Zahnleisten auf dem Prüfstand

Spachtelzahnungen weisen große Toleranzen auf

Zahnspachteln als Auftragsgerät für Bodenbelag-Klebstoffe und die zur Aufnahme der gekerbten Blechstreifen dienende Mutterspachtel sind jedem bekannt. Die Zahnleiste reguliert die Klebstoffauftragsmenge sowie die Form, Breite und Höhe der Klebstoffriefen und den Abstand der Riefen zueinander. Der speziellen Ausformung des Klebstoffbettes durch die gewählte Zahnleiste, die auf den jeweiligen Klebstoff abgestimmt ist, kommt in der gesamten Klebephase eine besondere Bedeutung zu.
 
Trotz alledem scheint die Wertschöpfung einer Zahnleiste einem Massenartikel gleich zu kommen, der überwiegend preis- und nicht qualitätsorientiert eingekauft wird.

Erst im direkten Vergleich sieht man den Unterschied – in der Praxis ist dieser kaum erkennbar
Erst im direkten Vergleich sieht man den Unterschied – in der Praxis ist dieser kaum erkennbar


Warum ist die Qualität der Zahnleisten so wichtig? Obwohl sich auf wissenschaftlicher und handwerklicher Basis der Leitsatz zur Vermeidung von Eindruckstellen „So viel Klebstoff wie nötig, so wenig wie möglich“ als richtig erwiesen hat, kommt es nach wie vor bei der Klebung elastischer Bodenbeläge zu Beanstandungen. Mutmaßungen der Betroffenen über „zu weiche Klebstoffe“ oder „zu geringe Scherfestigkeiten“ sowie „falsche Angaben zum Verbrauch“ rückten bei den Untersuchungen des IFR zur Eindruckstellen-Problematik auch die Zahnleisten in den Fokus möglicher Ursachenfaktoren.
 
Gravierende Unterschiede Geprüft wurden frei im Fachhandel erworbene Zahnleisten der Größe TKB A1, A2, A3 sowie B1, B2 und B3. Die messtechnischen Untersuchungen erfolgten im Qualitätssicherungslabor der Mozart AG in Solingen. (Mozart stellt selbst keine Zahnleisten her.) Beim Vermaßen der Zahnleisten fanden die gemäß Merkblatt TKB-6 „Spachtelzahnungen für Bodenbelag-, Parkett- und Fliesenarbeiten“ gebilligten Toleranzen Berücksichtigung. Dass nahezu alle Zahnleisten der acht Werkzeuglieferanten die im Merkblatt genannten Toleranzen überschritten, hat uns sehr überrascht. Eine der gebräuchlichsten Größen stellt die Zahnleiste TKB A2 dar. Sie wird überwiegend bei der Verklebung von elastischen Bodenbelägen, wie beispielsweise zwei Millimeter dickem PVC, entsprechend den Verarbeitungsempfehlungen des Bodenbelagherstellers und des Klebstoffherstellers eingesetzt. Infolgedessen wurden auch acht A2-Leisten unterschiedlicher Lieferanten vermessen und mit den Angaben des TKB-Merkblattes verglichen. Für die anwendungstechnischen Versuche wurde der Dispersions-Nass- und Haftbettklebstoff „K 188 E Spezialkleber extra“ der Henkel Bautechnik, verwendet. Werkseitig wird beim Einsatz einer Zahnleiste der Größe A2 der Verbrauch mit 280 g/qm angegeben.
 
Auf jeweils einen Quadratmeter großen Platten wurde der Klebstoff mit den unterschiedlichen A2-Leisten aufgetragen. Auf eine weitgehend gleichmäßige Schrägstellung des Mutterspachtels bei einem Anstellwinkel von 70 Grad wurde geachtet. Die Verbrauchsmengen wurden durch Gewichtsbestimmung der Platten festgestellt. Insgesamt erfolgten je Zahnleiste fünf Prüfungen.


 
Trotz gleicher Bezeichnung differieren die Auftragsmengen gewaltig.
Trotz gleicher Bezeichnung differieren die Auftragsmengen gewaltig.


Die Unterschiede waren gravierend: Während mit einer Zahnleiste (Y) eine mittlere Auftragsmenge von 262 g/qm erreicht und so die vorgegebene Verbrauchsmenge annähernd eingehalten wurde, zeigte eine andere Klebstoff-Zahnleiste (X) einen Verbrauch von 388 g/qm. Beide A2-Leisten differieren also um 48 Prozent, wobei die eine deutlich zu viel Klebstoff „verbraucht“.

Praxisversuche

Um die nahe liegende Vermutung zu überprüfen, dass sich die ermittelten Differenzen auch praktisch auswirken, erfolgten Probeklebungen eines zwei Millimeter dicken PVC-Bodenbelages auf systembezogen gespachtelten Untergründen.
Der Klebstoff wurde mit den A2-Leisten X und Y aufgezogen. Es wurde je eine Haft- und eine Nassklebung durchgeführt.

Nach 72 Stunden Trocknung wurden die Flächen mit einem Stahlring (Auflagefläche 30 qm, Gesamtgewicht 20 kg) beschwert und 72 Stunden belastet Nach weiteren 72 Stunden Entlastung wurde auf vorhandene, bleibende Eindrücke geprüft.

Es zeigte sich, dass unabhängig von der verwendeten Zahnleiste (X = 388 g/qm, Y = 262 g/qm) bei der Nassklebung in der Oberfläche des PVC-Bodenbelages kein Eindruck sichtbar war. Auch innerhalb der Klebstofffuge wurden keine Komprimierung der Klebstoffschicht erkannt.

Bei der gleichzeitig durchgeführten Haftklebung zeigte sich hingegen bei der A2-Leiste Y eine schemenhafte Markierung in der Oberfläche des PVC-Bodenbelages, während innerhalb der Klebstofffuge die Komprimierung deutlich sichtbar war. In Verbindung mit der A2-Leiste X zeigte sich bei der Haftklebung ein deutlich sichtbarer Eindruck innerhalb der Oberfläche des PVC-Belages und gleichermaßen eine deutlich sichtbare Komprimierung der Klebstofffuge.

Insbesondere bei der Haftklebung und in Verbindung mit erhöhten Klebstoffauftragsmengen liegt der PVC-Bodenbelag auf komprimierten Klebstoffriefen auf.

Diese wurden auch durch den Flächeneindruck einer Andruckwalze nicht absolut flach komprimiert. Entsteht eine Druckpunktbelastung, beispielsweise durch Stuhlbeine, ist die Punktlast so hoch, dass deckungsgleich die Klebstoffriefen weiter zerquetscht werden.

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Im Detail wird es deutlich: 48 Prozent mehr Masse bei gleicher Bezeichnung.
Fazit

Es ist davon auszugehen, dass ein Teil der im Handel angebotenen Zahnleisten nicht dem Standard des Merkblattes TKB-6 entsprechen. Hiervon dürften insbesondere die kleinen Zahnungen der Größe TKB A1, A2 und A3 betroffen sein, da sich Toleranzüberschreitungen der Zahnlücken im Plusbereich, möglicherweise kombiniert mit Überschreitung der Toleranz der Zahnbreite im Minusbereich, zu erhöhten Klebstoff-Auftragsmengen summieren.

Es ist wahrscheinlich, dass ein Großteil der entstehenden Eindruckstellen und diesbezüglichen Beanstandungen darauf zurückzuführen sind.

Bisher standen beim Verarbeiter allein der elastische Bodenbelag sowie der Klebstoff im Fokus, die Qualität und Präzision von Klebstoffzahnleisten wurden im Vergleich hierzu eher missachtet, zudem der Unterschied nicht direkt ins Auge fällt. Nur so ist es zu erklären, dass Objekteure berichten, wie bei der Verwendung des gleichen

PVC-Belages und Klebstoffes, bei gleichen systembezogenen gespachtelten Untergründen, mal bleibende Eindruckstellen entstehen und mal keine Probleme festzustellen sind.

Unsere Untersuchungen stützen die Erkenntnis, dass die auf die Verlegesituation abgestimmte Klebstoffmenge entscheidenden Einfluss auf das Eindrukkverhalten hat. Somit kommt auch der Wahl der richtigen – also exakten – Zahnleiste eine wichtige Bedeutung zu.

Dass bleibende Eindruckstellen innerhalb geklebter, elastischer Bodenbeläge nicht absolut vermeidbar sind, ist bekannt, wobei es sich hier um Einzelfälle handelt, die im Hinblick auf die Ursache immer in Kombination mit den Objektgegebenheiten beurteilt werden müssen.

Appell an die Industrie

Vielleicht lohnt es sich, über die in dem Merkblatt TKB-6 dargelegten Absolut-Toleranzen, insbesondere bei den kleinen Zahnleisten, zu diskutieren, um gegebenenfalls gemeinsam mit den führenden Werkzeugherstellern Einigkeit darüber zu erzielen, dass bei der Herstellung der Zahnleisten und der unvermeidbaren Toleranzen, darauf geachtet wird, dass die Durchlaufmenge an Klebstoff keinesfalls höher ist, sondern eher geringer ausfällt.

Vielleicht lohnt es sich auch darüber nachzudenken, ob nicht seitens der TKB Präzisionszahnleisten als Prüfmuster in den Handel gebracht werden, so dass nicht nur Sachverständige, sondern auch Anwender die Möglichkeit haben, die bestellte Lieferung an Zahnleisten zu kontrollieren.