Teppichboden kleben

Standardleistung oder Herausforderung?

Für den Raumausstatter gehört das Verlegen und Kleben textiler Bodenbeläge zum Alltagsgeschäft, das an sich keine große Herausforderung darstellt. Von Fall zu Fall sind aber dennoch knifflige Aufgaben bei der Verarbeitung rapportgemusterter Teppichböden oder solcher mit mikrofeinen Schlingenpolschichten zu lösen. Das eigentliche Kleben eines Tufting-Teppichbodens mit Textilgeweberückenausstattung gerät im Hinblick auf den handwerklichen Anspruch hierbei in den Hintergrund. In der Vergangenheit führten Konstruktionseigenschaften von textilen Bodenbelägen unter anderem im Hinblick auf die Maßbeständigkeiten zu Diskussionen und infolgedessen auch zu der Frage: „Was ist ein guter Teppichklebstoff?“ Schälwiderstandskräfte und Scherzugkräfte sowie diesbezügliche Anforderungen wurden diskutiert.

Die Norm ist nicht der Maßstab

Verlegewerkstoffhersteller bieten heute für jeden Anwendungsbereich ein System an, sodass der Bodenleger Vorstrich, Spachtelmasse und Klebstoff aufeinander abgestimmt erhält, zum Teil spezifiziert für bestimmte textile Bodenbeläge und in emissionskontrollierter Rezeptur. Der gewählte Systemaufbau muss gewährleisten, dass die Eigenschaften eines Teppichbodens, wie extreme Strapazierfähigkeit, Stuhlrolleneignung, Sprühextraktions- und Shampooniereignung, im geklebten Zustand geboten werden.

Der überwiegende Teil der im Handel erhältlichen Teppichböden zeigt so gute Liegeeigenschaften, dass sie insbesondere im privaten Wohnbereich häufig „nur“ fixiert werden, oder sogar nur lose, mit im Randbereich verwendeten doppelseitigem Klebeband, verlegt werden. Solange die so verlegten Teppichbodenflächen maßbeständig sind und vor allem keine Ausdehnungen und in der Folge Aufwölbungen oder Beulen zeigen, ist der Auftraggeber/Nutzer zufrieden und erfreut sich beim späteren Renovierungsfall an einem leicht entfernbaren Teppichboden.

Allerdings stellt die DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“ sinngemäß klar, dass ein Bodenbelag vollflächig zu kleben ist und der Klebstoff so beschaffen sein muss, dass durch ihn eine feste und dauerhafte Verbindung erreicht wird (siehe unten).

Bei allen – mithin auch berechtigten – Diskussionen über die Eigenschaften textiler Bodenbeläge und der zu verwendenden Klebstoffe, ist der Maßstab aus Sicht der „Boden-Profis“ nicht die Norm selbst, sondern die Herstellung eines mangelfreien Gewerks, letztlich ein im Ergebnis zufriedener Kunde. Ein Beispiel, wenn’s schief läuft:

In den Büroräumen eines Berliner Altbaus wurden einige hundert Quadratmeter Teppichboden auf verschiedene gespachtelte Untergründe verklebt. Kurze Zeit nach Nutzungsaufnahme wurden auftraggeberseits innerhalb der Teppichbodenflächen überwiegend in eine Richtung verlaufende, wulstartige Beulenbildungen sowie knickfaltenähnliche Verformungen reklamiert (Bilder 1 und 2).

Bild 1
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Bild 2
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Es wurde festgestellt, dass sich auf dem Untergrund kleine, dünne Klebstoffriefen befinden, auf/in denen sich die Textur des Textilrückengewebes der Tufting-Teppichbodenkonstruktion reliefartig eingepresst hat.

Eine Klebung bzw. ein kraftschlüssiger Verbund zwischen der Rückseite des Teppichbodens und dem Untergrund fand nicht statt (Bilder 3 bis 5).


 
Bild 3
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Bild 4
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Bild 5
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Die Klebstoffriefen auf dem gespachtelten Untergrund waren auffällig dünn und zeigten gleichermaßen einen großen Abstand zueinander, der mit rund vier Millimetern gemessen wurde (Bilder 6 bis 7).


 
Bild 6
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Bild 7
Bild 7

Die schmalen/dünnen und mit rund vier Millimetern weit auseinander stehenden Klebstoffriefen verdeutlichen dem versierten Betrachter, dass entweder keine der empfohlenen Spachtelzahnungen der Größe TKB B2 oder TKB B1 verwendet wurde oder die Spachtelzahnungen erheblich abgenutzt waren (siehe unten).

Probeklebung gibt Sicherheit

Textile Bodenbeläge wie Tufting-Teppichböden sind mit unterschiedlich grob strukturiertem TR-Gewebe oder einem Vlies ausgestattet. In Abhängigkeit der Strukturbeschaffenheit eines TR-Gewebes oder der Saugfähigkeit eines Rückenvlieses ist der Bedarf an Klebstoffmenge, die für einen kraftschlüssigen Verbund des Teppichbodens zum Untergrund hingehend erforderlich ist, unterschiedlich.

Das wissen auch Klebstoffhersteller und definieren den Verbrauch und den Einsatz einer Spachtelzahnung variabel je nach Rauigkeit des Untergrundes und Beschaffenheit der Belagrückseite, zum Beispiel mit den Zahnungen TKB A2, TKB B1 oder TKB B2.

Eine Garantie ist diese Empfehlung aber nicht: Der versierte Bodenleger wird sich bei der Klebung – nach dem Anreiben des Teppichbodens – in einem Eckbereich davon überzeugen, dass eine ausreichende und vollflächige Benetzung des Klebstoffes an der Teppichbodenrückseite vorliegt. Ist dies nicht der Fall, muss er geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine fachgerechte Klebung sicherzustellen.

Bei dem dargelegten Beispiel war diese Vorgehensweise wohl nicht der Fall, und erschwerend kam hinzu, dass für den Sachverständigen nachvollziehbar die Teppichbodenbahnen aufgerollt durch das Treppenhaus transportiert und zum Teil geknickt wurden: Wird ein aufgerollter Teppichboden geknickt, entsteht auf der einen Seite eine Überdehnung, die im Regelfall eine wulstartige Beulenbildung zur Folge hat, und auf der anderen Seite eine knickfaltenartige Stauchung, die im Regelfall Faltenbildungen zur Folge hat.

Einige Teppichbodenkonstruktionen, die derart überansprucht und letztlich mechanisch beschädigt worden sind, zeigen die daraus resultierenden Verformungen auch nach optimaler Klebung, obwohl sie unmittelbar nach der Klebung noch nicht in Erscheinung treten.

Erst nach vollständiger Durchtrocknung des Klebstoffes überlagern die erheblichen Spannungen der Teppichbodenkonstruktion das Kräfteverhältnis zwischen Klebung und Eigenspannung. Die ursprünglich neutralisierten Verformungen werden spätestens nach ein paar Wochen wieder sichtbar. Erscheinungsbilder dieser Art sind nicht selten.

Fazit

Letztlich haben Versuchsklebungen mit dem in diesem Fall verwendeten Klebstoff und Teppichboden gezeigt, dass mit einer Spachtelzahnung der Größe TKB B1 keine optimale Klebung erzielt werden kann. Unter den gegebenen Bedingungen wäre eine „unverbrauchte“ TKB B2-Zahnung die richtige Wahl gewesen (Bild 8).

Bild 8
Bild 8

 
Insgesamt zeigt sich, dass das Verlegen/Kleben eines Teppichbodens ein fachliches Know-how erfordert, um sicherzustellen, dass eine einwandfreie Leistung nicht dem Zufall überlassen bleibt.

DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“

  • Unter dem Punkt 3.4.3 heißt es u. a.: „Unterlagen und Bodenbeläge sind vollflächig zu kleben.“ Bereits in Punkt 2. „Stoffe, Bauteile“ wird unter 2.9 „Klebstoffe“ darauf hingewiesen, dass Klebstoffe so beschaffen sein müssen, dass durch sie eine feste und dauerhafte Verbindung erreicht wird.

Spachtelzahnungen

  • Der Abstand der Klebstoffriefen zueinander wird durch die Zahnbreite einer Spachtelzahnung definiert. Bei einer B1-Zahnung ist die Zahnbreite mit 2,7 mm vorgegeben und bei einer B2-Zahnung mit 2,1 mm. Nutzen sich die Spitzen der Zahnleisten ab, wird die Auftragsmenge deutlich reduziert.
  • Die Empfehlungen für Auftragsmengen durch definierte Spachtelzahnungen richten sich überwiegend nach den Vorgaben der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB), die das komplett überarbeitet TKB-Merkblatt Nr. 6 „Zahnleisten“ im Frühjahr vorgelegt hat.

 
Variable Ablüfte- und Einlegezeit
Die Art und Beschaffenheit eines gespachtelten Untergrundes (zementäre oder Gipsspachtelmasse, Oberfläche geschliffen oder nicht geschliffen) beeinflusst die Einlege- und Ablüftezeit eines Klebstoffes genauso, wie die Klebstoffauftragsmenge oder die Temperatur und relative Luftfeuchte.