Linoleum-Bodenbeläge haben sich in Bildungseinrichtungen seit über einhundert Jahren bewährt und sind für die hohen Anforderungen gut gerüstet, wenn sie richtig genutzt und gepflegt werden.
Nicht einmal sechs Wochen strahlte das Linoleum im neuen Glanz – dann war der Lack ab! In unserem teilfiktiven Fall geht es um eine Bodenbelagfläche in einem städtischen Gymnasium, die in Teilbereichen nach nur ein paar Wochen Regelschulbetrieb erheblich in Mitleidenschaft gezogen war und nach einem Jahr dringend renoviert werden musste. Aber der Reihe nach.
Alte und neue Möbel
Verlegt wurde eine Linoleum-Bahnenware der jüngsten Generation mit spezieller Oberflächenvergütung – ein Produkt, das dem harten Schulalltag eigentlich gewachsen sein sollte. Die Reinigung der Flächen erfolgt nach Angaben des Schulträgers im Rahmen einer Intervallreinigung täglich im Wechsel trocken und feucht. Das Schulgebäude ist über Eingangsbereiche zu betreten, die mit Schmutzschleusen ausgestattet sind. Die Klassenräume wurden nach der Verlegung mit neuen sowie auch mit alten Stühlen, Tischen und Schränken möbliert.
DER ERSTE EINDRUCK
Die Linoleumoberfläche in einem Klassenraum wirkt im Bereich der Aufstandsflächen von neuen Drehstühlen mattiert.
Oberfläche zerkratzt
Zum Zeitpunkt der Begutachtung – rund ein Jahr nach der Verlegung – liegt die Linoleum-Oberfläche, insbesondere in den Bereichen der Aufstandsflächen neu aufgestellter Gasfeder-Drehstühle, zerkratzt vor. Bei näherer und teilweise mikroskopischer Betrachtung zeigt sich, dass die Oberflächenvergütung im Aktionsradius der Drehstühle infolge mechanischer Einwirkung Kratzspuren und Riefen aufweist.
Bei einer Wischprobe mit einem weißen Tuch konnten bis auf Aerosol-Staubpartikel keine Verunreinigungen wie etwa Sandkörner oder ähnliche auf dem Belag festgestellt werden. Die harten Kunststoff-Standfüße (Durchmesser 50 Millimeter) der Drehstühle waren ebenfalls mit Staub behaftet und zeigten kratzspurenähnliche Einkerbungen, vergleichbar mit denen auf dem Bodenbelag.
IM DETAIL
Die Oberfläche des Linoleums zeigt deutliche Riefen und Kratzer, die auch in den harten Gleitern der Drehstühle zu finden sind.
In anderen Klassenräumen, die keine sichtbare Veränderung des Linoleums aufwiesen, waren unter anderem neue Stahlgestell-Freischwinger in Gebrauch. Die Kufen bzw. Aufstandsflächen der Stühle waren mit sogenannten Universalgleitern ausgestattet. Die mit Staub behafteten Gleitflächen zeigten auch nach Reinigung keine riefenförmigen Kratzspuren oder Aufrauungen.
IM VERGLEICH
Ebenfalls neu aufgestellte Freischwinger sind mit einem Universalgleiter ausgestattet, der keine Kratzer aufweist und das Linoleum nicht beschädigt.
Falsche Gleiter
Die vorliegenden Erkenntnisse zeigen deutlich, dass ein Grund für die Oberflächenbeschädigung des Linoleums in den verwendeten Stuhlgleitern zu suchen ist. Während das Linoleum unter den neuen Gasfeder-Drehstühlen zerkratzt wurde, zeigt es sich unter den Freischwingern in einwandfreiem Zustand.
Ursächlich dafür sind die ungeeigneten Hartkunststoff-Standfüße der Drehstühle. Schon im unbelasteten Zustand der Stühle entstehen beim Vor- und Zurückschieben zwischen der Gleitfläche der Hartkunststoff-Standfüße und der Oberfläche des Linoleum-Bodenbelages Schleifeffekte. Diese führen anfangs (nur) zur Mattierung, bei längerer Nutzung zur Zerstörung der Linoleum-Oberfläche. Bei Belastung der Stühle wird dieser Effekt verstärkt und beschleunigt.
Analog zu den Vorgaben der DIN EN 12529 „Räder und Rollen – Möbelrollen – Rollen für Drehstühle – Anforderungen“ müssen auch für Stühle auf harten (elastischen) Bodenbelägen weiche Gleiter eingesetzt werden. Der Hersteller der Gasfeder-Drehstühle bietet hierfür spezielle Filz-Bodenschoner an. Bei den Freischwingern sind sogenannte Universalgleiter montiert, die nach Herstellerangaben für eine Vielzahl unterschiedlicher Fußbodenbeläge geeignet sein sollen.
Die aus einem Spezialkunststoff bestehenden Gleiter zeigen einerseits eine sehr glatte Oberfläche und andererseits eine gewisse Elastizität. Diese Kombination führt dazu, dass Verunreinigungen nur in geringerem Ausmaß anhaften: Ein Staub- und Sandeintrag wird nicht direkt in die Oberfläche des Linoleum-Bodenbelages gepresst. In der Folge entsteht bei schiebender Beanspruchung des Stuhls ein deutlich geringerer abrasiver Effekt, als dies in Kombination mit den Hartkunststoff-Standfüßen der Drehstühle der Fall ist.
DIE URSACHE
Der elastische Spezialgleiter zeigt eine sehr glatte Oberfläche, auf der Staub und Sand kaum anhaften.
Oberflächensanierung
Da die Substanz des Linoleums noch nicht angegriffen war, ist ein Komplettaustausch nicht erforderlich. Vielmehr kann der
Bodenbelag durch eine Oberflächensanierung wiederhergestellt werden. Hierbei wird die vorhandene Oberfläche mit speziellen, abrasiven Schleifmitteln vorbereitet, um einen neuen strapazierfähigen, für den Verwendungszweck geeigneten Polyurethanlack als Permanentversiegelung aufzubringen.
Diese Maßnahme sollte in enger Abstimmung zwischen dem Linoleum-Hersteller, dem Sanierungssystem-Anbieter und dem ausführenden Handwerks-Unternehmen erfolgen. Parallel hierzu sind die Gleiter der Drehstühle zu tauschen und solche der Altmöblierung auf Funktionsfähigkeit zu prüfen und gegebenenfalls durch geeignete neue Gleiter zu ersetzen. Möglicherweise muss die Bodenbelags-Reinigung verbessert werden.
Wissenswertes
In der Technischen Information, FEB Nr. 2-2020 „Einfluss von Stuhl- und Möbelgleitern sowie Stuhl- und Möbelrollen“ vom Fachverband der Hersteller elastischer Bodenbeläge (FEB) heißt es unter anderem: „Die Ursachen für Beschädigungen an elastischen Bodenbelagsoberflächen während der Nutzung sind in der Regel nicht auf Qualitätsmängel am Belag, sondern meist auf nutzungsbedingte Einflüsse zurückzuführen. So treten zum Beispiel in Schulen in den Klassenräumen selbst nach relativ kurzer Nutzungszeit stark zerkratzte Bodenbelagsoberflächen auf. Ein Grund dafür kann sein, dass im Zuge einer
Renovierung zwar der Bodenbelag ersetzt wurde, das vorhandene Mobiliar aber in den Räumen verblieb.“
Die Technische Information wird auf den FEB-Seiten zum Download angeboten: www.feb-ev.com
Fazit
Den Verleger trifft keine Schuld und auch der Linoleum-Lieferant hatte auf diesen Schaden keinen Einfluss. Dennoch verdeutlicht der Fall die Bedeutung der Übergabe einer Reinigungs- und Pflegeanleitung an den Auftraggeber. Dieser – in unserem Fall der kommunale Schulträger – hat dann die Aufgabe, bei der Neuanschaffung von Schulmöbeln darauf zu achten, dass die richtigen Gleiter ausgeschrieben werden.
Auch muss er dafür sorgen, dass vorhandenes Mobiliar auf Funktionsfähigkeit geprüft wird – und das nicht nur bei einer Renovierung, sondern stetig während des laufenden Betriebs. Denn defekte oder fehlende Gleiter zerstören unweigerlich den Bodenbelag, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und getauscht werden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht nur bei der öffentlichen Hand an der Unterhaltsreinigung gespart wird und diese häufig nicht mehr ausreicht, um Bodenbelöge effektiv vor frühzeitigem Verschleiß zu schützen.