BEB-Merkblatt Kommentar

Raumausstatter-Ausgabe Mai 2002

Das neue BEB-Merkblatt „Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen“ regt zum Nachdenken an

BEB-Merkblatt – diskutiert und kritisiert

Teilweise erläuterungswürdig – aber nicht desto trotz ein unverzichtbares Regelwerk

Seit Februar 2002 ist es erhältlich, das BEB-Merkblatt „Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen“. Wer das elf Seiten umfassende Werk gelesen hat, merkt sofort, dass einerseits eine fachlich kompetente Ausarbeitung vorliegt, aber andererseits einige Passagen erklärungsbedürftig bleiben. So wird beispielsweise unter Punkt 2.1.2 „Alte Untergründe und vorhandene Bodenbeläge“ der Hinweis, dass auf dem Verlegeuntergrund Rückstände von alten Klebstoffen und Spachtelmassenschichten problematisch sind, als nicht ausreichend gesehen. Ebenso die Anmerkung, dass eine entsprechende Vereinbarung mit dem Auftraggeber erforderlich ist. Auch ist unter Punkt 6.1 „Verlegebedingungen“ nicht erläutert, wie ein Auftragnehmer dafür sorgen soll, drei Tage vor Beginn der Vorarbeiten bis mindestens sieben Tage nach Fertigstellung das angegebene Klima zu halten. Auch die unter Punkt 9 „Raumklima /-luft“ angesprochenen materialspezifischen Eigengerüche, in Abhängigkeit vom Raumklima sind bekannt, wobei sich viele die Frage stellen, was denn nun bei Geruchsbildungen/ -beanstandungen noch getan werden kann.

Interpretationsfreiraum eingrenzen

Nach Auffassung des Verfassers dieses Beitrages ist das BEB-Merkblatt „Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen …“ ein wichtiges, wenngleich nur eines der vielen technischen Regelwerke wie Merkblätter, Richtlinien, Verarbeitungshinweise etc. Die gerechtfertigt hohe Anerkennung der BEB-Merkblätter in der Fußbodenbranche kann dazu führen, dass in einem Streitfall das zwar nicht mit Hoheitsgewalt ausgestattete, letztlich jedoch anerkannte Merkblatt zum Spielball juristischer Formulierungen wird. Die Auslegung einzelner Passagen und die Erläuterungen hierzu werden dabei auch gegensätzlich ausfallen.

Dass Normen, Merkblätter und Richtlinien etc. seit Jahrzehnten die Bodenbelagwirtschaft begleiten, ist nicht neu. Neu ist die Ausprägung der „silbergrauen“ Bezugnahme auf diese technischen Regelwerke, wenn es um Unstimmigkeiten letztlich Streitigkeiten zwischen den Parteien geht.

Hier läuft der Auftragnehmer Gefahr, wiederholt Nachteile zu erfahren, da meistens die „aus dem Bauch“ getroffenen Entscheidungen nicht mit den technischen Regelwerken übereinstimmen. Wir haben selbst erfahren, dass der Bundesverband Estrich und Belag e.V. für jeden konstruktiven Hinweis offen ist, diesen aufnimmt und nicht einfach ablegt, sondern verantwortlich diskutiert. Autoren solcher „Regelwerke“ stehen in der Verantwortung, übereinstimmende Erläuterungen zu formulieren und zu veröffentlichen. Ziel muss es sein, in puncto „Qualität und Know-how“ ein Mindestmaß zu erreichen, das nach bestem Wissen und Gewissen kein Interpretationsfreiraum lässt. Gegensätze in der Auslegung dürfen nicht dazu führen, dass möglicherweise dem Ausführenden ein Nachteil entsteht.

Spachteln ja oder nein?

Das dieses Problem schon länger existiert, zeigt ein Beispiel aus den Erläuterungen zur ATV DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“: Kaum ein Thema ist nunmehr umstritten als die Frage „Muss nun gespachtelt werden oder nicht?“

Bereits 1969 schrieb Erich Rosenbaum Folgendes: „Eine ordnungsgemäße, also normengerechte Bodenbelagarbeit setzt bei den starren Untergründen (schwimmende – und Verbund-Zementestriche, Anhydrit- sowie Gipsestriche, Steinholzunterböden, Gussasphalt-Estriche, Kunststein- und Stampfasphalt-Platten, Terrazzo- und ähnliche alte Nutzböden) im Gegensatz zu den federnden Untergründen (Holzfußböden, Parkettfußböden und dergleichen) immer eine Spachtelung, die in der Regel 1 mm dick sein soll, voraus.“ Zunächst wäre hiermit die Frage, wann, wie und wo gespachtelt werden soll, im Prinzip beantwortet.

Heute, über 30 Jahre später ist dieses Thema mit gleicher Leidenschaft gegenwärtig, wenngleich hierzu in der DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ (Ausgabe Dezember 2000) und unter: „3.3 Vorbereiten des Untergrundes“ Folgendes zu lesen ist:

„…..
Der Untergrund für Beläge, die ohne Unterlage verlegt werden, ist mit Spachtelmasse zu glätten; bei größeren Unebenheiten ist Ausgleichsmasse zu verwenden.
…..“

So eindeutig ist die Vorgabe der DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ wohl nicht: Beispielsweise halten Estrichleger deren Zulieferer argumentativ dagegen, dass bestimmte Anhydrit-Fließestriche oder Zement-Fließestriche in der Oberfläche so glatt sind, dass ein Glätten mit Spachtelmasse gar nicht notwendig ist. Weitergehend wird argumentiert, dass auch keine eindeutige Vorgabe des vollflächigen Spachtelns (Glättens) in der DIN 18 365 beschrieben ist.

Das stimmt so nicht! Dass sich in den frühen Zeiten zementärer Massen die Begriffe „glätten“ und „nivellieren“ durchsetzten konnten, ist historisch bedingt. Eine zementäre Spachtel-, Ausgleichs- und Nivelliermasse erfüllt in der Physik des Klebens der Bodenbeläge eine „tragende Rolle“, so dass der Effekt des Glättens als selbstverständlich vorauszusetzen ist.

Definition Spachtelmasse

Mit Erscheinen des TKB-Merkblattes „Technische Beschreibung und Verarbeitung von zementären Bodenspachtelmassen“, wurde der Oberbegriff „Spachtelmassen“ festgelegt und hierzu erläutert: „Zu Spachtelmassen gehören Produkte, die auch unter Bezeichnungen wie Ausgleichsmassen/Glättmassen/Füllmassen/Feinspachtel- und Nivelliermassen geführt werden.“

Infolgedessen ist eine Glättmasse eben eine Spachtelmasse, die entsprechend dem Punkt III. „Zweck der Spachtelmassen“ Folgendes zu erfüllen hat:

„Spachtelmassen haben die Eignung des Untergrundes für die vorgesehene Verlegeart sicherzustellen. Dazu gehören vor allem Ebenheit/Festigkeit/Saugfähigkeit.“

Somit ist ebenfalls klargestellt, dass eine „Spachtelmasse zum Glätten“ heute eine der wichtigsten Eigenschaften erfüllen muss, nämlich die Saugfähigkeit zu gewährleisten.

Die modernen, emissionsarmen Dispersionsklebstoffe sind mitunter in ihrer Funktion von der definierten Saugfähigkeit des Verlegeuntergrundes abhängig. Da im Regelfall Klebstoff-Lieferanten auch systembezogen entsprechende „Spachtelmassen“ anbieten, ist so der ureigenste Gedanke der Systemsicherheit gegeben.

Letztlich- und da wird der Leser der DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ keiner Täuschung unterliegen, wird unter Punkt 0.3 „Einzelangaben bei Abweichungen von den ATVen“ in der VOB unter Punkt 0.3.2 Folgendes geschrieben: „Abweichende Regelungen können insbesondere in Betracht kommen bei Abschnitt 3.2, wenn erhöhte Anforderungen an die Ebenheit gestellt werden, Abschnitt 3.3., wenn der Untergrund für Beläge, die ohne Unterlage verlegt werden, nicht mit Spachtelmasse geglättet werden soll“.

So sagt der VOB-Text eindeutig aus, dass, wenn der Untergrund für Beläge, die ohne Unterlage verlegt werden, nicht mit Spachtelmasse geglättet wird, eine Abweichung von den allgemeinen, technischen Vertragsbedingungen gegeben ist. Demnach entspricht es der ATV DIN 18 365, wenn der Untergrund für Beläge, die ohne Unterlage verlegt werden, mit Spachtelmasse geglättet wird. Erfolgt dies nicht, ist eine Abweichung von den ATVen gegeben, die allgemein als anerkannte Regeln des Fachs in der Branche angesehen werden.

Dass ein Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten, freiwillig, ohne Aufforderung, von den allgemein anerkannten Regeln des Fachs bzw. von den allgemeinen technischen Vertragsbedingungen abweicht, kann nicht erwartet werden, da im Wechselfall diese Entscheidung zu seinem Nachteil ausgelegt wird. Selbstverständlich kann es sein, dass vertragliche Vereinbarungen bestehen, die, wie auch dargelegt, Abweichungen von den ATVen bewirken; das ist legitim und auch nicht neu.

Hier schreitet auch das neue BEB-Merkblatt ein: Unter dem Punkt 3 „Verlegewerkstoffe“ ist eindeutig definiert, dass zur Untergrundvorbereitung und Verlegung von elastischen und textilen Bodenbelägen, Laminatböden, Parkett und Holzpflaster ist die Verwendung von Grundierungen/Vorstrichen, Spachtelmassen und Klebstoffen notwendig ist. Dass eine Spachtelmasse auch eine glättende Wirkung hat, wird hier als selbstverständlich vorausgesetzt und nicht mehr erwähnt.