Rutschsichere Fußböden

Beitrag (redaktioneller Teil) zur Sonderausgabe „Rutschsichere Fußböden“

Objekt Verlag GmbH

 

Verfasser: Richard A. Kille – IFR Köln

 

Einleitung und Historie

 

Das Bestreben nach Sicherheit ist in unserer Gesellschaft nicht neu.

 

Sicherheit bezeichnet einen Zustand, der frei von unvertretbaren Risiken der Beeinträchtigung ist oder als gefahrenfrei angesehen wird. Demnach kann sich der bezeichnete Zustand Sicherheit sowohl auf ein einzelnes Individuum als auch auf andere Lebewesen beziehen oder auf unbelebte, reale Objekte, ein System wie auch auf abstrakte Gegenstände, letztlich auf Fußböden.

 

Mit der zunehmenden, über 2 Jahrhunderte fortschreitenden Industrialisierung hat sich, einhergehend mit der Zivilisation und Sozialisierung gezeigt, dass bestimmte Berufe und Berufsgruppen infolge hoher körperlicher Anstrengungen und Belastungen der Arbeitnehmer in Serie Krankheitsbilder und Unfallbilder zeigten.

 

Die Berufsgenossenschaft hat in einem geschichtlichen Rückblick beschrieben, dass die Anfänge berufsgenossenschaftlicher Forschung ein Jahrhundert zurückliegen und ein konkreter Stichtag sich nicht angeben lässt, weil es für die verschiedenen Forschungszwecke Präventionen, Rehabilitationen und Berufskrankheiten unterschiedliche Startzeitpunkte gibt.
Weiter wird beschrieben, dass im Jahr 1906 die gewerblichen Berufsgenossenschaften die Kaiser-Wilhelm- und Kaiserin-Auguste-Viktoria-Stiftung deutscher Berufsgenossenschaften gegründet haben mit dem Ziel, Erfindungen und Arbeiten aller Art auf dem Gebiet der Unfallverhütung und des Schutzes von Leben und Gesundheit der Arbeiter zu fördern und zu unterstützen. Diese Stiftung wird als Vorläuferin der berufsgenossenschaftlichen Forschungsförderung angesehen.

 

Und hier schließt sich dann auch der Kreis zu rutschsicheren Fußböden, denn diese „sind keine Erfindung der Fußbodenbranche“, sondern eine Forderung nach den Vorschriften und Regeln zur Rutschsicherheit gemäß der Arbeitsstättenverordnung sowie der Arbeitsstätten-Richtlinie Fußböden – ASR 8/1, die wie folgt lauten:

 

  • Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV Anhang zu §3 (1)
    (Abschn. 1.5: ‚(2) Die Fußböden der Räume dürfen keine Unebenheiten, Löcher, Stolperstellen oder gefährliche Schrägen aufweisen. Sie müssen gegen Verrutschen gesichert, tragfähig, trittsicher und rutschhemmend sein.‘).
  • Arbeitsstätten-Richtlinie Fußböden – ASR 8/1, Abschn. 1.2 – 1.3
    (‚1.2 Gegen Ausgleiten sind zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich, wenn durch Wasser, Eis, Fett, Öl oder andere Stoffe eine erhöhte Rutschgefahr besteht. Als Schutzmaßnahmen kommt insbesondere ein geeigneter Fußbodenbelag in Frage, (z. B. Fliesen mit griffiger Oberfläche, …).

    1.3 Sofern aus betrieblichen Gründen Flüssigkeit in erheblichem Umfang auf den Boden gelangt, muss die Flüssigkeit abgeführt werden. Dies kann durch leichtes Gefälle des Fußbodens gegen Ablauföffnungen oder Ablaufrinnen erreicht werden…‘).

Zur Erfüllung der allgemeinen Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung/-richtlinie sind spezielle Vorschriften und Regeln maßgebend, die einerseits Prüfverfahren zur Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaften von Bodenbelägen normativ regeln (DIN 51 097(1*), DIN 51 130(2*), E-DIN 51 131(3*) und andererseits die Bewertung der Rutschgefährdung selbst und die Auswahl geeigneter Bodenbeläge auf Grundlage der Prüfergebnisse (BGR 181(4*), GUV-R 181(5*); GUV-I 8527(6*).

(1*) DIN 51 097 „Prüfung von Bodenbelägen; Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft; Nassbelastete Barfußbereiche, Begehungsverfahren; Schiefe Ebene“, Ausgabe 1992-11

(2*) DIN 51 130 „Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, Begehungsverfahren – Schiefe Ebene“, Ausgabe 2004-06

(3*) E-DIN 51 131 „Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft Verfahren zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten“, Ausgabe 2006-06

(4*) BGR 181 „Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“ von Oktober 1993, aktualisierte Fassung Oktober 2003, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften

(5*) GUV-R 181 „Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“, Ausgabe April 1994 aktualisierte Fassung Oktober 2003, herausgegeben vom Bundesverband der Unfallkassen

(6*) GUV-I 8527 „Merkblatt Bodenbeläge für nassbelastete Barfußbereiche“, Ausgabe Juli 1999, herausgegeben vom Bundesverband der Unfallkassen

Achtung: Anforderungen an die Rutschhemmung von Bodenbelägen

Eine allgemeine Anforderung an die Rutschhemmung von Bodenbelägen besteht nach diesseitiger Kenntnis nicht.

Das Thema Sicherheit ist, wie bereits eingangs erwähnt, aktuell und präsent. Es wird einerseits verkaufsfördernd entsprechend dem „Zusatznutzen“ protegiert und andererseits vorbeugend aufgrund eines gesteigerten Sicherheitsbedürfnisses oder grundsätzlicher Präventivmaßnahmen von Planern/Architekten ausgeschrieben und gefordert. Hier ist der Bieter/Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten gefragt, denn häufig werden Forderungen nach den noch nachfolgend im Detail erklärten R-Werten gestellt, die nicht immer erzielt, erreicht oder auf Dauer gesehen gewährleistet oder gehalten werden können.

Der Rutschhemmklassen-Standard R 9 kann von elastischen und auch textilen Bodenbelägen im Rahmen der stationären Prüfung nach DIN 51 130 erreicht werden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass sich die Frage stellt, ob auf Dauer gesehen, d. h. im laufenden Betrieb einer Fußbodenfläche, die Möglichkeit besteht, zum Beispiel durch entsprechende Reinigungs- und Pflegemaßnahme diese Rutschhemmklasse zu erhalten.

Grundsätzlich sind die Anforderung an die Rutschhemmung von Bodenbelägen in Arbeitsräumen/-bereichen und betrieblichen Verkehrswegen mit Rutschgefahr in der BGR 181 „Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“ spezifiziert und hier im Anhang I im Detail ausgewiesen.

Als Beispiel werden die nachfolgenden Bereiche als Auszug aus dem Anhang I beschrieben:

Auszug aus Anhang I der BGR 181
„Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“

Nummer
Arbeitsräume, -bereiche und betriebliche Verkehrsbereiche
Bewertungsgruppe
der Rutschgefahr
(R-Gruppe)
0
Allgemeine Arbeitsräume und -bereiche1
 
 
0.1
Eingangsbereiche, innen²
R
 9
0.5
Pausenräume
(z. B. Aufenthaltsraum, Betriebskantinen)
R
 9
11
Verkaufsstellen, Verkaufsräume
11.12
Verkaufsräume/Kundenräume
R
 9
11.14
Kassenbereiche, Packbereiche
R
 9
12
Räume des Gesundheitsdienstes/
der Wohlfahrtspflege
12.9
OP-Räume
R
 9
12.10
Stationen mit Krankenzimmern und Flure
R
 9
12.11
Praxen der Medizin, Tageskliniken
R
 9
12.12
Apotheken
R
 9
12.13
Laborräume
R
 9
12.14
Friseursalons
R
 9
26
Feuerwehrhäuser
26.2
Räume für Schlauchpflegeeinrichtungen
R
12
27
Geldinstitute
27.1
Schalterräume
R
 9
28
Parkbereiche
28.1
Garagen, Hoch- und Tiefgaragen ohne Witterungseinfluss
R
10
29
Schulen und Kindergärten
29.1
Eingangsbereiche, Flure, Pausenhalle
R
 9
29.2
Klassenräume, Gruppenräume
R
 9
29.3
Treppen
R
 9
29.8
Fachräume für Werken
R
10

 

(Die zuvor dargelegten Anforderungen an die Bewertungsgruppe der Rutschgefahr [R-Gruppe] sind als Beispiel aufgeführt und vollständig im Anhang A der BGR 181 „Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“ aufgelistet.)

 

Sind diese Vorschriften und Regeln zur Rutschsicherheit wirklich notwendig?

 

Zum Ende des Jahres 2007 hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Berlin bekannt gegeben, dass sich im ersten Halbjahr 2007 insgesamt 474.884.000 Arbeitsunfälle an Arbeitsplätzen in der gewerblichen Wirtschaft und im öffentlichen Dienst ereignet haben.

 

Die Unfallstatistiken und die diesbezüglichen Auswertungen der vergangenen Jahre zeigen auf, dass rund 20 % aller Unfälle im gewerblichen Bereich SRS-Unfälle sind (SRS = Stolpern, Rutschen, Sturz).

 

Natürlich müssen für die SRS-Unfälle nicht zwangsläufig rutschgefährliche oder glatte Fußböden verantwortlich sein, denn die Frage, warum eine sich bewegende Person ausrutscht/ausgleitet, stolpert und/oder stürzt, kann verschiedene Ursachenfaktoren beinhaltet. Jeder, der die Kontrolle über seinen Körperschwerpunkt verliert, kann ausrutschen, stolpern oder stürzen. Bei der Analyse der Unfallursache ist die Frage, ob der Fußboden glatt oder nicht rutschsicher war, als technischer Faktor nur ein Aspekt.

 

 
Vier mögliche Unfallursachen sind bei SRS-Unfällen unter anderem zu verifizieren.

 

  • das persönliche Verhalten
  • technische Faktoren
  • organisatorische Faktoren
  • Umwelteinflüsse

 

Jeder Mensch wird in seinem Leben Situationen kennen, die deutlich machen, dass das eigene Verhalten Grund dafür sein kann, auszurutschen, zu stolpern oder zu stürzen.

 

Hier einige Beispiele:

 

  • Unachtsamkeit
    Jemand ist völlig in Gedanken versunken und bewegt sich nach vorne. Er achtet nicht auf die Wegeführung, nicht auf Stufen oder Hindernisse – und schon ist es passiert!
  • Bequemlichkeit
    Mit der Meinung, „ich kenne ja den Weg“, wird der Lichtschalter nicht betätigt und im Halbdunkeln tritt man ins Leere oder gegen ein Hindernis.
  • Verantwortungslosigkeit
    Flüssigkeiten werden verschüttet und nicht sofort entfernt. Die nachfolgende Person erkennt nicht rechtzeitig die Gefahr, rutscht aus und stürzt.
  • Falsche Risikoeinschätzung
    Die Außenwitterung beschert Schneeregen/Regen und ich betrete eilig den polierten Granitboden eines Geldinstitutes und rutsche aus.
  • Gewohnheit
    Seit Jahren nutze ich die Treppe ohne den Handlauf zu benutzten, das was unzählige Male funktioniert, wird als „sicher“ erlebt. Im Augenblick des Stolperns ist kein Halt gegeben und „der Handlauf nicht in Reichweite“.
Die Situationen machen deutlich, dass im Fall eines SRS-Unfalles nicht pauschal der Fußboden als Ursache zu definieren ist, wenn dieser möglicherweise nicht der Bewertungsgruppe der Rutschgefahr R 9 entspricht. Unabhängig von dieser Erkenntnis steht der Fußboden, wenn dieser mit einem entsprechenden Bodenbelag ausgestattet ist, der die Bewertungsgruppe R 9 oder R 10 erfüllt, dann nicht im Fokus der Diskussion oder möglichen Unfallursache.

 

Überzogene Forderungen an die Rutschhemmung sollen auch an dieser Stelle nicht konstruiert werden, wobei ein entsprechend dem Stand der Technik möglicher Standard zweckmäßig ist, d. h., es gibt genügend Fußbodenflächen auch in privaten Haushalten, die mit einem rutschsicheren Bodenbelag gut bedient sind.

 

Sicherheitsstandards im vereinigten Europa

 

Wir werden zwangsläufig als Verarbeiter von Bodenbelägen auf Zukunft gesehen mit der Forderung nach rutschsicheren Bodenbelägen auch im Privatbereich konfrontiert.

 

Der Sicherheitsaspekt tritt als Präventivmaßnahme in den Vordergrund, wobei im Rahmen eines Unfallgeschehens Planer/Architekten vorbeugend, zunehmend unter Beachtung haftungsrechtlicher Belange, Forderungen an die Rutschhemmung definieren.
 
Die Verantwortung der Planer/Architekten und Berater

 

Das wir im Handel und Handwerk eine zunehmende „Amerikanisierung“ finden und Gebrauchsanweisungen und Gefahrenhinweise mittlerweile zur Tagesordnung gehören, ist bekannt. Zum Beispiel beschreibt die Gebrauchsanweisung eines Duschgels eines kanadischen Herstellers den Hinweis, dass, wenn das Duschgel auf den Wannenboden gelangt, Rutschgefahr besteht. Andererseits konnte ich feststellen, dass die Hersteller von Badewannen und Duschtassen eine hochqualifizierte und umfangreiche Forschung im Hinblick auf die Rutschsicherheit betreiben.

 

Die Vorstellung, dass zum Beispiel ein Bodenleger einen Bauherrn im Zuge einer Renovierungsmaßnahme berät und letztlich das alte Kleinmosaik des Fußbodens überspachtelt wird und ein neuer Kunststoffdesign-Bodenbelag verlegt/geklebt wird, macht deutlich, dass im Falle eines Unfalls durch Ausrutschen beim Heraustreten aus der Dusche auf der Oberfläche des neu verlegten Kunststoffdesign-Bodenbelages zumindest theoretisch Forderungen entstehen können.

 

Der alte Kleinmosaikboden hatte einen großen Fugenanteil und war so auch im Hinblick auf die Nassrutschfestigkeit relativ sicher, während der neu verlegte/geklebte Kunststoffdesign-Bodenbelag im direkten Vergleich „rutschunsicher“ wirkt.

 

Wird nun der Auftraggeber/Bauherr, wenn er verunfallt, eventuell Forderungen an den Planer/Berater, letztlich ausführenden Bodenleger stellen?

 

Dieser Fall ist nicht konstruiert und beschäftigt uns im Hause des iFR Köln seit einigen Monaten.

 

Zu erwarten ist, dass wir auf Zukunft gesehen als Berater und Auftragnehmer wieder in die Zwänge der Hinweispflicht gelangen, die sich in den letzten Jahren ohnehin zu einem „Pflichtenkatalog“, sicher auch mit dem Hintergrund der Europäisierung, ausgeweitet hat.

 

Prüfung der Rutschsicherheit/Prüfung der Gleitsicherheit von Bodenbelägen

 

Die bekannteste, weil auf der Basis vorgegebener Gesetzgebung, normativ geregelte Prüfung der rutschhemmenden Eigenschaften von Bodenbelägen, ist die Baumusterprüfung nach BGR 181 entsprechend DIN 51 130 „Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit erhöhter Rutschgefahr – Begehungsverfahren – Schiefe Ebene“.

 

Das Prüfverfahren nach dieser Norm dient als Eignungsprüfung zur Ermittlung und Klassifizierung der rutschhemmenden Eigenschaft von Bodenbelägen, deren Einsatz in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr vorgesehen ist. Hieraus resultieren die Bewertungsgruppen R 9, R 10, R 11, R 12 und R 13.

 

Die Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaften nach DIN 51 130 erfolgt unter Laborbedingungen als reine Baumusterprüfung/Materialprüfung an fabrikneuen Belagmustern.

 

Über die Eigenschaft des geprüften Belages im täglichen Gebrauch werden keine reproduzierbaren Erkenntnisse gewonnen. Deshalb ist man bereits seit einigen Jahren bemüht, Untersuchungen voranzutreiben und Prüfmethoden zu entwickeln, um die Oberfläche eines Belages sowohl im Labor als auch im Objekt unter gebrauchsüblichen Bedingungen zu prüfen und zu kontrollieren, wobei dann auch reproduzierbare Ergebnisse protokolliert werden sollen.

 

Gemäß DIN 51 130 wird die Rutschhemmung von Bodenbelägen aller Art auf einer „Schiefen Ebene“ bestimmt.

 

Eine Prüfperson mit Prüfschuhen begeht in aufrechter Haltung vor- und rückwärts den zu prüfenden Bodenbelag, der entsprechend der vorgegebenen Prüfnorm mit Motorenschmieröl bestrichen ist. (Bild 000 bis Bild 001)

 

Dabei wird dessen Neigung vom waagerechten Zustand beginnend bis zum Akzeptanzwinkel gesteigert, bei dem die Prüfperson unsicher wird. Der sogenannte Akzeptanzwinkel wird auf dem mit Schmieröl bestrichenen Bodenbelag ermittelt. Der erreichte mittlere Akzeptanzwinkel dient zur Beurteilung des Grades der Rutschhemmung/des R-Wertes.
Wird nach diesem System ein Bodenbelag geprüft und beispielsweise mit R 10 bewertet, erhält er ein entsprechendes Prüfzertifikat, mit dem dann der Nachweis erbracht ist, dass der Bodenbelag dem Urzustand entsprechend als rutschhemmend eingestuft ist. Das Prüfzertifikat ist im Regelfall 5 Jahre gültig. Danach ist es erforderlich, eine neue Prüfung durchführen zu lassen.
Im Hinblick auf die Zuordnung der korrigierten mittleren Gesamtakzeptanzwinkel zu den Klassen der Rutschhemmung (R-Werte) wird auf den nachfolgenden Tabellenauszug der DIN 51 130 hingewiesen.
 

Gesamtmittelwerte
Bewertungsgruppe
von 6° bis 10°
R  9
mehr als 10° bis 19°
R 10
mehr als 19° bis 27°
R 11
mehr als 27° bis 35°
R 12
mehr als 35°
R 13
 

 
Für nassbelastete Barfußbereiche ist es erforderlich, die entsprechenden Bodenbeläge nach DIN 51 097 „Prüfung von Bodenbelägen; Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft nassbelastete Barfußbereiche; Begehungsverfahren – Schiefe Ebene“ zu prüfen.
Ein wesentlicher Unterschied zur Prüfanforderung entsprechend der DIN 51 130 ist, dass während der Versuchsdurchführung eine ständige und gleichmäßige Überflutung des Prüfbelages mit Prüfflüssigkeit erfolgt (6 ± 1 l je Minute).
Die weitere Prüfungsdurchführung ist vergleichbar mit der DIN 51 130, wobei sich die Bewertung im Hinblick auf die Zuordnung des mittleren Neigungswinkels in folgende Bewertungsgruppen der Rutschhemmung einteilt.
Bewertungsgruppe
Neigungswinkel
A
≥ 12°
B
≥ 18°
C
≥ 24°
 Typische Einsatzbereiche für nassbelastete Barfußbereiche
 
Bewertungsgruppe
Typische Einsatzbeispiele
A
Barfußgänge sowie Sauna- und Ruhebereiche (weitgehend trocken),
Einzel- und Sammelumkleideräume
B
Duschräume, Beckenumgänge, Barfußgänge sowie Sauna- und Ruhebereiche
 (soweit sie nicht der Gruppe A zugeordnet sind)
C
Ins Wasser führende Treppen, Durchschreitebecken,
geneigte Beckenrandausbildungen
Bei nassbelasteten Barfußbereichen darf der V-Wert (Kennzahl für das Mindestvolumen des Verdrängungsraumes) nicht außer Acht gelassen werden.
Die gleichmäßige Anordnung von Profilierungen/Strukturen auf der Oberfläche von Bodenbelägen, wie sie zum Beispiel in Verbindung mit sogenannten Gumminoppenbelägen allgemein bekannt sind, kann die Oberfläche des Bodenbelages von gleitfördernden Substanzen freihalten. Die gleitfördernden Substanzen werden zwischen den höher liegenden Noppen abfließen. Die höher liegenden Noppen verdrängen die gleitfördernden Mittel in die tiefer liegenden Hohlräume. Hierdurch ergeben sich zum Beispiel im Hinblick auf die Nassrutschfestigkeit optimale rutschhemmende Eigenschaften.
Ein Bodenbelag darf mit dem Kennzeichnen „V“ (Kennzahl für das Mindestvolumen des Verdrängungsraumes) gekennzeichnet werden, wenn das Volumen des Verdrängungsraumes das Maß von 4 cm³/dm² überschreitet.
Profilierte Bodenbelagoberflächen mit einem entsprechenden V-Wert sind in Arbeitsräumen und Bereichen erforderlich, wo hohe Rutschgefahr, hervorgerufen durch große Mengen gleitfördernder Stoffe, auftreten kann.
Die Prüfung der Rutschhemmung bei profilierten Bodenbelagoberflächen erfolgt gleichermaßen nach DIN 51 130.
 
Mit Veröffentlichung der Neufassung der DIN 51 130 im Jahr 2004 gab es im Hinblick auf den unteren Grenzwert des Akzeptanzwinkels eine Korrektur, d. h., der korrigierte mittlere Akzeptanzwinkel zur Erreichung der Klasse der Rutschhemmung R 9 wurde von 3° auf 6° erhöht.
Diese Korrektur wurde notwendig, da aus diesseitiger Sicht eine Vielzahl von Bodenbelägen das Zertifikat zur Klasse der Rutschhemmung R 9 geführt haben, wobei diese Klassifizierungen nicht reproduzierbar waren, da der Neigungswinkel von 3°, wie dieser mit der Skizze (Bild 002) dargestellt ist, nicht „zuverlässig“ zu beurteilen und einzustufen war.
 

Bild002

Zum Beispiel im Jahr 2003 wurden seitens des IFR Köln 5 elastische Bodenbeläge am Markt eingekauft, die entweder mit der Klasse der Rutschhemmung R 9 oder R 10 zertifiziert waren.
 Die erworbenen, elastischen Bodenbeläge wurden dem gleichen zugelassenen und so auch zertifizierten Prüfinstitut zur Prüfung überlassen, wobei nur einer der 5 elastischen Bodenbeläge die Klasse der Rutschhemmung R 9 erreichte, obwohl alle elastischen Bodenbelägen über ein Zertifikat verfügten und ein elastischer Bodenbelag sogar die Klasse der Rutschhemmung R 10.
Zu dieser Zeit lag die Mindestanforderung an den Gesamtakzeptanzwinkel bei 3° (R 9), so dass nunmehr mit Überarbeitung der DIN 51 130 und Neuerscheinen im Jahr 2004 die Anhebung des Gesamtakzeptanzwinkels auf 6° zu begrüßen ist, denn so wurde die Prüf-/Messunsicherheit eingegrenzt und die Erfahrungen haben bereits gezeigt, dass die Ergebnisse im Hinblick auf die Klassifizierung der Rutschhemmung eher nachvollziehbar, letztlich reproduzierbar sind.
 Das Ineinandergreifen von gesetzlichen Bestimmungen, Vorschriften und Regeln hat dazu geführt, dass Bodenbeläge unterschiedlicher Art und Beschaffenheit im Hinblick auf die Rutschsicherheit verifizierbar und so identifizierbar sind.
Hersteller entsprechender Bodenbeläge können so reproduzierbar die Oberfläche der produzierten Bodenbelagprodukte prüfen und sicherstellen, dass die ausgelieferten Materialien mit den entsprechenden Eigenschaften ausgestattet sind.
 Ob im Zuge der Nutzung/des Gebrauchs über den Zyklus der Lebensdauer bzw. der Nutzungserwartungszeit die rutschhemmenden Eigenschaften erhalten bleiben, kann das Ergebnis der „Baumusterprüfung“ nicht gewährleisten, d. h., im Hinblick auf den täglichen Gebrauch werden mit Anwendung der DIN 51 130 keine reproduzierbaren Erkenntnisse gewonnen.
Bekannt ist, dass die Oberflächen von Fußböden und so auch Bodenbelägen über einen Gebrauchszyklus gehend unterschiedlichste Zustände der Oberfläche aufweisen und so auch rutschhemmende Eigenschaften verändert werden.
Es ist ein lang gehegter Wunsch entsprechender Fach- und Interessenskreise die Möglichkeit zu haben, reproduzierbar die Rutschhemmung einer Fußbodenoberfläche/eines Bodenbelages vor Ort im Objekt zu prüfen/zu messen, letztlich zu kontrollieren.
„Fußbodenglätte – Wegrollwiderstand – Prüfgerät WWTG“ (Schustergerät)
Erste mobile Messungen am verlegten Belag erlaubte das „Fußbodenglätte – Wegrollwiderstand – Prüfgerät WWTG“.
Ein beidseitig mit 4 Lederstücken ausgestattetes Schleppgewicht wird über die Fußbodenebene gezogen. (Bild 003 bis Bild 005)
Bild003Bild004

Bild005
Die am Zugseil angebrachte federwaagenähnliche Maßeinrichtung gibt die Gleitreibung als Reibungsfaktor im Bereich von 0,0 bis 1,0 sowie farbig markiert (rot/grün) an.
Die Angaben lassen Rückschlüsse auf die Schritt- und Laufsicherheit zu. Ein Vergleich zu den R-Gruppen der DIN-Prüfung ist nicht gegeben.
Prüft man parallel zur genutzten Fläche auch neue, ungenutzte Beläge ergeben viele Einzelwerte einen verlässlichen Mittelwert, der Aussagen über den „Ist-Zustand“ der Fußbodenoberfläche zulässt.
Anforderungen an die Rutschhemmung von Fußbodenoberflächen während der Nutzung/des Gebrauchs
Die Frage, ob der in Nutzung befindliche Fußboden auf der Oberflächen entsprechend der ursprünglichen Bestellung rutschhemmend wirkt und die zugesicherte Eigenschaft zum Beispiel R 9 oder R 10 nach wie vor gegeben ist, stellt sich zumeist erst dann, wenn eine Person verunfallt ist und gegenseitige Ansprüche geprüft, verteidigt und/oder abzuwehren sind.
 
Der unvoreingenommene Laie ist dann nicht selten überrascht, wenn man ihm die Auskunft geben muss, dass eine Kontrolle bzw. Prüfung, ob die Fußbodenoberfläche die Rutschhemmung aufweist bzw. dem Wert R 9 oder R 10 entspricht, nicht möglich ist.
Selbstverständlich ist eine derartige Untersuchung nicht grundsätzlich auszuschließen und seitens des IFR Köln auch schon durch Ausbau entsprechender Probeflächen realisiert worden, wobei der Aufwand unverhältnismäßig hoch erscheint und auch nicht immer (abhängig von der Beschaffenheit und Konstruktion des Fußbodens) tatsächlich möglich ist. Diese Situation ist nicht neu, obwohl seit über 20 Jahren Anforderungen an die rutschhemmenden Eigenschaften von im Gebrauch befindlichen Bodenbelägen bzw. Fußböden gestellt werden.
Bereits seit 1976 verlangt die Verwaltungsberufsgenossenschaft in der Verordnung ZH 1/535, dass Fußböden eben und rutschhemmend sein sollen und keine Stolperstellen haben dürfen.
Einen Schritt weiter geht die Richtlinie für Schulen, Bau und Ausrüstung (GUV 16.3) von 1987.
Hier heißt es: „Bodenbeläge für Fußböden sind mit rutschhemmender Eigenschaft zu verwenden, die diese Eigenschaft bei sachgerechter Pflege nicht verlieren“.
Im Rahmen ihrer Kontrollpflichten ist der Gemeindeunfall-Versicherungsverband angehalten, die rutschhemmenden Eigenschaften von Bodenbelägen vor Ort zu prüfen.
Wie so häufig zeigt sich die Situation, dass von einer Seite „ein Anspruch gestellt wird“, der von der „anderen Seite“ aufgrund fehlender Möglichkeiten nicht erfüllt werden kann.
Aktuell fordert zum Beispiel die DIN EN 14 041, Ausgabe 2004-10-01 „Elastische, textile Bodenbeläge und Laminatböden – wesentliche Eigenschaften“ unter 4.5 „Gleitwiderstand“ zu Punkt 4.5.1 „Klassifizierung“ Folgendes:
 
Wird Gleitwiderstand beansprucht, müssen Bodenbeläge, die für den Gebrauch unter Bedingungen einer trockenen und nicht verunreinigten Umgebung vorgesehen sind, bei der Prüfung nach EN 13 893 im Auslieferungszustand und in einer trockenen Umgebung einen Gleitreibungskoeffizienten von im Mittel > 0,3 haben und als technische Klasse DS deklariert werden. Obwohl auf solchen Böden gelegentlich etwas verschüttet werden kann oder sie nass gereinigt werden, sichert der Hersteller nicht die Funktionstüchtigkeit für diese Zustände zu.
Wird kein Gleitwiderstand beansprucht, sind die Bodenbeläge, für die keine Funktionstüchtigkeit bestimmt wurde, als technische NPD zu deklarieren.
 
Weiter heißt es unter Punkt 4.5.2 „Aspekte der Dauerhaftigkeit“:
„…..
Der Bodenbelag ist in Übereinstimmung mit den Herstelleranleitungen zu behandeln, zu reinigen und zu pflegen.
Anmerkung:
Die Gleitwiderstandseigenschaften eines verlegten Bodenbelages können durch dessen Verlegung, die Oberflächenbehandlung nach der Verlegung, Schmutzansammlung sowie seine Reinigung und Pflege beeinflusst werden. Hinweise für die Verringerung von Rutschgefahren sind im Anhang C angegeben.
Auszug aus dem Anhang C Punkt C.1 Allgemeines der DIN EN 14 041
Die Wechselwirkung zwischen (beschuhten oder nackten) Füßen und den Bodenbelagsmaterialien bestimmt das Gleitverhalten. Der Gleitwiderstand eines im Gebrauch befindlichen Bodens hängt von der Beschaffenheit seiner Oberfläche ab; diese kann sich während der Nutzungszeit des Bodens verändern. Der Gleitwiderstand wird durch Verunreinigungen ungünstig beeinflusst; am häufigsten treten Verunreinigungen durch Wasser auf, es sind jedoch auch andere verunreinigende Substanzen, einschließlich Öl, Fett, Seife, Staub, Flusen und Sand möglich.
Es ist wichtig, daran zu denken, dass der Gleitreibungskoeffizient nur ein Indikator des Gleitwiderstandes ist, und die beiden Begriffe sollten nicht verwechselt werden.
Der Gleitwiderstand ist weder eine konstante noch eine produktspezifische Eigenschaft eines Bodens oder Bodenbelagmaterials. Die Oberflächenrauigkeit ist eine andere Eigenschaft, die zweckmäßigerweise ebenfalls betrachtet werden kann.
Elastische, textile Bodenbeläge und Laminatböden sowie andere, häufig verwendete Bodenbelagoberflächen haben gewöhnlich einen annehmbaren Gleitwiderstand, vorausgesetzt sie sind sauber, trocken, frei von Öl, Fett und anderen rutschigen Substanzen, sind nach der Verlegung zweckdienlich behandelt worden und unterliegen einer fortlaufenden Pflege in der Nutzung.
Punkt C.2 Planung
Maßnahmen, die Entwicklern in Vereinbarung mit Ihren Kunden eingeleitet werden können, um sichere Bedingungen mit der Nutzung zu unterstützen schließen Folgendes ein:
– Abschätzung der wahrscheinlich im Gebrauch vorkommenden Verunreinigungen und Festlegung der Fußbodenoberfläche sowie Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Wasser entsprechend von dieser Fläche abzuleiten;
– Treffen von Vorhersagen bezüglich des erforderlichen Reinigungs- und Pflegesystems und treffen entsprechender Vorkehrungen;
– Beschaffung entsprechender Schmutzfangsysteme für die Foyers und Eingänge, um das Einschleppen von Wasser und Schmutz abzufangen. Die wirksame Länge des Schmutzfangsystems sollte mindestens jeweils 2 Schritte je Fuß betragen;
– Schmutzfangsysteme bleiben nur wirksam, wenn sie sorgfältig gereinigt, gepflegt und, wenn erforderlich, ausgetauscht werden. Matten sollten sicher fixiert werden, so dass keine Stolpergefahr besteht;
…“
Planer und Auftraggeber bzw. Betreiber von Gebäudeanlagen sind verantwortlich für den Erhalt rutschhemmender Eigenschaften der Fußböden
Die zitierten Textpassagen aus der DIN EN 14 041 verdeutlichen, dass der Planer mit dem Bauherrn bzw. Betreiber einer Gebäudeanlage in der Verantwortung steht, im Vorfeld sowie im Betrieb Vorsorgemaßnahmen zu treffen, dass die zugesicherten Eigenschaften der Fußbodenoberflächen bzw. Bodenbeläge entsprechend dem neuwertigen Zustand erhalten bleiben.
Der Planer hat auch darauf zu achten, dass im Bereich von Übergängen zwischen verschiedenen Arbeitsräumen oder -bereichen keine Bodenbeläge verlegt werden bzw. keine Fußbodenoberflächen vorliegen, die eine stark unterschiedliche Rutschhemmung aufweisen, da sich erfahrungsgemäß in diesen Bereichen Sturzunfälle häufen.
In Übergangsbereichen zwischen den Räumen/Bereichen sollen die Bodenbeläge hinsichtlich der Rutschhemmung sich nicht mehr als entsprechend zwei benachbarten Bewertungsgruppen unterscheiden, z. B. Bewertungsgruppen R 9 und R 10, R 10 und R 11 oder R 11 und R 12. In diesem Zusammenhang darf bei diesem Thema auch die Information gegeben werden, dass Fußböden keine Stolperstellen aufweisen sollen.
 
Als Stolperstellen gelten im Allgemeinen Höhenunterschiede von mehr als 4 mm, bei Stufenflächen von Gebäudetreppen Höhenunterschiede von mehr als 2 mm.
Für behindertengerechtes Bauen gilt grundsätzlich ein maximaler Höhenunterschied von 2 mm, der aus diesseitiger Sicht in sämtlichen zu begehenden Flächenbereichen eingehalten werden kann.
Insgesamt ist bei der Planung neben der entsprechend dem Verwendungszweck erforderlichen Rutschhemmung und den zuvor genannten Eingrenzungen möglicher Stolperstellen planerseits auch darauf zu achten, dass der eingebaute Bodenbelag gleichermaßen im Hinblick auf die Strapazierfähigkeit dem Verwendungsbereich/-zweck standhält.
Die für den Verwendungsbereich/-zweck einzusetzenden Bodenbeläge müssen gegenüber den ggf. ortsüblichen Beanspruchungen hinsichtlich chemischer oder physikalischer Einwirkungen standhalten und hierbei darf sich dann die Rutschhemmung innerhalb der Nutzungserwartungszeit nicht von selbst herabsetzen.
Nimmt man die Rutschhemmung als eine dieser wichtigen, zu erhaltenden Eigenschaften, stellt sich automatisch die Frage: wie kann der Erhaltungszustand der Oberfläche eines Fußbodens im Hinblick auf die Rutschhemmung reproduzierbar geprüft werden?
Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Verfahren zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten
Mit Verabschiedung der EN 13 893 im Februar 2003 „Elastische, laminierte und textile Bodenbeläge; Messung des Gleitreibungskoeffizienten von trockenen Bodenbelagsoberflächen“, die letztlich den Anspruch der DIN EN 14 041 bedient (Gleitreibungskoeffizient im Mittel > 0,30 µ) hat nun das bereits erwähnte und beschriebene Fußbodenglätte-Wegrollwiderstand-Prüfgerät WWTG nach Dipl.-Ing. K. Schuster (in der Fachbranche auch Rutschdackel genannt) ausgedient.
Zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten auf Hartböden, wie Keramik, PVC oder Linoleum wie auch bei textilen Bodenbelägen war man frühzeitig auf der Suche nach Verbesserungen der Prüfgeräte selbst.
Mit dem Prüfgerätemodell „floor slide control -FSC 2000″ lassen sich reproduzierbare Messungen vor Ort durchführen. Das Gerät fährt mit eigenem Antrieb und zieht einen ausgewählten Messgleiter über die Fußbodenoberfläche. Der Gleiter erzeugt an dem Dehn-Mess-Streifen-Balken einen Dehnungsmoment, der gemessen, ausgewertet und als Ausdruck wiedergegeben wird. (Bild 006)
Bild006
 
Dem Stand der Technik entsprechend wurden zwischenzeitlich weitere Entwicklungen entsprechender Prüfgeräte vollzogen und zurzeit scheint sich das Gleitmessgerät GMG 100 bzw. GMG 200 bei den interessierten Kreisen zu etablieren.
Gleitmessgerät GMG 100/GMG 200
Seit dem Jahr 2000 werden im Hause des IFR Köln Gleitreibwerte bzw. Gleitreibungskoeffizienten auf der Oberfläche von Bodenbelägen/Fußböden gemessen und dokumentiert. (Bild 007 und 008)
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Das Messgerät besteht aus einem aktiven Gleitkörper mit auswechselbaren Gleitflächen und einem Befestigungswinkel für den Zugmechanismus. Im Gleitkörper ist die Zugmechanik, einhergehend mit der Elektronik zur Gleitreibungsmessung, integriert sowie von außen sichtbar eine LCD-Anzeige inklusive Laderegler für das Akkupack. Die Gleitkufen (Slider) sind mit verschiedenen spezifischen Materialien (PVC, Gummi, Leder und in Kombination) zu bestücken.
Der Flächendruck der Gleitkufen liegt zwischen 8 und 10 N/m² bei einer Gesamtfläche der Gleitkufen von circa > 7,5 cm².
Die Einzelfläche der Gleitkufen beträgt > 2,5 cm². (Bild 009 bis 011)
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Die Konzeption des Gleitmessgerätes GMG 100/GMG 200 basiert auf der Integration von Messtechnik und Messelektronik. Nach Beendigung jeder Messfahrt werden alle Messwerte in dem Gleitmessgerät gespeichert. Eine Messung besteht aus 5 Messfahrten (Scans).
Die Auswertung und Anzeige erfolgt nach jeder Messfahrt mit den ermittelten Werten innerhalb der gesamten Messstrecke bei einer Geschwindigkeitsabweichung von < 0,1 m/sek. Danach wird jeweils der aktuelle Gleitreibungskoeffizient der einzelnen Messfahrten einer Messung angezeigt.
Nach 5 Messfahrten wird bei Feststellung 5 gültiger Messwerte der Mittelwert aus den drei letzten Messfahrten als gültiger Messwert angezeigt.

Nach diesem Vorgang werden die ermittelten Messwerte auf einem Rechner übertragen und mit der speziellen Software die erweiterte Messdatenauswertung und Archivierung protokolliert.

Während die erste Ausfertigung des Gleitmessgerätes (GMG 100) mit einem Zugseil ausgestattet war, ist die das neue Gleitmessgerät (GMG 200) mit einem Stahlzugband ausgestattet. Hierdurch werden Reibwertschwankungen, insbesondere beim Versuch Messungen auf nassen Böden durchzuführen, reduziert.

Die mit dem Gleitmessgerät festgestellten Gleitreibungskoeffizienten werden protokolliert und die Ergebnisse nach den berufsgenossenschaftlichen Richtwerten für die Rutschhemmung von Fußböden im Betriebszustand entsprechend dem Beschluss des Fachausschusses baulicher Einrichtungen vom 30.11.2004 beurteilt. (siehe Bild 012 und Bild 013 Tabelle)
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Die Entwicklung bleibt nicht stehen
Seit dem Jahr 2000 werden im Hause des IFR Köln Bodenbeläge im Hinblick auf ihr Rutschhemmpotenzial zur Bestimmung des Gleitreibungskoeffizienten mit dem Gleitmessgerät GMG 100/GMG 200 gemäß E DIN 51 131 geprüft und im Anschluss daran die Prüfung der Rutschhemmung auf der Schiefen Ebene gemäß DIN 51 130 bei einem entsprechend geeigneten/zugelassenen Prüfinstitut veranlasst.

Die ermittelten Werte der Rutschhemmung und des Gleitreibungskoeffizienten sind nicht vergleichbar, auch wenn der ein oder andere dem Versuch unterlegen ist, zwischen diesen Werten eine Brücke zu konstruieren.

Der Gleitreibungskoeffizient ist jedoch der einzige normativ zu ermittelnde Wert für die Rutschhemmung von Fußböden im Betriebszustand, der sowohl im Labor als auch vor Ort geprüft/gemessen werden kann.

Bestimmung des Gleitreibungskoeffizienten von Fußböden im Betriebszustand
Dass sich die Rutschhemmung geprüft nach DIN 51 130 oder der Gleitreibungskoeffizient gemessen nach DIN 51 131 im Zuge des Gebrauchs der Fußbodenflächen infolge Verschleiß, Anschmutzung und Auftragen von Pflegeschichten verändert, ist nachvollziehbar.

Diese Veränderung der Oberfläche wirkt sich auch auf die Rutschhemmung und so auf die Gleitreibung aus. Wurde die Fußbodenoberfläche bzw. der entsprechende Bodenbelag bereits im Vorfeld im Labor hinsichtlich des Gleitreibungskoeffizienten bestimmt, können Veränderungen im Betriebszustand kontrolliert und festgestellt werden.

 
Reinigung und Pflege ist wesentlich für den Erhalt der Rutschhemmung
Werden für Fußbodenoberflächen bzw. Bodenbeläge, die mit entsprechender Rutschhemmung geprüft nach DIN 51 130 und/oder E-DIN 51 131 ausgewiesen sind, eingebaut, muss auch die Reinigung- und Pflegeanleitung berücksichtigen, dass die Rutschhemmung im Betriebszustand erhalten bleibt.

Infolgedessen ist es notwendig, dass Reinigungs- und Pflegemittel in der Reinigungs- und Pflegeempfehlung ausgewiesen werden, die für die jeweiligen Bodenbeläge sicherstellen können, dass die Fußbodenoberfläche bzw. der Bodenbelag im Betriebszustand auch rutschhemmend bleibt.

Die meisten der Reinigungs- und Pflegemittelhersteller/-lieferanten haben infolgedessen Reinigungs- und insbesondere Pflegeprodukte für elastische Bodenbeläge wie auch Parkett, Laminat etc. im Rahmen der Möglichkeiten unter Berücksichtigung der DIN 51 130/E DIN 51 131 testen lassen.

Grundsätzlich sollte der Fachmann immer darauf achten, dass bei der Empfehlung von Reinigungs- und Pflegemittelprodukten diesbezügliche Kriterien vom Reinigungsmittelhersteller/-lieferanten berücksichtigt wurden.

Verkehrssicherungspflicht/Reinigung
Der geltenden Rechtssprechung zur Folge ist derjenige, der ein Grundstück oder ein Gebäude Dritten gegenüber zugänglich macht, verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese Dritten keine Schäden durch vorhersehbare Gefahren erleiden. Diese sogenannte Verkehrssicherungspflicht gilt generell.

Sie betrifft auch und insbesondere öffentlich zugängliche Einrichtungen.

Bei Gewerbebetrieben werden die zu beachtenden Verkehrsicherungspflichten durch die bereits genannten Unfallverhütungsvorschriften konkretisiert. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften wird nicht selten direkt bei einem Unfall als Verschulden beurteilt.

Zum Beispiel hat das Oberlandesgericht Nürnberg mit Urteil vom 26.07.2005 – Az.: 3 U 806/05 wie folgt definiert:

„…..
Für Läden des Zuschnitts eines Supermarktes sind Kontrollen der Verkehrssicherheit der Fußböden alle 15 bis 25 Minuten ausreichend.
Eine 5 Minuten vor dem Sturz durchgeführte Sichtkontrolle wird diesen sich aus der Verkehrssicherungspflicht ergebenen Anforderungen gerecht.
…..“
Deutschland in der Rutschhemm-Hysterie?
Ob im privaten Wohnbereich, in öffentlichen Bereichen oder am Arbeitsplatz/an der Arbeitsstätte – die Sicherheit der Menschen und infolgedessen die Gesundheit sollte immer im Vordergrund stehen. Präventivmaßnahmen sind ein Muss und rutschhemmende Bodenbeläge/Fußböden in Bereichen, wo sie erforderlich sind, als Standardanspruch zu wünschen.
 

Das Normungsbestreben zur Rutschhemmung von Fußböden sowie die Entwicklung entsprechender Prüf- und Messgeräte ist kein deutsches Hoheitsgebiet. In England ist die Griffigkeitsmessung mit dem Pendelgerät (siehe Bild 014) speziell in Außenbereichen, (wie auch Parkhäusern etc.) im Einsatz und in USA wird stetig das „Brungraber-Gerät“ (Bild 015) weiterentwickelt.

Bild014Bild15
Was tut sich noch zum Thema Rutschhemmung?
Die Rutschsicherheit auf Treppen und diesbezügliche Prüfverfahren zur Bestimmung der Rutschhemmung von Treppen-Stufenkanten wurde erforscht und der Abschlussbericht zum Projekt „Erarbeitung von Prüfverfahren zur Rutschsicherheit auf Treppen“, Projekt F1639 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlicht. Auf Zukunft gesehen werden auch hier bestimmte, letztlich genormte Prüfverfahren anzuwenden sein, so dass nicht nur Fußbodenoberflächen bzw. Bodenbeläge ein Anforderungsprofil an die Rutschhemmung erfüllen können, sondern auch Stufenkantenprofile aus Kunststoff und Metall.
Rutschsicheres Schuhwerk
Zur Messung der Reibkraft und Bestimmung des dynamischen Reibungskoeffizienten an fertigen Schuhen nach EN 13 287 wird zum Beispiel die Gleitsicherheitsprüfmaschine GSP 3034 eingesetzt.

Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen und rutschfesten Sohlen sind nicht neu – neu ist, dass die im Regelfall nicht immer dem Modetrend entsprechenden Sicherheitsschuhe eine Renaissance erfahren, mit dem Fokus „rutschsichere Technologie“.

Unlängst wirbt ein Hersteller von rutschsicherem Schuhwerk in Europa wie folgt:
„…..

Wir sind so sehr davon überzeugt, dass unsere Schuhe Rutschunfälle am Arbeitsplatz reduzieren (wenn nicht eliminieren), dass wir unsere exklusive Rutschunfallgarantie vorstellen möchten.

Die Garantie erstattet Ihrer Firma alle die mit Fehlzeiten und Schadensersatzklagen verbunden Kosten, die aufgrund von einem Rutschunfall am Arbeitsplatz entstanden sind.

 

……“
 
Zum Schluss
Seit 2 Jahrzehnten kooperiert das IFR Köln mit dem ÖTI Wien (Institut für Ökologie, Technik und Innovation), das unter anderem für die Prüfung der Rutschhemmung entsprechend DIN 51 130 „Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, Begehungsverfahren – Schiefe Ebene“ ausgerüstet und zertifiziert ist.
Zum Thema Rutschhemmung diskutiere und berate ich mit dem stellvertretenden Institutsleiter Herrn Ingenieur Hanspeter Bauer, mit dem ich gemeinsam dieses Thema wie folgt zusammengefasst habe.
Die europäische Bauproduktenrichtlinie und die darauf aufbauenden nationalen Baugesetze definieren unter den sechs wesentlichen Anforderungen an Bauprodukte in einem eigenen Punkt „Nutzungssicherheit“ die Bedeutung der Rutschsicherheit von Belagsoberflächen als wesentliches Kriterium zur möglichst unfallfreien Belagsnutzung. Abgesehen von den jeweiligen nationalen Vorschriften für besonders gefährdete Bereiche (Bäder, Wäschereien, Großküchen udgl.) ist auch in allgemeinen Nutzungsbereichen darauf zu achten, dass keine Belagsoberflächen zum Einsatz kommen, die nicht eine Mindestsicherheit beim normalen Begehen gewährleisten. Solche Beläge sind gemäß DIN EN 14041 – Textile, elastisch und laminierte Bodenbeläge – mit dem Piktogramm „Rutschverhalten“ und dem Zusatz DS gekennzeichnet. Es kann dem Bodenleger in seiner Beratungsfunktion nur empfohlen werden, darauf zu achten, dass nur solche Beläge zum Einsatz kommen, die diese Mindestsicherheit aufweisen. Darüber hinaus sollten bei Reinigungs- und Pflegeempfehlungen nur solche Produkte angegeben werden, die das Rutschverhalten nicht negativ beeinflussen. In diesem Fall sind auch die Hersteller solcher Produkte gefordert, keine Pflegesysteme auf den Markt zu bringen, die die Gehsicherheit verringern. Die normativen und gesetzlichen Grundlagen für gehsichere Belagsoberflächen sind geschaffen und die notwendigen Prüfverfahren verfügbar. Es kann den Planern, Herstellern, Beratern und auch den Bodenlegern nur empfohlen werden, dieser Eigenschaft in Zukunft verstärktes Augenmerk zu widmen und auf die Notwendigkeit der Gehsicherheit, auch im eigenen Interesse, hinzuweisen. Die Prüfung der Trittsicherheit von Fußbodenoberflächen ist allein bei Beachtung haftungsrechtlicher Gesichtspunkte nicht nur für gewerbliche Bereiche, sondern für alle öffentlich zugänglichen Objekte von besonderer Bedeutung. Im Privatbereich ist die Forderung nach Trittsicherheit im Eigeninteresse der Nutzer zu sehen. Dass hierbei die Rutschhemmprüfung eines „halbfertigen Bodenbelages“ als Prüffläche nicht vordergründig als Maßstab dienen kann, ist nachvollziehbar jedoch theoretisch, d. h. normativ gefordert. In der Praxis ist eine Bestätigungsprüfung, ähnlich wie bei der ableitfähigen Verlegung eines Bodenbelages, aussagefähiger als der Laborwert allein. Als Ergänzung zur notwendigen/erforderlichen Standardprüfung nach DIN 51 130 (Schiefe Ebene) ist nun auch mit Erscheinen neuer normativer Grundlagen auf europäischer Ebene die Basis geschaffen, dass Fußbodenoberflächen/Bodenbelag-oberflächen im Betriebszustand, d. h., entsprechend dem Ist-Zustand während der Nutzung/im Gebrauch mit mobilen Gleitmessgeräten nach definierten Vorgaben geprüft und die Rutschhemmung/Gleitsicherheit dokumentiert werden kann.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen „stets sicheren Weg“ bei der Auswahl eines rutschsicheren Fußbodens bzw. Bodenbelages – diese Informationsschrift soll Sie dabei unterstützen.
Richard A. Kille
Institut für Fußboden und Raumausstattung Köln
 

 
Einige wichtige Normen, Merkblätter und Richtlinien
ArbStättV Anhang zu §3 (1)
Arbeitsstättenverordnung
ASR 8/1
Arbeitsstätten-Richtlinie Fußböden
BGR 181
„Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“ von Oktober 1993 aktualisierte Fassung Oktober 2003
 
GUV-R 181
 
 
„Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr“, Ausgabe April 1994 aktualisierte Fassung Oktober 2003
 
GUV-I 8527
„Merkblatt Bodenbeläge für nassbelastete Barfußbereiche“, Ausgabe Juli 1999
 
GUV 16.3
„Richtlinie für Schulen, Bau und Ausrüstung“, Ausgabe 1997
 
ZH 1/535
„Sicherheitsregeln für Büro-Arbeitsplätze“,
Ausgabe Januar 1976
 
EN 13 287
„Elektrisch isolierende Schuhe für Arbeiten an Niederspannungsanlagen“, Ausgabe August 2004
 
EN 13 893
„Elastische, laminierte und textile Bodenbeläge; Messung des Gleitreibungskoeffizienten von trockenen Bodenbelagsoberflächen“, Februar 2003
 
DIN EN 14 041
„Elastische, textile Bodenbeläge und Laminatböden – wesentliche Eigenschaften“, Ausgabe 2004-10-01
 
DIN 51 097
„Prüfung von Bodenbelägen; Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft; Nassbelastete Barfußbereiche, Begehungsverfahren; Schiefe Ebene“, Ausgabe 1992-11
 
DIN 51 130
„Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, Begehungsverfahren – Schiefe Ebene“, Ausgabe 2004-06
E-DIN 51 131
„Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Verfahren zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten“, Ausgabe 2006-06