Fertigteilestriche richtig verarbeiten

Um einen verlegereifen Untergrund zur Aufnahme von Bodenbelägen herzustellen sind insbesondere beim stetig zunehmenden Bauen im Bestand individuelle Lösungen gefragt. Als Alternative zum Einsatz klassischer Verlegewerkstoffe wie Spachtelmassen eignen sich in bestimmten Einsatzbereichen auch sogenannte Fertigteilestriche. Diese bestehen im Allgemeinen aus vorgefertigten Platten (Modulen) auf Holzwerkstoff-, Calciumsulfat­ oder Zementbasis.

Neue Lastverteilungsplatte

Fertigteilestriche werden überwiegend schwimmend verlegt. Dabei werden die einzelnen Platten an den Fügeflächen kraftschlüssig miteinander verbunden, beispielsweise über eine Nut-/Feder-Konstruktion oder einen Stufenfalz. Durch die geschlossene Verlegeeinheit entsteht eine neue Lastverteilungsplatte, die sich auf einer zuvor eingebrachten Zwischenlage (Dämmung, Schüttung) frei bewegen kann. Besonderheit: Holzwerkstoffplatten können unter bestimmten Bedingungen auf Balkenlagen oder auf (alten) Holzböden verschraubt werden. Auch bei dieser Montagetechnik ist eine umlaufende Randfuge zu allen Wänden, Rohren und Ähnlichem einzuhalten.

FALSCHE VERARBEITUNG
In einem Krankenhausflur ist die calciumsulfatgebundene Fertigteilestrichplatte im Bereich eines Bewegungsfugenprofils gebrochen.

Es zeigt sich, dass die gebundene Schüttung nicht korrekt eingebracht wurde: Das Estrichelement liegt teilweise auf der Schüttung und teilweise auf einer starr angespachtelten Rampe auf.

Fertigteilestriche sind nicht mit Systemböden zu verwechseln. Als Systemböden bezeichnet man zum Beispiel aufgeständerte Doppelböden oder Hohlböden als Nass- und Trockenhohlböden.

Nicht alle Systeme sind genormt

Die hier beschriebenen Fertigteilestriche fallen nicht unter den Geltungsbereich der DIN 18 560 „Estriche im Bauwesen“. Vielmehr werden Systeme auf Calciumsulfatbasis in der Norm DIN EN 15 283 „Faserverstärkte Gipsplatten“ sowie in der DIN EN 14 190 „Gipsplatten-Produkte aus der Weiterverarbeitung“ beschrieben. Zementgebundene Fertigteilestriche sind entweder in der DIN EN 12 467 „Faserzement-Tafeln“ definiert oder über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) geregelt.

Holzwerkstoff-Platten sind unter anderem in der DIN EN 300 „Platten aus langen, schlanken, ausgerichteten Spänen (OSB)“, der DIN EN 312 „Spanplatten“ oder der DIN EN 634-1 „Zementgebundene Spanplatten“ beschrieben.

Fertigteilestriche werden häufig als Komplettsystem angeboten, zum Beispiel mit einer passenden, ausreichend dicken Schüttung, um Unebenheiten des Untergrunds auszugleichen. Die Verarbeitungshinweise des jeweiligen Anbieters sind immer zu beachten sowie die einschlägigen Normen und Merkblätter bei der anschließenden Verlegung von Bodenbelägen und Parkett auf Fertigteilestrichen.

HOHE BELASTUNG
Bei stetig wiederholtem Lasteintrag federte die Platte so lange, bis sie einem Ermüdungsbruch erlag.

Prüfpflichten des Untergrunds beachten

Ein besonderes Augenmerk sollte auf den Untergrund, auf dem die Fertigteilestrich-Konstruktion aufgebaut werden soll, gelegt werden. Jedem muss klar sein, dass man unter einer neuen Lastverteilungsschicht keine nassen Betondecken, keine maroden Estriche oder lose liegende Holzdielen „beerdigen“ kann. Zur Beurteilung der Beschaffenheit des Untergrunds kann man sich an den Prüfpflichten der DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ orientieren.

Konkreter formulieren es unter anderem die Merkblätter „Fertigteilestriche aus Holzwerkstoffen – Holzspan- und OSB-Platten“ sowie „Fertigteilestriche auf Calciumsulfat­ und Zementbasis“ des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB). Zu empfehlen sind ebenfalls das TKB-Merkblatt 10 „Bodenbelags- und Parkettarbeiten auf Fertigteilestrichen – Holzwerkstoff- und Gipsfaserplatten“ der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) und das Technische Hinweisblatt 4 „Parkett- und Bodenbelagarbeiten auf Fertigteilestrichen auf OSB- und Holzspanplatten“ des Bundesverbandes Parkett und Fußbodentechnik (BVPF).

Einsatzbereich entscheidet

Welche Fertigteilestrich-Konstruktion zum Einsatz kommt, hängt entscheidend von den geplanten Nutzlasten und den vorgesehenen Bodenbelägen ab. So müssen beispielsweise eingebrachte Ausgleichsschichten im eingebauten Zustand eine gebundene Form sowie Lagestabilität aufweisen und ebenso wie die verwendeten Platten den zu erwartenden Belastungen standhalten. Bestimmte Systeme können Anforderungen an den Wärme-, Trittschall- und Brandschutz erfüllen oder für die Verlegung über Fußbodenheizungen freigegeben werden. Bei allen Ausführungen ist sicherzustellen, dass der neue Aufbau keine bauphysikalischen Probleme wie Tauwasserbildung oder Auffeuchtung verursacht.

So dürfen beispielsweise auf alten Holzbalkendecken keine Feuchtesperren oder Dampfbremsen eingebaut werden, auf eine ausreichende Hinterlüftung ist zu achten. Bauwerksfugen sind zu übernehmen, Raumeinheiten (innerhalb der Türlaibung) zu trennen. Auch bei der Erstellung von Fertigteilestrichen sind die bauklimatischen Bedingungen – 75 Prozent relative Luftfeuchte und 15 Grad Raum- und Bodentemperatur – einzuhalten.

UNTERGRUNDVORBEREITUNG UNGENÜGEND
Nach dem Entfernen der gebundenen Schüttung war erkennbar, dass auf der Betondecke eine Bitumenbahn ausgelegt war, die keinen vollflächigen, kraftschlüssigen Verbund zum Untergrund aufwies.

Wissenswertes

„Unabhängig von der Tragfähigkeit des Fertigteilestrichs muss bei einer schwimmenden Verlegung des Fertigteilestrichs die Mindestdicke der Platten für zu klebende Parkettböden die doppelte Dicke der Parkettelemente betragen“, heißt es unter anderem im Technischen Hinweisblatt 4 „Parkett- und Bodenbelagarbeiten auf Fertigteilestrichen auf OSB- und Holzspanplatten“ des Bundesverbandes Parkett und Fußbodentechnik (BVPF), das zum Download bereitgestellt wird:
www.bv-parkett.de

Im BEB-Merkblatt „Fertigteilestriche auf Calciumsulfat­ und Zementbasis“ wird darauf hingewiesen, dass „sich mit Fertigteilestrichen Anforderungen an den Wärme-, Trittschall- und Brandschutz erfüllen lassen, die gegebenenfalls durch den Fachplaner nachzuweisen sind. Die Vorgaben aus den Systemprüfungen der Hersteller sind zu beachten.“
Das Merkblatt kann beim Bundesverband Estrich und Belag bestellt werden:
www.beb-online.de

Fazit

Der Einbau von Fertigteilestrichen erfordert detaillierte Fachkenntnisse und viel Erfahrung bei der Auswahl der geeigneten Konstruktion – eine anwendungstechnische Beratung ist grundsätzlich zu empfehlen. Systemanbieter stellen Checklisten zur Verfügung, die bei der Ermittlung des richtigen Aufbaus unterstützen können.

Kurzgefasst ergibt sich die Eignung eines Fertigteilestrichs aus der vorgesehenen Nutzung (Belastung), der Art und Beschaffenheit des Untergrunds und der zu verlegenden Bodenbelagsart – ein festverklebtes Parkett stellt andere Anforderungen als ein fixierter Teppichboden.

Tipp: Fertigteilestriche sind nach Fertigstellung zügig zu belegen oder durch geeignete Maßnahmen vor Feuchteeinwirkung, Verschmutzung oder mechanischer Beschädigung zu schützen. Dies kann als eine „Besondere Leistung“ in Rechnung gestellt werden.