Verfärbungen durch Migration

Weichmacheraustausch zwischen Möbelgleitern und CV-Belag

Die Bildung mehrere punkt-/kreisförmiger, dunkler Flecken in einem CV-Bodenbelag führten zur Reklamation. Da vor Ort, in einer ca. ein Jahr genutzten Mietwohnung, keine Anhaltspunkte für die Ursache gefunden werden konnten, wurden Proben für weitere Untersuchungen entnommen.

Bei dem Bodenbelag handelt es sich um einen CV-Belag (Cushioned-Vinyl) mit Holzdekor-Oberfläche „Stabparkett“ und transparenter PVC-Nutzschicht, der auf einen mineralischen Estrich vollflächig geklebt war.

Die vorliegenden Proben zeigen bräunliche, punktartige/kreisförmige Fleckenbil-dungen (Durchmesser ca. 10 mm) in unterschiedlichen Gruppierungen (Bild 1).

Zwecks Visualisierung der Intensität sowie der Lage der Fleckenbildungen wurde die Probe nochmals bei unterschiedlichen Wellenlängen von Kunstlicht betrachtet und bei der kontrastreichsten/intensivsten Hervorhebung der Flecken nochmals fotografiert (Bild 2).

Bild 1
Bild 1
Bild 2
Bild 2


Bei der Sichtung des Probenmaterials fiel auf, dass sich einzelne Flecken „überlagern“ (Bild 3).


 
Bild 3
Bild 3


Zur Ursachenforschung erfolgte im technischen Labor des IFR Köln die Untersuchung der transparenten Nutzschicht und der Dekorschicht des CV-Belags durch Abschälen einzelner Lagen bei parallel durchgeführter mikroskopischer Untersuchung (Bild 4).

Hierbei wurde festgestellt, dass im Bereich der Fleckenbildungen die transparente Nutzschicht auf der Oberfläche der Dekorschicht bräunlich, ähnlich einem „Sonnenbrillenglas“ gefärbt ist (Bild 5).


 
Bild 4
Bild 4

Bild 5
Bild 5


Zwecks Feststellung, ob und inwieweit die Färbung allein innerhalb der transparenten PVC-Nutzschicht vorliegt oder auch innerhalb der Dekorschicht, wurde die Nutzschicht schichtweise abgeschabt. Dabei zeigte sich, dass bei zunehmendem Abtrag der transparenten Nutzschicht die Ursprungsfarbgebung wieder sichtbar wurde (Bilder 6 und 7).


 
Bild 6
Bild 6

Bild 7
Bild 7

Weichmacher-Wechselwirkung

Die auf der Oberfläche der Proben des ursprünglich verklebten CV-Belags erkennbaren, punkt-artigen/kreisförmigen, bräunlichen Fleckenbildungen zeigen sich unterhalb der transparenten PVC-Nutzschicht oberhalb der Dekorschicht.

Wird die transparente Nutzschicht Zug um Zug deckungsgleich zu den Fleckenbildungen abgetragen, zeigt sich die ursprüngliche Farbgebung der Dekorschicht, die bei diesem Belag als Holzdekor gedruckt wurde.

Erscheinungsbilder dieser und ähnlicher Art entstehen durch Weichmacherwechselwirkung bzw. Migration. Das heißt: Auf der Oberfläche des CV-Bodenbelages waren über bestimmte Zeiträume Gegenstände mit Aufstandsflächen von im Durchmesser ca. 10 mm positioniert, die mit dunklen, überwiegend schwarzen, gummiartigen PVC- oder Kautschuk-Gleitern ausgestattet waren. Kunststoffmöbelgleiter sind im Handel nach unserer Erkenntnis überwiegend bräunlich, dunkelbraun bis schwarz.

Zwischen dem Kunststoff der Gleiter findet ein Weichmacheraustausch zum oder vom CV-Belag statt, sodass farbige, in diesem Fall bräunliche bis schwarze Pigmente in die transparente Nutzschicht des CV-Bodenbelages migriert sind.

Häufig zeigen diese Fleckenbildungen gleichbleibende Abstandsgeometrien, sodass bei messtechnischer Überprüfung und Vergleich mit den Aufstandsflächen des Mobiliars vor Ort der „Verursacher“ auffindbar ist. Im vorliegenden Fall ist dies leider nicht gelungen.

Möbelgleiter sind bei CV-Bodenbelägen, insbesondere bei hellen Farbgebungen empfehlenswerterweise in den Farben Cremeweiß/Weiß einzusetzen, wobei die Erfahrung zeigt, dass helle Filzgleiter keine negativen Erscheinungsbilder der vorliegenden Art verursachen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Entstehung der Fleckenbildungen kein Defekt bzw. technischer Mangel des CV-Bodenbelages vorliegt.

Die Schadensursache ist dadurch begründet, dass nicht geeignete Kunststoffgleiter von Einrichtungsgegenständen verwendet wurden, die einen Weichmacher enthielten und so einen Pigmentaustausch mit der Oberfläche des CV-Bodenbelages eingegangen sind.

Besteht eine Hinweispflicht?

Der Pflichtenkatalog eines Unternehmers nimmt mit zunehmender Europäisierung größere Ausmaße an. Hiervon ist auch der Hinweiskatalog betroffen. Dass der Bodenleger grundsätzlich im Hinblick auf die Verwendung geeigneter Rollen für Drehstühle und Drehsessel hinzuweisen hat oder eine Hinweispflicht im Hinblick auf die zu verwendenden Stuhlbeingleiter hat, ist aus unserer Erfahrung in der Fachliteratur nicht dokumentiert.

Es ist allerdings nur eine Frage der Zeit, dass Verfärbungen der beschriebenen Art beim Bodenleger reklamiert werden und so möglicherweise ein Streit darüber entsteht, ob der Nutzer aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung diese Umstände hätte kennen müssen oder der Bodenleger hier eine Hinweispflicht hatte.

Notwendige Hinweise, die insbesondere belagsspezifisch sein sollten, können in korrekter Weise vom Lieferanten des elastischen Bodenbelages gegeben werden.

Aus diesem Grund haben wir auch zeitgleich bei dem Fachverband elastischer Bodenbelagshersteller (FEB) nachgefragt und den Hinweis gegeben, ob nicht allgemein die Möglichkeit besteht, dass die Reinigungs- und Pflegeempfehlungen oder Anleitungen für elastische Bodenbeläge künftig zusätzlich neben den überwiegend vorhandenen Hinweisen zur Verwendung richtiger Rollen auch Hinweise zu den zu verwendenden Möbelgleitern enthalten und auch dargelegt wird, welche Art (gummiartig schwarz gefärbt) nicht eingesetzt werden sollte.

Kommunikation der Hinweispflichten

Der Auftragnehmer für Bodenbelagsarbeiten weiß, dass er nachweislich die Reinigungs- und Pflegeanleitung oder Pflegeempfehlung dem Auftraggeber in entsprechend ausreichender Anzahl auszuhändigen hat.

So wird gewährleistet, dass die Reinigung und Pflege des betreffenden Bodenbelages entsprechend der Pflegeanweisung des Lieferanten des Bodenbelages erfolgen kann.

Neueste Reinigungs- und Pflegeanleitungen der Hersteller elastischer Bodenbeläge geben nicht nur Hinweise zur Art und Weise der Reinigung und Pflege und der zu verwendenden Reinigungs- und Pflegemittel, sondern auch Hinweise zur Verwendung geeigneter, genormter Rollen von Drehstühlen und Drehsesseln, sondern auch Hinweise auf die Eignung von Stuhlbeingleitern/Filzgleitern.

Dies ist eine bemerkenswerte Unterstützung durch den Hersteller/Lieferanten elastischer Bodenbeläge, die durchaus damit ergänzt werden kann, dass helle, d. h. graue oder weiße, gummiartige PVC- oder Kautschukgleiter zu verwenden sind und keine schwarzen Kunststoff- oder Gummigleiter, die aufgrund von Wechselwirkungen zu Migrationen in die Oberfläche des elastischen Bodenbelages führen können und so Verfärbungen verursachen.