Spurensuche im Putzregal

Verschüttete Reinigungsmittel können Verfärbungen hervorrufen

Wer regelmäßig in Hotels übernachtet kennt das Bild: Auf dem Teppichboden im Flur befinden sich vor den Zimmertüren tropfenartige Flecken. Die zumeist hellen Verfärbungen der Polschicht führen häufig wie eine gesprenkelte Spur ins Badezimmer. Die Ursache liegt in verschütteten Reinigungsmitteln, die vom im Flur abgestellten Reinigungswagen ins Bad transportiert werden. Diese Unachtsamkeit des Reinigungspersonals hat schwerwiegende Folgen: Die Fleckenbildungen sind in den meisten Fällen nicht entfernbar und so bleibt nur der Austausch der gesamten verunreinigten Teppichbodenfläche. Da dieser Aufwand jedoch oft unverhältnismäßig erscheint, wird der Austausch der betroffenen Flächen solange zurückgestellt, bis ohnehin eine Bodenbelagsrenovierung ansteht.

Flecken parallel zum Fenster

Auch wenn die Erfahrung in der Beurteilung solcher Sachverhalte die Ursache schnell erkennen lässt, ist im konkreten Fall immer auch ein Nachweis notwendig: So, wie in einem Verwaltungsgebäude einer großen Versicherung, in dem Verfärbungen des Teppichbodens bemängelt wurden.

Eine neu verlegte, beigebraun melierte Schlingenware aus 100 Prozent Polyamid mit Objekteignung, zeigte bereits nach relativ kurzer Nutzungsdauer, vor allem vor den Fenstern sowie zum Teil im Bereich der Schreibtische, violettfarbene Fleckenbildungen. Besonders deutlich zeichnete sich eine Verfärbung parallel zu einer Glastrennwand ab. Unmittelbar vor dem Rahmenelement zeigte der Flor des Teppichbodens einen hell violetten Streifen (Bilder 1 und 2).

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Bild 1
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Bild 2

 
Wiederkehrend waren Verfärbungen im Bereich von nach innen öffnenden Fensterflügeln erkennbar. Nahezu deckungsgleich zum geöffneten Fensterflügel – also im 90-Grad-Winkel zur Fassade – zeigte die schlingenartige Nutzschicht des Teppichbodens hell violette Streifen (Bild 3). 

Bild 3
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Vergleichbare Erscheinungsbilder, zum Teil auch mit deutlich breiteren, wolkenartig gestreuten Verfleckungen (Bild 4), wurden in nahezu allen Bereichen, die mit Teppichboden ausgestattet waren, vorgefunden. Optisch identische Verfärbungen konnten auch rund um verschiedene Schreibtische festgestellt werden (Bild 5).


 

Bild 4
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Bild 5
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Blick in den Putzmittelraum

Die naheliegende Vermutung, dass die Verfärbungen von verschütteten Reinigungsmitteln verursacht wurden, führte dazu, dass die eingesetzten Substanzen überprüft wurden. Ein Blick in den Putzmittelraum des Gebäudereinigers zeigte, dass neben einem Glasreiniger auch ein tensidfreier Intensivreiniger, ein Allround-Reiniger sowie ein Kunststoff- und Schreibtischreiniger eingesetzt werden.

Für weitergehende Untersuchungen im technischen Labor des IFR wurden Originalproben der genannten Reinigungsmittel sowie ein Rückstellmuster des verlegten Teppichbodens bereitgestellt.

Fleckentest

Um eine färbende Wirkung der Putzmittel nachzustellen, wurde ein Teppichbodenreststück mit einer definierten Menge – zum Teil in vorgegebenem Mischungsverhältnis mit Wasser – der jeweiligen Mittel beaufschlagt. Neben den vor Ort mitgenommenen Reinigungsmitteln wurden vergleichend noch ein weiterer Glasreiniger, ein Desinfektionsreiniger sowie Salmiak-Geist (Ammoniaklösung 9,6 – 9,9 %) getestet (Bilder 6 und 7).

Bild 6
Bild 6
Bild 7
Bild 7

Nachdem die Reinigungsflüssigkeiten beaufschlagt worden sind, wurden die Flächen eine Woche dem natürlichen UV-Licht/Tageslicht ausgesetzt. Nach diesem Zeitraum ergaben sich insbesondere in Verbindung mit dem vor Ort eingesetzten Glasreiniger (Bild 8) sowie dem Kunststoff- und Schreibtischreiniger (Bild 9), deutlich sichtbare Verfärbungen. 

Bild 8
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Bild 9
Bild 9


Diese zeigten optisch identische, hell violette Färbungen der beigebraun melierten, schlingenartigen Nutzschicht des Teppichbodens, so, wie diese vor Ort innerhalb des Objektes vorgefunden worden sind. Die vergleichend geprüften Substanzen zeigten zum Teil gar keine Verfärbungen oder nur solche in deutlich geringerem Ausmaß.

Beurteilung

Die vor Ort festgestellten Verfärbungen der Teppichbodenpolschicht konnten eindeutig auf die zur Fenster- und Möbelreinigung eingesetzten Substanzen zurückgeführt werden. Es ist wahrscheinlich, dass Tropfmengen beim Reinigungsvorgang auf den Teppichboden gelangen und so zur Verfärbung führen. Bemerkenswert ist, dass sich der verwendete Teppichboden von vergleichbaren Reinigungsmitteln weitgehend unbeeindruckt zeigte und gar keine oder nur deutlich geringere Verfärbungen der Teppichpolschicht erkennbar waren.

Demzufolge liegen die entstandenen Schäden mit Sicht auf die technische Ausführung im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers für Gebäudereinigungsarbeiten. Eine Neutralisation der Flecken und Verfärbungen ist nur durch Austausch der betroffenen Bereiche möglich.

Was sagt die Norm?
  • Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks empfiehlt die „Richtlinien für Vergabe und Abrechnung im Gebäudereiniger-Handwerk“ zu berücksichtigen.
  • Die auszuführenden Tätigkeiten definiert das Standardleistungsbuch 033 „Baureinigungsarbeiten“.
  • Reinigungsleistungen stellen gemäß Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen VOL/A, Anhang I A, Ziffer 14, Dienstleistungen dar, die nach VOL/A ausgeschrieben und vergeben werden.
  • Einzige normative Grundlage für die Ausführung von Gebäudereinigungsarbeiten ist die DIN 77400 „Reinigungsdienstleistungen – Schulgebäude – Anforderungen an die Reinigung“.
  • In den „Richtlinien für Vergabe und Abrechnung im Gebäudereiniger-Handwerk“ heißt es unter 3.0 Allgemeines: „Verschmutzungen, die bei der Hauptleistung entstehen, sind vom Auftragnehmer kostenlos zu beseitigen.“
  • In der VOL Teil B, § 4 Ausführung der Leistung heißt es: „Der Auftragnehmer hat … die anerkannten Regeln der Technik sowie die gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Bestimmungen zu beachten.“
Fazit

Wie im Fall der Hotelzimmer ist auch in diesem Objekt der „Schaden“ der Unachtsamkeit des Reinigungspersonals geschuldet. Würde dieses umsichtiger arbeiten und beispielsweise Bodenbelagsflächen unter beziehungsweise vor Glasreinigungsarbeiten abdecken, würden solche Verunreinigungen gar nicht erst entstehen.