mehr Sicherheit im Umgang mit diesen Produkten zu geben und Ihnen die Grenzen des Machbaren aufzuzeigen – Grenzen, die im aggressiven Marketing der Produktgattung oft verschwimmen.

Denjenigen, die noch unsicher sind, ob sie alles wissen, worüber hier geschrieben wird, aber auch denen, die glauben, zu diesem Thema schon alles zu wissen, sei als Pflichtlektüre das Technische Merkblatt TM 2 „Verlegen von mehrschichtig modularen Fußbodenbelägen“ ans Herz gelegt. In der stets aktuellen Fassung kann es auf der Internetseite des Herausgebers, dem Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA), kostenlos heruntergeladen werden (siehe Wissenswertes). Für alle, die jetzt noch weiterlesen, bringen wir die wesentlichen Aussagen des Merkblatts auf den Punkt und zeigen auf, wie Sie einen MMF-Belag sicher an den Boden bringen.

Schwimmende Verlegung

Kennzeichnendes Merkmal mehrschichtiger modularer Fußbodenbeläge ist, dass sie schwimmend verlegt werden – also ohne feste Verbindung zum Untergrund. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie aus Kunststoff, Holz oder Kombinationen bestehen. So zählen beispielsweise auch Holzwerkstoffträger mit Korkoberfläche zur Gattung der MMF-Beläge. Im Regelfall werden MMF-Böden im Plankenformat mit mechanischer Verriegelung (Klick-System) angeboten.

Ebenso wie andere Bodenbeläge auch, reagieren sie auf Veränderungen des Raumklimas mit Dimensionsänderungen. Dies erfordert, dass sie vor der Verlegung temperiert werden müssen und sich in der verlegten Fläche frei bewegen können. Es sind also zwingend zu allen Wänden oder Säulen, aber auch zu Rohren oder angrenzenden anderen Bodenbelägen Dehnungsfugen einzuplanen. Als Faustregel nennt das Merkblatt pro Laufmeter Bodenbelag umlaufend mindestens 1,5 mm und rechnet vor: Bei einer Raumbreite von beispielsweise 5 m ergibt dies eine Dehnungsfuge von circa 8 mm.

Aus demselben Grund gibt das Merkblatt vor, Flächen, die in Längsrichtung der Dielen größer als 12 m oder in Querrichtung größer als 8 m sind, mit Dehnungsfugen zu unterteilen. Unmissverständlich wird ausgeführt, dass an Türdurchgängen zwischen zwei Räumen die Fläche unterbrochen werden muss. Und: Grundsätzlich sind Baubewegungsfugen in den Oberbelag zu übernehmen. Größere oder schwere Möbel wie Küchenblöcke und Schrankwände, aber auch Kaminöfen sollten freigeschnitten werden, also nicht auf der Bodenbelagfläche stehen.

Auf „Herstellerempfehlungen“ verweist das Merkblatt, wenn hohe Temperaturen durch Sonnenstrahlen, beispielsweise in Wintergärten, zu erwarten sind – was unserer Erfahrung nach auch auf bodentiefe Fenster (in Südlage) zutrifft. Hier haben MMF-Böden ganz klare Grenzen. Der Einsatz sollte dort nur nach objektspezifischer Freigabe des Anbieters erfolgen.

Untergrundvorbereitung

Auch wenn wir uns wiederholen: An einer fachgerechten Untergrundprüfung und -vorbereitung führt bei der Verlegung von MMF-Böden kein Weg vorbei. Ebenso wie für alle anderen Belagarten gelten hier die Vorgaben der DIN 18 365 Bodenbelagarbeiten, sowohl was den Feuchtegehalt mineralischer Estriche als auch die Ebenheit des Untergrunds oder die Richtlinien auf beheizten Konstruktionen angeht. Ebenso kritisch ist die Möglichkeit zu prüfen, ob ein vorhandener Bodenbelag als „Unterlage“ für eine Neuverlegung von MMF-Böden genutzt werden kann. Lässt der vorhandene Belag einen dauerhaft funktionsfähigen Gebrauch zu, so steht dieser Verlegeart nichts im Weg – wenn eine entsprechende Vereinbarung mit dem Auftraggeber getroffen wurde, natürlich schriftlich.

Typischer Fehler
Auf Kundenwunsch wurden mehrere Räume ohne Unterbrechung verlegt. eine tolle Optik, solange der Belag sich nicht bewegt!

Die Folge
Durch unterschiedliche Temperaturen verändert der Belag im „schattigen“ Flur seine Dimension anders als im „sonnigen“ Wohnzimmer. Durch die Bewegung der schwimmend verlegten Flächen kommt es zu Zwängungen in den Türlaibungen. Diese zeigen sich erst durch Aufwölbungen oder (Abriss-)Fugen.

Fugen
Estrichfugen, beispielsweise innerhalb der Türlaibung, müssen mit geeigneten Profilen in den Belag übernommen werden. Anarbeitungen an Türzargen sind unzulässig.

Bewegung gewährleisten
Schwere Lasten wie hier die Aufstandsfläche einer Kücheninsel können die Bewegung des Bodens behindern. Sie müssen daher freigeschnitten werden.

Wissenswertes

Der Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA) stellt auf seiner Webseite regelmäßig aktualisierte Merkblätter für die Verlegung und Nutzung von MMF-Böden bereit.

Neben einer Übersicht zu den Produktkategorien der MMF-Beläge vermittelt das technische Merkblatt TM 2 „Verlegen von mehrschichtig modularen Fußbodenbelägen“ alle Grundlagen, die man im Umgang mit dieser Bodenbelaggattung kennen muss.
Weiterführend ist das Technische Merkblatt TM 1 „Unterlagsmaterialien unter mehrschichtig modularen Fußbodenbelägen (MMF) – Prüfnormen und Leistungsindikatoren“ zu empfehlen, ebenso wie zwei weitere Merkblätter zur Reinigung und Pflege im gewerblichen sowie im Wohnbereich.

Kostenloser Download unter www.mmfa.eu.

Fazit

Werden das erprobte Wissen und die Vorgaben einschlägiger Normen und Merkblätter berücksichtigt, steht einer fachgerechten Verlegung von MMF-Belägen nichts im Weg. Allerdings beobachten wir mit großer Sorge und Unverständnis, dass immer wieder Marketingaussagen wie „schnelle, einfache Verlegung, ohne Akklimatisierung“ oder „Unebenheiten im Unterboden werden durch die Unterlage ausgeglichen“ eine Erwartungshaltung beim Verbraucher und leider auch beim unerfahrenen Verleger hervorrufen, die das Produkt nicht erfüllen kann. Vielmehr noch: Die gleichen Anbieter, die so vollmundig werben, schließen in ihrer eigenen Verlegeanleitung die genannten Punkte wieder aus. Daher ist eine gewissenhafte Verarbeitung von MMF-Böden genauso wichtig wie eine offene und ehrliche Kommunikation – sowohl zwischen Anbieter und Verleger als auch zwischen Anbieter und Verbraucher sowie zwischen Verleger und Kunden.