Prüfungspflicht vor Parkettsanierung

Ablösung neuer Versiegelung durch alte Pflegemittelrückstände

Parkett- oder Dielenböden, deren Oberflächenbeschichtung erneuert werden muss, oder die zu sanieren sind, müssen vor Beginn der Arbeiten auf Zustand und Beschaffenheit untersucht werden. Geschieht dies nicht oder nur unzureichend, können falsche Verfahren, Produkte oder Techniken dazu führen, dass die renovierten Holzfußböden in der Optik oder sogar in der Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt sind. Bei historischen Parkett- und Dielenböden oder sogenannten Schmuck- und Intarsienböden, die 70 Jahre und älter sind, können zusätzliche Vorgaben eine Restaurierung erforderlich machen, die dann die Möglichkeiten der einzusetzenden Materialien und Arbeitstechniken weiter einschränken.

40 Jahre altes Eiche-Stabparkett

In Gebäuden des öffentlichen Dienstes, Behördengebäuden, Schulen und Kindergärten sind Parkettfußböden zu finden, die mithin über 40 Jahre alt sind. Dass diese nach jahrzehntelanger intensiver Nutzung eine Sanierung/Renovierung erfahren müssen, ist unumgänglich. So auch in diesem Fall, bei dem in einer Schule auf rund 700 Quadratmeter Parkettböden abgeschliffen und neu versiegelt wurden.

Die neue Versiegelung auf dem 40 Jahre alten Stabparkett in den Klassenzimmern (Bild 1) zeigte im Verlauf der darauffolgenden drei Jahre in großem Umfang Gebrauchsspuren sowie innerhalb der Laufstraßen wolkenartig flächig Grauschwarz-Färbungen.

Bild 1
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Ohne festzustellen, warum die im Jahr 2005 aufgebrachte Versiegelung bereits nach drei Jahren wieder „aufgebraucht“ war, wurde erneut saniert. Hierbei ist dann mittels Bandschleifer das Eiche-Stabparkett bis zum rohen Holz geschliffen worden.

Die verwendeten Schleifmittel in der Serie 24er, 36er, 60er und 100er Korn ergaben mit einem letzten Feinschliff, der mit einer 4-Scheibenmaschine (kontrarotierend) bei Verwendung eines Schleifmittels 80er Körnung durchgeführt wurde, ein optimales Bild.

Nach Entstauben/Absaugen der fein geschliffenen Stabparkettflächen wurde eine wasserbasierende 1-K-Parkettgrundierung mittels Velourswalze aufgebracht.

Die notwendige Trocknungszeit wurde abgewartet, sodass dann ein wasserbasierender 2-K-Parkettlack in zwei Schichten aufgetragen worden ist.

Nach Durchtrocknung der Parkettversiegelung wurden die Klassenzimmer eingeräumt und die bestimmungsgemäße Nutzung praktiziert.

In den Klassenräumen wurde fleißig gearbeitet und im Schulunterricht im Rahmen einer Projektarbeit auf dem neu versiegelten Eiche-Stabparkett temporär Klebeband fixiert. Nach Abziehen der Klebebänder war der Schreck groß, denn deckungsgleich zum Klebeband haftete zum Teil die Parkettversiegelung an diesem.

In der weiteren Nutzung lösten sich Zug um Zug Teile der Parkettversiegelung auch im Umfeld und im Bereich von Tischen und Stühlen, die über die Parkettfläche gezogen/geschoben wurden.

Es wurden Reparaturmaßnahmen durchgeführt, die zur Verwunderung des Parkettlegers ebenfalls nicht dauerhaft waren, sondern wiederholt zum Ablösen der Parkettversiegelung führten. Was letztlich den Anlass gab, der „Sache auf den Grund zu gehen“.

Die Suche nach der Ursache

Zunächst wurde orientierend mittels Prüfstellen-Klebeband innerhalb der Klassenräume die Parkettversiegelung hinsichtlich der Anbindung beziehungsweise des kraftschlüssigen Verbundes zum Holz getestet.

Das Prüfstellen-Klebeband (Bild 2) zeigte nach dem Abreißen von der Oberfläche des versiegelten Parketts immer wieder Ablösungen der Parkettversiegelung (Bild 3).

Bild 2
Bild 2
Bild 3
Bild 3


Im Bereich der Ablösungen der Parkettversiegelung (Bild 4) erfolgten stereo-mikroskopische Untersuchungen. Hierbei zeigte sich unterhalb der abgetrennten Lackschicht, die am Prüfstellen-Klebeband haften blieb, eine beigebräunliche Färbung, wobei aus Sachverständigensicht ein Teil der verwendeten Grundierung auf der Oberfläche des Stabparkettmaterials verblieb (Bild 5).


 
Bild 4
Bild 4

Bild 5
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Im Zuge der stereomikroskopischen Untersuchung zeigten sich Hinweise dafür, dass auf der Oberfläche des geschliffenen Parketts entweder Holzinhaltsstoffe, die dehäsiv wirken, migrieren oder Verunreinigungen alter, unbekannter Pflegemittel vorhanden sind, die sich ggf. auch in Kombination mit dem Schleifen und infolgedessen Erwärmen des Holzes „aktiviert“ haben.

Um möglichen „Verursachern“ auf die Spur zu kommen, wurden im Schulgebäude die Vorrats- und Materialräume durchsucht. Gefunden wurde ein sogenanntes lösemittelhaltiges Edelhartwachs mit dem – nach Auskunft der Beteiligten – die vergangenen Jahrzehnte die Parkettflächen gepflegt und gecleanert wurden. Überwiegend wurde das Edelhartwachs auf den Boden gesprüht und mit braunen oder grünen Pads bis zur Erzielung eines einheitlichen Glanzgrades durchpoliert.

Die Folge: Auf diese Weise wurde über die Jahre ein mehr oder weniger wachshaltiger Pflegefilm aufgebaut. Die gelösten Wachse sind in die Oberfläche des Parketts migriert und haben letztlich, wie zuvor dargelegt, vereinzelt infolge der Reaktivierung durch Wärme etc. dehäsiv, das heißt für die Parkettversiegelung abstoßend, gewirkt.

Probefläche

Innerhalb eines Klassenraumes, der vermehrt Ablösungen der Parkettversiegelung zeigte, wurde eine Probefläche hergestellt, das heißt eine partielle Renovierung des Parketts durchgeführt. Bei den Schleifmaßnahmen wurden im Mittel 2,0 mm des ansonsten 22 mm dicken Stabparketts abgetragen. Anschließend wurde eine alkoholbasierende 1-K-Parkettgrundierung und nach entsprechender Trocknungszeit eine wasserbasierende 2-K-Parkettversiegelung jeweils in zwei Schichten aufgetragen.

Zwecks Feststellung, ob die Parkettversiegelung ablösbar ist, wurde nach ausreichender Trocknung diagonal über die Parkettfläche gehend (Bild 6) ein Prüfstellen-Klebeband appliziert und rückartig wieder von der Oberfläche abgerissen (Bild 7). An keiner Stelle löste sich der Versiegelungslack von der Oberfläche des Eiche-Stabparketts.

Bild 6
Bild 6
Bild 7
Bild 7

 

Merkblätter und Ratgeber
  • Technische Ratgeber für Parkett-, Holz- und Korkoberflächenschutz der CTA, Chemisch-Technische-Arbeitsgemeinschaft Parkettversiegelung, www.c-t-a.de, unter anderem folgende Titel
    – „Vorzeitiger Abrieb durch Bürorollstühle für alle oberflächenbehandelten Böden“
    – „Öl/Wachs-Systeme: Vor- Nachteile gegenüber einer Versiegelung“
    – „Versiegelung und Pflege von Parkettböden“
    – „Warum ist die richtige Reinigung und Pflege von Parkett so wichtig?“
    – „Pflegeanleitung für versiegelte Parkett- und Holzfußböden gemäß DIN 18356“
  • TKB Merkblatt 1 „Kleben von Parkett“, Stand März 2007, erstellt von der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoff e. V. Düsseldorf u. a. unter Mitwirkung des ZVR
  • Fachbuch „Schäden an Holzfußböden“ Andras O. Rapp, Bernhard Suthoff, Fraunhofer IRB Verlag ISBN 3-8167-6170-4
  • Schleifen von Holzfußböden, Arbeitshilfe für den richtigen Umgang mit Fußbodenschleifmaschinen, Eugen Lägler GmbH, u. a. als Download nach Anmeldung unter www.laegler.com
Fazit

Besonders bei alten Parkettfußböden sind Abstoßungsreaktionen der Parkettgrundierung bzw. der Parkettversiegelung durch Holzinhaltsstoffe und/oder Verunreinigungen alter, unbekannter Versiegelungsmaterialien sowie Pflegemittel nicht auszuschließen. Das Abstoßen einer Grundierung oder eines neuen Parkettlackes infolge vorhandener Wachsreste oder Silikonkontaminierung ist demnach einzukalkulieren. Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass alte Massivparkettböden gründlich, das heißt 2 bis 3 mm abgeschliffen werden, um dann zunächst im Rahmen einer Probeversiegelung eine Testfläche herzustellen.

Wird dann z. B. festgestellt, dass die verwendete Parkettgrundierung oder die Parkettversiegelung immer noch keine ausreichende Anbindung/Anhaftung am Parkett aufweist sind Parkettversiegelungen mit einer Grundierung, die zudem isolierende Wirkung zeigt, einzusetzen.

Grundsätzlich ist dem Auftragnehmer anzuraten, bei der Absicht, alte Parkettfußböden zu sanieren, die Historie des Parkettbodens zu hinterfragen, insbesondere im Hinblick auf die durchgeführte Reinigung und Pflege der vergangenen Jahre.