Materialeignung überprüfen

Auftragnehmer muss den vorhergesehenen Verwendungszweck prüfen

Vor allem im Objektgeschäft kommt es immer wieder vor, dass die tatsächliche Ausführung von Bodenbelagsarbeiten nicht mehr mit der ursprünglichen Planung übereinstimmt. Häufig ergeben sich Änderungen bei der gewünschten Verlegeart: War anfangs beispielsweise noch eine vollflächige Klebung vorgesehen, so müssen tatsächlich Doppelbodentrassen wiederaufnahmefähig verlegt werden. Aber auch die letztlich eingesetzte Bodenbelagsqualität entspricht oft nicht der an sich geplanten: Farbe, Konstruktionsart oder technische Eigenschaften werden im Zuge des Baufortschritts den Gegebenheiten angepasst, häufig unter dem Einfluss massiven Preisdrucks.

Auf dem Bodenleger lastet bei solchen Veränderungen eine hohe Verantwortung, schuldet er doch in jedem Fall eine einwandfreie Leistung unabhängig von den geänderten Gegebenheiten. Auch muss er die Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck prüfen und gegebenenfalls Bedenken anmelden. Am teilfiktiven Beispiel wird deutlich, worauf der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten zu achten hat.

In dem Neubau eines Verwaltungsgebäudes soll ein textiler Bodenbelag als Flachgewebe verlegt werden. Bei dem Teppichboden handelt es sich um eine gewebte, rund vier Millimeter dicke Konstruktion mit ripsartiger Oberfläche/Nutzschicht (Bilder 1 und 2).

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Bild 1
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Bild 2

Entsprechend den Vorgaben des Auftraggebers soll der Teppichboden in Teilbereichen vollflächig mit dem Untergrund verklebt und in anderen Bereichen lose auf Doppelbodentrassen verlegt werden. Dazu wird die beschriebene Ware einerseits mit textilem Zweitrücken zur Verklebung bestellt und andererseits mit einer so genannten rückseitigen Objektschaum-Ausstattung zur Wiederaufnahme-Verlegung. Der Wandabschluss bzw. der Wandsockel wurde als Kettelsockelleiste aus dem gleichen Material hergestellt (Bild 3).

 

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Bild 3

Fugen im Randbereich

Die Bahnenware mit textilem Zweitrücken wurde vollflächig auf einem zementären Untergrund verklebt. Die rückseitig mit Objektschaum ausgestattete Ware wurde in zwei Meter breite und ebenso lange Bahnen geschnitten und als „Platinen“ auf den Doppelbodentrassen verlegt. Um die Wiederaufnahmefähigkeit zu gewährleisten wurden die „Platinen“ mit einer sogenannten „Rutschbremse“ am Untergrund fixiert.

Während der Übergang zwischen der verklebten Bahnenware und dem Kettelsockel überwiegend optisch einwandfrei vorliegt (Bild 3), zeigt er in den Teilbereichen der wiederaufnahmefähig verlegten Ware unschöne Fugen (Bilder 4 bis 6).

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Bild 4
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Bild 5

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Bild 6

Kettelsockel zu dünn

Auch wenn die Fugen überwiegend durch einen unsauberen Randanschnitt verursacht wurden (Bilder 4 bis 6) ist bei genauerer Betrachtung die eingesetzte Teppichbodenqualität für den vorgesehenen Verwendungszweck ungeeignet.

Kettelsockel aus einer nur vier Millimeter „dünnen“, flach gewebten Teppichbodenqualität sind nicht in der Lage, Randfugen dauerhaft zu überdecken. Auch bei fachgerechter Verlegung und Klebung können normengerechte Schrumpfungen des Teppichbodens dazu führen, dass Randfugen sichtbar werden.

In diesem Fall hätte sich angeboten, ein breiteres Sockelleisten-Profil einzusetzen, in das ein Teppichstreifen eingeklebt wird. Alternativ hätte man den gekettelten Teppichstreifen mit einer keilförmigen Holz- oder Kunststoffleiste unterfüttern können, die eine größere Fugenüberdeckung gewährleistet.

Konstruktionsart ungeeignet

Ungeachtet dieses Verarbeitungsfehlers ist die gewählte Konstruktionsart des Teppichbodens für eine „lose“ Verlegung ungeeignet. Einerseits sagt die Verlegeanleitung unmissverständlich, dass der Einsatz einer Haftfixierung („Rutschbremse“) nicht möglich ist. Andererseits ergibt sich aus der normativen Einstufung der Teppichboden-Qualität, dass sie nicht zur „losen“ Verlegung geeignet ist.

Die Ware hat eine Maßbeständigkeit entsprechend DIN EN 1307 „Textile Bodenbeläge – Einstufung von Polteppichen“, die mit einem Schrumpf von im Mittel < 0,8 % in jede Richtung begrenzt ist.

Die Normtoleranz billigt beispielsweise auf zwei Meter Bahnenlänge oder -breite eine maximale Maßänderung in Form von Schrumpf bis 16 mm zu. Wird eine solche Ware lose verlegt statt fest verklebt, sind Fugen – wie auf den Bildern 7 und 8 zu sehen – unumgänglich.

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Bild 7
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Bild 8

Demgegenüber weisen lose legbare oder wiederaufnehmbar verlegte Fliesen, die im Anhang A der DIN EN 1307 „Zusätzliche Anforderungen an Teppich-Fliesen“ genormt sind, im Hinblick auf die Maßbeständigkeit eine Toleranz im Mittel < 0,2 % auf. Das heißt, bei einer Flächengröße von zwei Metern Länge und zwei Metern Breite ist ein Schrumpf in beiden Richtungen von maximal vier Millimetern zulässig.

Bedenken anmelden

Entsprechend den Regeln des Fachs und der VOB DIN 18 299 „Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art“ muss der Auftragnehmer seine Bedenken hinsichtlich der Güte und Beschaffenheit oder der Eignung der Materialien für den vorgesehenen Verwendungszweck seinem Auftraggeber mitteilen.

Im „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18 299 – Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art“ heißt es unter Punkt 2.1.3 unter anderem: „Der Auftragnehmer muss das Fachwissen über einzubauende Stoffe und Bauteile haben, um beurteilen zu können, ob sie für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet sind, ob sie auf dem vorhandenen Untergrund angebracht werden können und ob sie die zugesicherten Eigenschaften besitzen. Im Zweifelsfall sollte sich der Auftragnehmer vorher bei dem Vorlieferanten nach den Eigenschaften erkundigen und den genauen Verwendungszweck angeben. Dieses Problem muss bereits bei der Bestellung der Baustoffe klargelegt werden, damit der Lieferant unter Umständen auf den eingeschränkten Verwendungszweck hinweisen kann.

Einverständnis des Auftraggebers einholen

Im „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18 299 – Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art“ heißt es unter Punkt 2.3.3: „Stoffe und Bauteile, die nach den deutschen behördlichen Vorschriften einer Zulassung bedürfen, müssen amtlich zugelassen sein und den Zulassungsbedingungen entsprechen.“ Dazu wird auch ausgeführt: „Hat der Auftragnehmer die für seine Leistung erforderlichen Stoffe und Bauteile zu liefern, so gilt weiter, dass diese Stoffe und Bauteile den DIN-Güte- und Maßbestimmungen entsprechen müssen, soweit für die gelieferten Stoffe und Bauteile DIN-Normen bestehen.“

In der vorliegenden ATV wird aber auch der Fall angesprochen, dass Stoffe und Bauteile zur Verwendung kommen sollen, für die weder DIN-Normen bestehen, noch eine amtliche Zulassung vorgeschrieben ist. Hierzu heißt es: „Es muss in jedem Falle das Einverständnis des Auftraggebers eingeholt werden, bevor mit der Verarbeitung nicht genormter oder amtlich nicht zugelassener Stoffe und Bauteile begonnen wird.“

Fazit

Der Bodenleger ist als planender, aber auch als ausführender Auftragnehmer in der Pflicht, die geplanten Materialien und deren Verwendungszweck auf Eignung zu prüfen. Nur mit dem Einverständnis des Auftraggebers ist es möglich, auch nicht zugelassene oder genormte Produkte zu verarbeiten.