Ebenheit ist Pflicht

Mehrschichtige modulare Fußbodenbeläge (MMF) zur schwimmenden Verlegung benötigen eine ebenso fachgerechte Untergrundvorbereitung wie Bodenbeläge zur vollflächigen Verklebung.

Sogenannte Multilayer, also mehrschichtig aufgebaute Designbelagselemente zur schwimmenden Verlegung, werden gern als Problemlöser bei der Renovierung oder Alleskönner beim Neubau angepriesen. In den Werbebotschaften heißt es unter anderem, dass sie auf Altbelägen wie keramischen Fliesen verlegt werden oder riesige Flächen ohne Dehnungsfuge überbrücken können. Gelegentlich werden sie als resistent gegen Feuchtigkeit im Badezimmer oder Wärmeentwicklung in Wintergärten beschrieben.

Nicht jeder Kunde hinterfragt diese Aussagen kritisch und leider lesen auch einige Bodenleger nur die Prospekte zum Produkt, anstatt einen Blick in die Verlegeanleitung zu werfen. Denn spätestens dort werden die vollmundigen Superlative wieder relativiert und man erkennt, dass mehrschichtige modulare Fußbodenbeläge (MMF) genauso verarbeitet werden müssen wie alle anderen Bodenbeläge auch.

Keramische Fliesen als Untergrund

In unserem teilfiktiven Fall wurden auf alten keramischen Fliesen, die auf einem Zementheizestrich mit integrierter Warmwasser-Fußbodenheizung lagen, rund 50 m² Designbodenbelagselemente mit patentierter Klickverbindung schwimmend verlegt und ohne Beanstandung in Gebrauch genommen. Gut ein Jahr später zeichneten sich flächig verteilt die Stöße der Kopffugen sowie teilweise auch die der Längsfugen ab, sodass zur Klärung der Ursache ein Gutachten beauftragt wurde.

ALLGEMEIN
Die schwimmend verlegten Designbelagselemente weisen unschöne Markierungen der Kopfstöße auf.

Zum Zeitpunkt des Ortstermins waren die bemängelten Abzeichnungen der Stöße – je nach Blickrichtung – deutlich zu erkennen. Zudem wurde festgestellt, dass die Kopffugen überwiegend einen Versatz von weniger als 20 Zentimeter aufwiesen und die Sockelleisten umlaufend im Übergang zur Bodenbelagsoberfläche dauerelastisch verfugt wurden. Weiterhin war beim Begehen der Fläche vereinzelt ein Federn des Bodens bemerkbar. Beim genaueren Betrachten war erkennbar, dass in auffälligen Kopffugenbereichen ein Bruch der oben aufliegenden profilierten Kante des Klicksystems vorlag.

Beim Betasten der Oberfläche wurde festgestellt, dass die Möglichkeit besteht, von Hand das Element im Kopfstoßbereich herunterzudrücken. Eine mehrfache Wiederholung der Belastung an gleicher Stelle führte schließlich zum sichtbaren Riss und letztlich Bruch in der Belagsoberfläche. Dieses Erscheinungsbild wurde überwiegend und wiederkehrend in den Kopfstoßbereichen, aber vereinzelt auch in den Längsfugenbereichen festgestellt. Unter dem Belag konnte eine 2 mm dicke PE-Schaumfolie vorgefunden werden.

IM DETAIL
Bei näherer Untersuchung wird deutlich, dass sich die Elemente im Bereich der Kopffugen nach unten drücken lassen.

Höhenunterschiede

Erfahrungsgemäß ist der zuvor beschriebene Sachverhalt darauf zurückzuführen, dass die Untergrundbeschaffenheit Höhenunterschiede aufweist, sodass keine flächige Auflage der Elemente gegeben ist. Gerade bei der schwimmenden Verlegung von Elementen mit mechanischer Verbindung – einem sogenannten Klick-System – ist ein ebener Untergrund maßgeblich dafür verantwortlich, die Funktionsfähigkeit der Verlegeeinheit dauerhaft zu gewährleisten.

Toleranzüberschreitende Hochpunkte oder Vertiefungen im Untergrund führen beim Begehen des Belags zur Bewegung der Verriegelungsmechanik. Diese kann durch permanente Wiederholung oder zu hohe Bewegungsenergie dazu führen, dass die Verriegelung geschwächt oder gelöst und letztlich gebrochen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kopffugen einen zu geringen Versatz aufweisen, was die mechanische Belastung zudem erhöht.

DIE FOLGE
Das mechanische Verriegelungssystem ist beschädigt und teilweise bereits gebrochen.

Auch das dauerelastische Verfugen im Randbereich, also das Abdichten der Fuge zwischen Sockelleiste und Bodenbelag mit Dichtstoff, kann das Schadensbild forcieren: Durch die umlaufende Verfugung wird die Bewegung der Fläche – das Ausdehnen und wieder Zusammenziehen – eingeschränkt. Es können Spannungen in den Fugenbereichen der einzelnen Elemente entstehen, die letztlich so viel Kraft entwickeln, diese zu beschädigen.

Verlegeanleitung missachtet

Ein Blick in die Verlegeanleitung zeigt, dass der Hersteller eine Untergrundbeschaffenheit nach DIN 18356 „Parkettarbeiten“ und nach DIN 18202 „Ebenheitstoleranzen“ vorschreibt.

Zudem fordert er den Einsatz einer produkt-/systembezogenen Dämmunterlage aus seinem Sortiment, allseitige Bewegungsfugen von 10 mm zu allen Wänden und Bauwerksteilen sowie einen Versatz der Stoßfugen (Kopffugen) von mindestens einem Drittel der Dielenlänge – in diesem Fall also von mindestens 43 cm.

DIE LÖSUNG
Da der Untergrund uneben ist und auch schon an den Längsfugen Ausbrüche festgestellt wurden, ist die gesamte Verlegung zu erneuern.

Totalschaden

Unterm Strich ein Totalschaden! Nur durch Ausbau des kompletten Belages, die Herstellung eines den Vorgaben entsprechenden Untergrunds sowie die Verlegung neuer MMF-Elemente und die Montage neuer Sockelleisten, ohne Verbindung zum Bodenbelag, kann die Fläche – so wie ursprünglich beauftragt – nutzbar gemacht werden.

Wissenswertes

Im Kommentar zur DIN 18356 „Parkettarbeiten“ heißt es unter Punkt 3.2.4 „Parkett schwimmend verlegt“ unter anderem:

„Bei Elementen mit mechanischen Verriegelungssystemen muss – neben einer Ebenheit gemäß DIN 18356 und 18202 beziehungsweise den jeweiligen Herstellerangaben – die Arretierung ohne Leimangabe dauerhaft funktionsfähig sein. Dadurch wird erreicht, dass Verschiebungen der Elemente oder Geräuschentwicklung bei Belastung ausbleiben. Die schwimmende Verlegung von Mehrschichtelementen erfordert die Verlegung einer geeigneten, elastischen Unterlage. Diese Unterlage hat ausschließlich verlegetechnische Bedeutung, sie dient nicht dem Ziel bauphysikalischer Schutzmaßnahmen (Schall- und Wä̈rmeschutz). Ein Ausgleich etwaiger Ebenheitsabweichungen gelingt allenfalls bei punktuellen Erhebungen (Steinchen).“

Fazit

Auch wenn die meisten namhaften Multilayer funktional der ersten Generation der Laminatbodenbeläge weit überlegen sind, können sie verlegetechnische Grundgesetze nicht aushebeln. Die Designbelagselemente zur schwimmenden Verlegung erfordern eine fachgerechte Untergrundvorbereitung wie jeder andere Belag auch.

Mehr noch: Während die ersten Laminatelemente zwingend in Nut und Feder verleimt werden mussten und somit eine geschlossene Fläche bildeten, sind Kunststoffelemente mit mechanischer Verriegelung nicht starr, sondern beweglich miteinander verbunden. Ein Überbrücken von Unebenheiten ist mit den „elastischen“ Elementen kaum möglich, ohne Gefahr zu laufen, dass sich die Fugenverbindung entriegelt oder Schaden nimmt. Für die Praxis gilt also, dass neue, aber eben auch alte Untergründe vorgegebene Ebenheitstoleranzen erfüllen und in vollem Umfang verlegereif sein müssen.