„Freie Feuchte“ mit der KRL-Methode bestimmen

Auch wenn die Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte, kurz KRL-Methode, noch keinen Einzug in die aktuelle Kommentierung der DIN 18 365 gehalten hat, gewinnt sie zunehmend an Bedeutung. Diese unter anderem in den USA und in England über Jahrzehnte praktizierte hygrometrische Materialklimamessung zur Bestimmung der Verlegereife von mineralischen Untergründen war bisher in Deutschland nicht populär.

Im IFR Köln ist sie als „Bohrloch-Methode“ seit 25 Jahren Bestandteil des Mess-Prozederes und erstmals projektbezogen zur Bestimmung der relativen Feuchte von Betonböden nach der Norm BS 8201/4 herangezogen worden. Darin heißt es: „Ein Betonfußboden wird als ausreichend trocken zur Verlegung eines Fußbodens angesehen, wenn die relative Feuchte einer kleinen Menge Luft im Feuchtegleichgewicht mit dem Fußboden 75 % nicht überschreitet.“ Die Messung, beispielsweise nach dem Protimeter-System, ist einfach: höhenjustierbare Messhülsen (Korbdübel) werden in passende Bohrlöcher eingelassen und mit einem Deckel verschlossen. Innerhalb der Korbdübel wird die Luftfeuchte gemessen und bei Werten unter 75 % die Fußbodenkonstruktion in der Regel als belegreif betrachtet.

Umfassendere Aussagen ermöglichen

In letzter Zeit haben sich zwei Prüf- und Messgeräteanbieter für die KRL-Methode starkgemacht: Frank Radtke, Dr. Radtke CPM Chemisch-Physikalische Messtechnik, Schweiz, der diesbezügliche Forschungsarbeit geleistet und entsprechende Prüf- und Messgeräte entwickelt hat, und Alfred Puchegger, FP Floor Protector, Österreich, mit der entwickelten „HM-Box“. Bei allen Bemühungen um die KRL-Methode geht es nicht darum, die bewährte Feuchtegehaltsmessung nach der Calciumcarbid-Methode infrage zu stellen, sondern vielmehr darum, eine weitestgehend zerstörungsfreie Messmethode anzuwenden, die umfassendere Aussagen zur Ausgleichsfeuchte des Untergrunds ermöglicht.

Denn die KRL-Methode führt, parallel und ergänzend zur CM-Methode angewandt, zu der Erkenntnis, dass nicht nur der Feuchtegehalt eines mineralischen Untergrundes für die Belegreife wichtig ist, sondern auch die noch vorhandene freie Feuchte. Diese kann mit Erreichen des Feuchtegrenzwertes der Belegreife die Funktionsweise von Vorstrich, Spachtelmasse oder Klebstoff tangieren. Die Frage nach der vorhandenen freien Feuchte beziehungsweise der korrespondierenden relativen Luftfeuchte ist im Zusammenhang mit mineralischen Estrichen, die zur Optimierung der Festigkeitsentwicklung und des Trocknungsverlaufes mit Zusatzmitteln ausgestattet sind, für Sachverständige von besonderer Bedeutung.

Zurzeit besteht mit den Zusatzmittelprodukten für mineralische Estriche nur sehr selten die Möglichkeit, später auf einfache Weise den Nachweis zu erbringen, ob das bestimmte Zusatzmittel tatsächlich verwendet wurde und wenn ja, ob die Dosierung vorgabegemäß erfolgte. Ein Beispiel:

Estrich mit Zusatzmittel

In unserem teilfiktiven Fall sollen in einem neu gebauten Wohnhaus auf zementären Heizestrichen Kunststoff-Designbodenbelag-Planken verlegt werden. Der Zementestrich ist mit einem „Hochleistungsbeschleuniger“ modifiziert, um eine Belegreife bereits nach 10 bis 13 Tagen sicherzustellen. Der Hersteller gibt die Belegreife des modifizierten Estrichs mit 2,7 CM-% an. Der Bodenleger folgte dieser Vorgabe und beginnt nach Messung der Belegreife mit der Untergrundvorbereitung und dem anschließenden Verkleben der Beläge. Nach gut einem Dreivierteljahr zeigten sich Veränderungen in der Oberfläche der Bodenbeläge.

Im Rahmen der Ursachenforschung wurde die korrespondierende relative Luftfeuchte gemessen. Da es sich um eine Fußbodenheizungskonstruktion handelte, einerseits unterhalb einer Bodenbelagplanke (83 % bei 23 °C) und andererseits mittels Messglocke direkt auf der Estrichoberfläche im Bereich einer Belagsöffnung (94 % bei 21 °C). Das Raumklima wurde mit 21 °C bei einer relativen Luftfeuchte von rund 46 % festgestellt. Das ergänzend eingesetzte elektronische Prüfgerät zeigte einen Wert von „2,7 % H2O“ auf der Estrichoberfläche an.

Sekundäre Ettringit-Bildung

Zweifelsfrei war erkennbar, dass die erhöhte Feuchte des Estrichs auf die Verlegewerkstoffschichten eingewirkt hat. Dies führte dazu, dass die zementäre Spachtelmasse mit dem sogenannten „kristallinen Wasserbinder“ (Ettringit-System) eine Nachkristallisation beziehungsweise eine sekundäre Ettringit-Bildung erfuhr. Daraus folgte eine Volumenvergrößerung im Gefüge und infolgedessen die Verminderung der Festigkeit und schließlich die Verformung und Ablösung der Beläge.

Ursächlich ist, wie die erhöhten Messwerte zum Ortstermin zeigten, dass der Estrich zum Zeitpunkt der Verlegung eine zu hohe freie Wassermasse aufgewiesen haben muss – auch wenn der CM-Wert mit 2,7 % den Vorgaben des Estrichzusatzmittel-Herstellers entsprochen hat. Das freie Wasser führte nach der Bodenbelagsverlegung zu einer überhöhten relativen Luftfeuchte im Untergrund und in der Folge zum Schaden innerhalb der Ausgleichsmasse.

Das sagt die Norm

Aspekte der Untergrundprüfung sowie verschiedene Methoden zur Bestimmung der Verlegereife werden in den Merkblättern der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) dargelegt.

TKB-Merkblatt 8 „Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen für Bodenbelag- und Parkettarbeiten“, April 2015

TKB-Merkblatt 16 „Anerkannte Regeln der Technik bei der CM-Messung“, März 2016

TKB-Bericht 2 „Belegreife und Feuchte – Die KRL-Methode zur Bestimmung der Feuchte in Estrichen“, Juli 2013

TKB-Bericht 3 „Belegreife und Feuchte; Geeignete Messgeräte zur Feuchtebestimmung nach der KRL-Methode“, Februar 2016.

Alle TKB-Veröffentlichungen finden Sie im Menübereich Informationen/Publikationen/Merkblätter/Bauklebstoffe unter www.klebstoffe.com.

1. Schaden
Ein auf einem zementären Heizestrich verklebter Designbelag zeigte nach einem Dreivierteljahr Veränderungen in der Oberfläche

2. Messung
Die Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte ergab unterhalb einer Bodenbelagplanke 83 % bei 23 °C und direkt auf der Estrichoberfläche 94 % bei 21 °C

3. Folge
Die erhöhte Feuchte des Estrichs führte dazu, dass die zementäre Spachtelmasse eine Nachkristallisation beziehungsweise eine sekundäre Ettringit-Bildung erfuhr

4. Überprüfung
Eine elektronische Feuchtigkeitsprüfung zeigte einen Wert von „2,7 % H2O“ auf der Estrichoberfläche an

Fazit

Hätte der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten die Möglichkeit gehabt oder genutzt, neben der CM-Messung auch die korrespondierende relative Luftfeuchte zu messen, wäre ihm der Anteil an „freier Feuchte“ aufgefallen. In dem TKB-Bericht 2 „Belegreife und Feuchte – die KRL-Methode zur Bestimmung der Feuchte in Estrichen“, Stand Juli 2013, heißt es: „Nach derzeitigem Kenntnisstand stellen sich im Bereich der Belegreife bei unbeheizten Estrichen Messwerte unterhalb 75 % relativer Feuchte, bei beheizten Estrichen unterhalb von 65 % relativer Feuchte ein.“

Der ergänzende Weg, parallel zur Feuchtegehaltsmessung nach der CM-Methode also auch die Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte vorzunehmen, dient der Sicherheit des Auftragnehmers – nicht nur, wenn die Zusammensetzung oder das Trocknungsverhalten des Estrichs unklar ist.