Stolperfalle Bodenbelag – Teil I: Anschlüsse und Übergange

Stolperfalle Bodenbelag

Teil I: Anschlüsse und Übergänge

Höhenversätze an Bodenbelagsprofilen sind häufig nicht vermeidbar, festgeschriebene Richtwerte und Toleranzen sind uneinheitlich und in Regelwerken nur schwer zu finden. Wenn der Fußboden zur Stolperfalle wird, gehören Reklamationen vor allem in öffentlichen Bereichen zur Tagesordnung

Tatsächlich lassen sich in Anschlussbereichen zwischen unterschiedlichen Bodenbelägen oder an Übergängen, beispielsweise innerhalb einer Türlaibung, Profile nur schwer verhindern. Mit Aufbauhöhen zwischen knapp zwei und bis zu gut zehn mm können sie je nach Nutzung der Räume störend wirken. Neben der technischen Notwendigkeit entscheidet meist nur die Optik über die Wahl des richtigen Profils. Anforderungen aus Richtlinien oder Normen bleiben unbeachtet, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie kaum zu finden sind.

Auch bei Anarbeitungen sind Übergänge nicht immer zu vermeiden.
Auch bei Anarbeitungen sind Übergänge nicht immer zu vermeiden.

Stolpergefahr bei unsauberen Übergänge in Flächen mit gleichem Belag.
Stolpergefahr bei unsauberen Übergänge in Flächen mit gleichem Belag.

Ein Blick in die DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten schafft da kaum Abhilfe: Unter Punkt 3.1 „Allgemeines“ wird unter anderem ausgeführt, dass Bedenken anzumelden sind bei unrichtiger Höhenlage der Oberfläche des Untergrundes im Verhältnis zur Höhenlage anschließender Bauteile. Zieht man die noch gültigen Erläuterungen von 1988 zu Rate, erfährt man nur, dass das Ausgleichen unrichtiger Höhenlagen nicht in den Verantwortungsbereich des Auftragnehmers fällt. Allerdings gehört es zur eigenen Prüfpflicht, die Höhenlage der zu verlegenden Bodenbeläge im Verhältnis zu bereits vorhandenen oder anderen Belägen zu kontrollieren. Liegen diese zu hoch, sind sie zu beanstanden. Was in diesem Fall „zu hoch“ bedeutet, ist leider nicht erklärt.

Auch aus der DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau“ und den dazugehörigen Merkblättern des ZDB lassen sich keine verbindlichen Angaben herleiten. Ebenso wenig vermag die DIN 18356″Parkettarbeiten“ und der entsprechende Kommentar das Thema einzukreisen. Erst die ergänzenden „Informationen des Fachverbandes des Deutschen Fliesengewerbes“ zur DIN 18 352 „Fliesen- und Plattenarbeiten“ werden konkret: Die zulässige Verlegetoleranz zur Höhe benachbarter Fliesen wird mit einem Millimeter, dem die Materialtoleranz hinzuzurechnen ist, ausgewiesen. In der Summe ist also von einer maximalen Abstufung von knapp zwei Millimeter auszugehen. Wobei sich diese Angabe, wenn richtig interpretiert, nur auf Höhenversätze innerhalb der Fläche bezieht. Abstufungen bei Belagswechsel sind nicht erwähnt.

Stolperstelle ab vier Millimeter

Weitere Hinweise lassen sich aus verschiedenen Verordnungen für öffentlich genutzte Bereiche finden. So wird beispielsweise in der „Arbeitsstättenverordnung zur Umsetzung der EG-Einzelrichtlinie, Arbeitsschutz“ unter anderem ausgeführt: „Fußböden in Räumen dürfen keine Stolperstellen haben, sie müssen eben und rutschhemmend ausgeführt und leicht zu reinigen sein.“ Weiter heißt es: „Stolperstellen können auftreten durch Fugen, schlecht verlegte Bodenbeläge, Leitungen, Abdeckungen.“ Einen konkreten Zahlenwert findet man in den berufsgenossenschaftlichen Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BGR 181 unter Punkt 4: „Als Stolperstellen gelten im Allgemeinen Höhenunterschiede von mehr als vier Millimeter.“ Der gleiche Wert findet sich auch im Merkblatt ZH 1/535 „Sicherheitsregeln für Büro-Arbeitsplätze“ der gesetzlichen Unfallversicherung. Weiterführend wird hier auch angesprochen: „Im Fußboden liegende Anschlussdosen für Elektro- und Telefoninstallationen (Elektranten) müssen in nicht benutztem Zustand fußbodenbündig abgedeckt sein.“ Und weiter: „Gegen sich ablösende oder hochstehende Bodenbeläge müssen Teppichschutzrahmen angebracht werden.

Mit vier Millimeter gibt sich auch die Verwaltungsberufsgenossenschaft zufrieden. Sie empfiehlt in dem Merkblatt SP 6.1 „Sicherheitsgerechte Gestaltung von Verkehrswegen, Fußböden und Treppen“ unvermeidbare Aufkantungen von mehr als vier Millimeter durch Schrägrampen mit einer Neigung von höchstens 12,5 Prozent auszugleichen. Sie schränkt aber auch ein, dass Höhenunterschiede zu benachbarten Rosten oder Bodenbelägen die vier Millimeter nicht überschreiten dürfen.

Treppenstufen sollten bündig sein

Bei der Betrachtung von Stolperrisiken durch Aufkantungen müssen auch die Ausführungen von Treppenkanten berücksichtigt werden. Die verwendeten Profile haben zwei unterschiedliche Aufgaben. Einerseits decken sie den Belag der Tritt- und gelegentlich auch der Setzstufe ab und schützen ihn somit vor frühzeitigem Verschleiß. Andererseits sollen sie die Trittsicherheit erhöhen, ohne jedoch zur Stolperfalle zu werden.

Treppenprofile sollen die Belagkante schützen und für Sicherheit sorgen.
Treppenprofile sollen die Belagkante schützen und für Sicherheit sorgen.

Überstände in Materialstärke des Profiles sind unvermeidbar..
Überstände in Materialstärke des Profiles sind unvermeidbar..

Die Wichtigkeit dieser Funktion wird deutlich, wenn man die Ausführungen des „Merkblattes für Treppen (ZH 1/113)“ des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften beachtet. Diese gingen 1991 davon aus, dass sich pro Jahr etwa 60.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle an oder auf Treppen ereignen. In 2.000 Fällen ist mit bleibenden Körperschäden zu rechnen, etwa 40 Verunglückte starben an den Unfallfolgen. Ein Drittel der Treppen, auf denen sich die untersuchten Unfälle ereigneten, hatte an den Stufenkanten Profile aus Kunststoff, Gummi oder Metall. In etwa sechs Prozent der Unfälle blieben Treppenbenutzer mit ihrem Schuhwerk an diesen Kanten hängen, weil diese bis zu fünf Millimeter gegenüber der Trittfläche überstanden oder beschädigt waren.

Diese Problematik greift auch das bereits genannte Merkblatt SP 6.1 „Sicherheitsgerechte Gestaltung von Verkehrswegen, Fußböden und Treppen“ auf und konkretisiert: „Von besonderer Bedeutung ist die Beschaffenheit der Stufenvorderkanten. Werden sie gerundet ausgeführt, um beispielsweise bei Verwendung textiler Bodenbeläge die Kantenpressung und damit den Verschleiß des Belages an der Stufenvorderkante zu verringern, so sind möglichst kleine Radien für die Abrundungen zu wählen. Kantenprofile sind nur dann sicher, wenn sie möglichst bündig mit der Stufenoberfläche verlegt sind und durch ihre Bauform keine Stolperstelle bilden.“

Beispiel: Nach der Renovierung des Treppenaufganges eines Hotels beschwerten sich vor allem Stammgäste über die „zugenommene Stolpergefahr“ beim Begehen. Als Treppenkante wurden Aluminimum-Einschubprofile mit geriffelter Oberfläche eingesetzt, in die der Teppichboden der Trittstufe sowie die verlegte Unterlage eingepasst wurde. Bedingt durch die Ausführung des Profils wurden Höhenunterschiede zwischen Teppichoberfläche und Profiloberkante von ein bis zwei Millimeter festgestellt. Auf Befragen der verunsicherten Hotelgäste wurde mitgeteilt, dass vor der Renovierung Tritt- und Setzstufe aus einem Stück gefertigt waren. Der Teppichboden wurde also ansatzfrei in kleinem Radius um die Treppenkante herumgeführt. Da die Ausführung dem Stand der Technik entspricht, ist davon auszugehen, dass es sich bei der bemängelten Stolpergefahr um eine subjektive Wahrnehmung handelt, die insbesondere auf die veränderten Nutzungsgewohnheiten zurückzuführen ist.

Vorgehen in der Praxis

Für die praktische Umsetzung kann also ein Höhenunterschied im Bereich eines Belagwechsels oder eines Profils innerhalb der Bodenbelagebene von maximal vier Millimeter als Toleranz angesehen werden. Somit sind auch handelsübliche Profile als geeignet anzusehen, flachere Varianten sollten bei gleicher Eignung höher gewölbten vorgezogen werden.

Einschubprofile haben sich gut bewährt.
Einschubprofile haben sich gut bewährt.

Bei Treppenkanten ohne Profil, die mit Teppichboden belegt werden, ist auf die gerundete Vorderkante zu achten. Der Radius sollte ungefähr dem einer Zwei-Euro-Münze entsprechen. Werden Übergangsprofile verarbeitet, sollten diese zwar ausreichend rutschfest sein, gleichzeitig aber auch weitgehend bündig mit der Belagsoberfläche abschließen. Aufkantungen von mehr als 2 Millimeter sind zu vermeiden.

Grundsätzlich ist es empfehlenswert die Art und Ausführung der Profile, Belagswechsel oder Treppenkanten mit dem Auftraggeber abzusprechen. Anhand von Mustern oder Detailzeichnungen, die beinahe jedem Profil-Katalog zu entnehmen sind, lässt sich dem Kunden die geplante Ausführung näher bringen. Vor allem beim Ausgleich höherer Aufkantungen, beispielsweise beim Anschluss von Parkett an Teppichboden, sind diese Hinweise unverzichtbar.

Als alles entscheidend ist die Verarbeitung anzusehen. Schlecht eingepasste oder unzureichend befestigte Profile sehen nicht nur unschön aus, sondern bergen auch ein hohes Unfallrisiko. Bei der Vielzahl angebotener Ausführungsvarianten ist das Produkt auf die Bodenbeläge und die geforderte Funktion abzustimmen. Auf eine dauerhafte Befestigung auf ebenem Untergrund und die exakte Anarbeitung der Beläge ist zu achten.