Verspannen: Technik der Profis

Das Verspannen von Teppichboden als Chance im Premiumsegment

Unter dem Titel „Der verspannte Teppichboden, das fünfte Element“ wurde den Anwesenden des „Deutschen Raumausstattertages“ die traditionelle Verlegetechnik textiler Bodenleger nähergebracht – das Verspannen.

Dass es sich hierbei um eine besonders materialgerechte und umweltschonende Verlegemethode für Teppichböden handelt, ist den meisten bekannt. Dass sich diese – bei vielen Bodenlegern in Vergessenheit geratene Technik – allerdings als besonders zeitgemäß darstellt, erstaunte selbst Branchenprofis.

In Zeiten von Nachhaltigkeit und gesunder Lebensweise, der Aufwertung des Wohnbereichs zum Rückzugsgebiet mit Wohlfühlfaktor und steigenden Ansprüchen einer ohnehin schon anspruchsvollen Raumausstatterklientel, passt die „neue alte Verspanntechnik“ bestens in das Repertoire eines hochwertigen Dienstleisters.

Wer es schafft, Teppichböden aus den Premiumkollektionen der Anbieter an den Mann oder besser noch an die Frau zu bringen, der sollte auch eine adäquate Verlegeleistung verkaufen können.

Ein Kunde, der sich beispielsweise für eine hochflorige Webware aus neuseeländischer Schurwolle begeistern lässt, wird es sicher schätzen, wenn Sie ihm eine ebenso hochwertige Verlegung wie das Verspannen bieten können.

Die „Überzeugungsarbeit“ ist dabei gar nicht schwierig. Wer schon einmal über einen verspannten Teppichboden gelaufen ist, wird sich spontan für das weichfedernde Gefühl begeistern können: Eine volumige Unterlage und der gespannte Teppichboden schaffen einen einzigartigen Gehkomfort, der selbst mit festem Schuhwerk noch deutlich spürbar ist. Um der eigenen Empfehlung dennoch Nachdruck zu verleihen, hat es sich bewährt, zwei Musterflächen im Beratungsraum anzulegen: Die eine, auf der der Teppichboden direkt auf einem harten Untergrund (z. B. einer Spanplatte) verlegt ist, und die andere, mit der verspannten Qualität. Beim Begehen wird kein Kunde über den offensichtlichen „Komfortgewinn“ diskutieren können.

Wer diese emotionalen Aspekte noch mit handfesten Argumenten unterfüttern will, kann aus dem Vollen schöpfen:

  • besonders materialgerechte Verlegemethode (ca. 50 Prozent längere Lebensdauer)
  • bessere Tritt- und Raumschalldämmung
  • bessere Wärmedämmung
  • bessere Saugfähigkeit des Staubsaugers (und damit eine saubere Wohnung)
  • einfaches Auswechseln und dadurch kostensparende Neuverlegung
  • Verzicht auf große Mengen Klebstoff
  • weniger Schmutz und Staub bei der Verlegung.

Bei allen Vorzügen gibt es eine Einschränkung: Auf Böden mit Fußbodenheizung ist vom Verspannen abzuraten. Neben der möglichen Beschädigung der Heizelemente beim Anbringen der Nagelleisten, kann die Temperierung des Bodens möglicherweise zu einem Verziehen der verspannten Teppichware führen. Außerdem wird der Wärmedurchlasswiderstand unzureichend erhöht.

Verspannen will gelernt sein

Soweit zur Theorie. In der Praxis scheitert das Angebot einer Teppichbodenverspannung oft an unzureichendem Fachwissen oder der mangelnden Routine des Bodenlegers.

Häufig bilden Übungen in der Ausbildung, an Meisterschulen oder in Seminaren die einzigen praktischen Grundlagen in der Verspanntechnik. Dabei ist diese längst nicht so schwer zu erlernen, wie immer geglaubt wird, was wiederum zum Vorteil für diejenigen wird, die es beherrschen: Exklusivität nicht nur in der Ware, sondern eben auch in der Verlegetechnik.

Am Anfang sollte ein spezieller Verspannkurs – wie er unter anderem von Louis Vogl, München, oder den Meisterschulen angeboten wird – die praktischen und theoretischen Grundlagen schaffen. Auch Seminare der Industrie werden in ordentlicher Qualität angeboten.

In der Folge empfiehlt sich die Einrichtung der genannten Musterflächen in der Ausstellung bzw. im Beratungsraum. Das Konfektionieren der Nähte lässt sich an Reststücken üben. Die ersten „Objekte“ sollten rechteckige oder quadratische Umrisse haben. Später lassen sich dann ausgefallene Grundrisse ebenso leicht verspannen, wie Randfriese oder Intarsien.

Basiswissen

Wer sich mit dem Gedanken trägt, das Verspannen anzubieten, muss nicht nur über das nötige Fachwissen verfügen, sondern in der Regel auch notwendige Werkzeuge und Maschinen für diese Tätigkeit anschaffen. Ein Konfektionseisen, um die Teppichbodenbahnen mit Schmelzkleber zu verbinden, einen Knie- und eine Hebelspanner sowie diverse Kleinwerkzeuge, die die Arbeit erleichtern (Bild1).

Bild 1
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Informationen hierzu erhält man ebenfalls auf den Schulungen, bei den Werkzeuganbietern oder auf Messen.

Wichtig zu wissen ist es auch, dass nicht jede Teppichbodenqualität zum Verspannen geeignet ist. Teppiche mit Schaumrücken sind gänzlich ungeeignet, und solche mit Fließrücken nur bedingt zu empfehlen. Uneingeschränkt einsatzfähig sind alle Webwaren und Qualitäten mit textilem Zweitrücken.

Die Arbeitsschritte
  • Die Nagelleisten – in die der Teppich später „eingehangen“ wird – werden im Abstand von zwei Drittel der Teppichstärke zur Wand durch Schrauben und/oder Kleben angebracht (Bild 2).
  • Vor dem Auslegen des Teppichbodens ist eine spezielle elastische Unterlage zu verlegen, die in der Stärke von 5–6 mm den Höhenausgleich zu den Nagelleisten bildet (Bild 3).

Bild 2
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Bild 3
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  • Nähte aneinandergrenzender Teppichbodenbahnen werden geschnitten und mit einem schmelzklebstoffbeschichteten Konfektionsband und dem „Konfektionseisen“ zusammengefügt (Bilder 4 und 5). Die Konfektionierung sollte möglichst zu zweit erfolgen: Während ein Mitarbeiter das Bügeleisen führt und auf die richtige Lage des Konfektionsbandes in der Nahtmitte achtet, schließt der Kollege die Naht.

Bild 4
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Bild 5
Bild 5

  • Nach dem Abkühlen der Nähte kann mit dem Verspannen begonnen werden. Zuert werden die Ränder mithilfe des Kniespanners in die Nagelleisten „eingehangen“
    (Bild 6).
  • Im Nachgang wird die Teppichbodenfläche entsprechend des Spanndiagramms (Bild 7) mit dem Hebelspanner ausgespannt.

Bild 6
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Bild 7
Bild 7

  • Ist alles zur Zufriedenheit erledigt, kann der überstehende Teppichbodenrand bis auf ca. 5 mm Überstand abgeschnitten werden (Bild 8).
  • Der Überstand wird abschließend mithilfe einer Ahle oder eines Spezialwerkzeugs in die Fugen zwischen Nagelleiste und Wand eingedrückt (Bild 9).

Bild 8
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Bild 9
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Fachbuch zum Thema

Passend zum Thema können wir das druckfrische Fachbuch „Verspannen von Teppichböden“ empfehlen. Die Autoren, Fachredakteur Reinhold Kober und Raumausstatter und Verspannexperte Luis Vogl, haben alles Wissenwerte zum Verspannen zusammengetragen und ein sehr informatives und aktuelles Werk geschaffen.

Neben einem ausführlichen Technikteil, der detailliert auf alle Arbeitsschritte, Materialien und Werkzeuge eingeht, widmet sich das Buch verstärkt dem Thema „Verkaufen“. Um dem Handwerker den Einstieg ins Geschäft mit höherwertigen Bodenbelägen zu erleichtern, führt zum Beispiel ein Leitfaden durch ein Verkaufsgespräch. Auch dem wichtigen Aspekt der Kalkulation wird ein Kapitel gewidmet.

„Verspannen von Teppichböden in Wort und Bild“,
Reinhold Kober, Luis Vogl,
mit einem Vorwort von Richard A. Kille,
1. Auflage 2008, 160 Seiten,
Hardcover, 45 farbige Detailabbildungen,
ISBN 978-3-7783-0687-1
39,90 Euro