Wieso müssen wir eigentlich spachteln?

Grundsätzlich gilt: Wenn nichts anderes mit dem Auftragnehmer vereinbart ist, müssen mineralische Untergründe vor dem Verkleben von Bodenbelägen gespachtelt werden. Dies ergibt sich unter anderem aus der DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“. Hier heißt es unter „3.3 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes“ unter anderem: „Der Untergrund für Bodenbeläge, die ohne Unterlagen verlegt werden, ist mit Spachtelmasse zu glätten.“

Der verbändeübergreifende Kommentar zur ATV DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“ führt dazu weiter aus: „Eine Spachtelung ist erforderlich zur Herstellung einer gleichmäßig saugfähigen Schicht beim Einsatz von Dispersionsklebstoffen auf dichten Untergründen, zur Absicherung weiterer nutzungsrelevanter Eigenschaften.“ Und weiter: „Die Art der zu verwendenden Spachtel- oder Ausgleichsmassen ist dem Auftragnehmer vorbehalten. Herstellerangaben sind zwingend zu beachten. Im Allgemeinen kann bei Schichtdicken von circa 2 Millimetern die gleichmäßige Saugfähigkeit für Dispersionsklebstoffe bei dichten Untergründen (…) hergestellt werden. Bei erhöhten Anforderungen ist der Auftrag der Spachtelmasse mit einem Rakel ab einer Schichtdicke ≥ 3 mm zu empfehlen. Das Rakeln ist eine Besondere Leistung (Pkt. 4.2.7) und gesondert zu beauftragen.“

DIE OPTIK
Die großen Bögen und die sichtbare Estrichstruktur verraten es: Die Spachtelmasse wurde im Stehen mit einem Gummiwischer aufgetragen. Zudem wurden Bewegungsfugen in den Türlaibungen einfach überspachtelt.

Nebenleistung oder Besondere Leistung?

Verunsicherung herrscht gelegentlich bei der Frage nach der Vergütung, denn in der DIN 18365 wird unter 4.1/4.1.3 formuliert, dass das Ausgleichen von Ebenheitsabweichungen des Untergrundes bis 1 mm Nebenleistungen sind.

Hierzu führt der Kommentar jedoch unmissverständlich aus: „Damit ist nur ein partieller, flächenbegrenzter Ausgleich bis 1 mm Schichtdicke gemeint. Mit dieser Maßnahme ist eine Spachtelung zur Herstellung eines geeigneten Untergrundes nicht zu realisieren.“ Und erklärt: „Diese Forderung rührt aus der Historie der Normungsarbeit, in der ursprünglich der Estrichleger einen Estrich mit den Ebenheitsanforderungen nach der früheren DIN 18202 (Ausgabe 12/1979), Teil 5, Tabelle 3, Zeile 3 zu liefern hatte, während der Bodenleger die um 1 mm höhere Anforderung der Zeile 4 zu erfüllen hatte. Nach aktueller DIN 18202 muss der Untergrund und der verlegte Bodenbelag Tabelle 3, Zeile 3 entsprechen.“

Und so unterstreicht auch die aktuelle DIN 18365, dass das „Ausgleichen von Ebenheitsabweichungen in anderen Fällen als nach Abschnitt 4.1.3 und ganzflächiges Spachteln“ eine Besondere Leistung darstellt, also immer vergütet werden muss. Der Kommentar formuliert zudem unter „3 Ausführung“: „Auch auf einer geglätteten Estrichoberfläche ist eine vollflächige Spachtelung gemäß Punkt 4.2.5 erforderlich.“

Vorgaben zur Schichtdicke

Zur Ausführung und zu den möglichen Anforderungen an eine Spachtelung trifft die DIN 18365 unter „2.11 Vorstriche, Spachtelmassen“ allgemeingültige Aussagen: „Vorstriche und Spachtelmassen müssen sich fest und dauerhaft mit dem Untergrund verbinden. Sie müssen einzusetzenden Klebstoffen eine gute Klebung ermöglichen. (…) Spachtelmassen für spezielle Einsatzgebiete müssen für den jeweiligen Verwendungszweck, zum Beispiel Stuhlrollen, Fußbodenheizung, Kühlung geeignet sein.“

Der Kommentar erläutert dazu: „Für bestimmte Anwendungen oder Untergründe sind Mindestschichtdicken der durchgetrockneten Spachtelmasse nach Herstellerangaben zu beachten. Hierzu gehören zum Beispiel die Eignung für Stuhlrollen nach DIN EN 12529, dichte Untergründe wie Gussasphalt oder bei Dispersionsklebstoffen zwischen dichtem Belag und dichtem Untergrund und unter Elastomerbelag.“

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Dass die Notwendigkeit einer Spachtelung vor einer Belagsverklebung nahezu zwingend besteht, wurde umfassend dargestellt. Auch die Bedeutung, Herstellervorgaben zu beachten – gerade auch wenn es um Mindestschichtdicken geht – ist nachvollziehbar. Warum man den paar Millimetern zwischen Estrich und Bodenbelag so viel Beachtung schenken soll, wird leider einigen erst klar, wenn es zu einem Schaden kommt.

GITTERRITZPRÜFUNG
Bei der Gitterritzprüfung wurde festgestellt, dass die zementäre Fließspachtelmasse „papierdünn“ vorliegt.

In unserem teilfiktiven Fall bewahrten drei einfache Prüfungen den Bodenleger vor einem gewaltigen Schaden. Er sollte auf 3.000 Quadratmeter bereits gespachtelter Estriche einen textilen Bodenbelag mit Stuhlrolleneignung verkleben. Die ungleichmäßige Färbung der Spachtelmasse sowie die ungewohnt großen Radien der Spachtelschläge machten ihn stutzig. Mit Gitterritz-, Hammerschlag- und Drahtbürstenprüfung kam er schnell dahinter, dass hier nur „graues Wasser“ verteilt wurde. Die zum Teil nur wenige Zehntelmillimeter dünne Spachtelmassenschicht wies zudem keine eigene Festigkeit auf, sondern ließ sich einfach abbürsten. Hätte er darauf seinen Bodenbelag verklebt, hätte sich die Spachtelmasse spätestens nach der ersten Stuhlrollennutzung vollflächig aufgelöst. Durch seine gewissenhafte Prüfung blieb ihm der sichere Schaden erspart. Das Vorgewerk musste alle Estrichflächen abschleifen und in ausreichender Schichtdicke neu spachteln.

HAMMERSCHLAG- UND
DRAHTBÜRSTENPRÜFUNG
Hierbei zeigte sich die Schicht der mineralischen Spachtelmasse nahezu so dünn wie ein Farbanstrich.

Wissenswertes

Im TKB-Merkblatt 9 „Technische Beschreibung und Verarbeitung von Bodenspachtelmassen“, Stand: Juli 2019, erstellt von der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB), heißt es: „Mit Spachtelmassen können im Schichtenaufbau eines Fußbodens unter anderem folgende Eigenschaften der damit behandelten Rohoberflächen gezielt beeinflusst werden:
• Gleichmäßigkeit
• Ebenheit
• Saugfähigkeit
• Festigkeit
• Haftfähigkeit“
Die Spachtelschicht wird damit für Bodenbelag-, Parkett- und Fliesenarbeiten zur wichtigen Schnittstelle des bauseits vorliegenden Untergrundes.

Das TKB-Merkblatt 9 steht zum kostenlosen Download zur Verfügung: www.klebstoffe.com

Fazit

Die Spachtelmasse ist im Systemaufbau von Estrich, Verlegewerkstoffen und Bodenbelag ein unverzichtbarer Bestandteil. Fehlt dieser oder ist er mit Fehlern behaftet, kann das System nicht funktionieren. Daher ist es unverzichtbar, eine auf die Anforderungen abgestimmte Spachtelung anzubieten und diese auskömmlich zu kalkulieren.

Ebenso bedeutsam ist die korrekte fachliche Ausführung der Spachtelarbeiten. Als Halbfertigprodukt unterliegt die Spachtelmasse der Gefahr, durch unsachgemäße Verarbeitung in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt zu werden. Stichworte: Mischungsverhältnis, Temperatur und Luftfeuchte, Auftragsstärke. Es schadet nichts, auch die eigene Arbeit einer Qualitätskontrolle zu unterziehen: Mit den drei einfachen Prüfungen – Hammerschlag, Gitterritz und Drahtbürste – weiß man schnell, woran man ist und erspart sich womöglich einen kapitalen Schaden.