Festigkeitsprüfung mineralischer Untergründe

Richard A. Kille, Sachverständigenbüro für Fußbodentechnik und Raumausstattung, Köln, ist der Verfasser dieses Fachartikels, unter Mitwirkung von...
Richard A. Kille, Sachverständigenbüro für Fußbodentechnik und Raumausstattung, Köln, ist der Verfasser dieses Fachartikels, unter Mitwirkung von…
... Erich Rosenbaum †, Sachverständiger und Direktor der Bundesfachschule für Bodenbelagwirtschaft, Koblenz.
… Erich Rosenbaum †, Sachverständiger und Direktor der Bundesfachschule für Bodenbelagwirtschaft, Koblenz.


Sie werden sich vielleicht fragen, warum Sie als Raumausstatter oder Bodenleger die Oberfläche mineralischer Untergründe hinsichtlich ihrer Festigkeit überhaupt überprüfen müssen? Einerseits, da Sie als Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten, auf Grund vorgegebener DIN-Schriften, Richtlinien so- wie Merkblätter, die die anerkannten Regeln des Fachs beschreiben, zu berücksichtigen haben. Andererseits, da Sie sich als Auftragnehmer, allein aus Eigeninteresse zur Vermeidung von Reklamationen/Schäden, selbst einer Prüfungs-, Sorgfalts- sowie Hinweispflicht unterwerfen sollten.

 

Gemäß DIN 18560 – Teil 1- ‚Estriche im Bauwesen, Begriffe, allgemeine Anforderungen, Prüfungen‘ – muß die Oberflächenfestigkeit des jeweiligen Estrichs für den entsprechenden Verwendungszweck ausreichend sein.

Im direkten Zusammenhang beschreibt die VOB -Teil C – DIN 18365 – ‚Bodenbelagsarbeiten‘ – unter dem Punkt 3.1.1 die Prüfung vorhandener Untergrundoberflächen. Der diesbezügliche Normtext lautet wie folgt:

‚Der Auftragnehmer hat bei seiner Prüfung Bedenken (B § 4 Nr. 3) insbesondere geltend zu machen bei… nicht genügend fester Oberfläche des Untergrundes, … ‚

In den Erläuterungen zur DIN 18365 – Ausgabe September 1988 – (Verfasser Rosenbaum†/ Kaulen/Hahn) – wird der Stand der Technik unter der Leitüberschrift ‚Nicht genügend fester Oberfläche des Untergrundes‘ folgendermaßen kommentiert:

„Die als Untergrund hergestellten Estriche müssen in der Festigkeit den einschlägigen DIN-Bestimmungen entsprechen. Auf die zulässige Eindrucktiefe für Gußasphaltestriche wird hingewiesen. Der Auftragnehmer der Bodenbelagarbeiten kann solche Werte nicht nachprüfen. Er hat auch nicht die Pflicht solche Prüfungen durchführen zu lassen. Er kann davon ausgehen, daß die vorhandenen Untergründe, wenn sie ihm vom Auftraggeber für die Verlegung der Bodenbeläge zur Verfügung gestellt werden, den hier für erforderlichen technischen Werten in jeder Hinsicht entsprechen und von diesem abgenommen worden sind.

Der Auftragnehmer ist im Rahmen seiner Prüfungspflicht gehalten die Oberflächenfestigkeit der Untergründe darauf hin zu beurteilen, ob die von ihm aufzubringenden Materialien (z. B. Spachtel- oder Ausgleichsmasse, Klebstoffe) eine feste Verbindung mit dem vorhandenen Untergrund eingehen… „

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Zu sehen ist die Gerätekombination – Gitterritzschablone (obere Bildhälfte) und Untergrund-Härteprüfer (untere Bildhälfte)
Geeignetes Meßgerät fehlte

Spätestens nach Kenntnisnahme dieser wichtigen Erläuterungen wurde dem Auftragnehmer in der Vergangenheit bewußt, daß es kein gewerbeübliches, allgemein praktiziertes Meßgerät für die Feststellung der Oberflächenfestigkeit gibt oder vielmehr gegeben hat.

Die einfachen Hilfsmittel aus spitzen Metallgegenständen/Werkzeugen, wie Meißel, Stahlnagel, Schraubenzieher usw. sind dem Praktiker bekannt. „Hier und da mußten sogar Autoschlüssel ihre Dienste leisten“.

Daß der Einsatz dieser ‚Prüfwerkzeuge‘ keine nachvollziehbaren, beurteilungswürdigen Ergebnisse liefert, erklärt sich von selbst. Zumal der jeweilige Druck des ‚Prüfwerkzeuges‘ die Oberfläche des Untergrundes abhängig ist von der Kraftausübung des Prüfenden. Die Praxis hat deutlich gezeigt, daß bei gleichem Untergrund die Ergebnisse‘ der Ritzprüfungen von Person zu Person sehr unterschiedlich ausgefallen und demzufolge nicht nachvollziehbar sind.

Unter diesen Aspekten war es bislang nur schwer möglich, eine einwandfreie Beurteilung bezüglich der Oberflächenfestigkeit von Estrichen zu treffen. Aber gerade diese Beurteilung ist von ausschlaggebender Bedeutung für den Auftragnehmer, der eine einwandfreie Leistung zu erfüllen hat.

In diesem Zusammenhang beschreiben die Erläuterungen zur VOB Teil C- DIN 18365 – ‚Bodenbelagarbeiten‘ – folgende Grundsätze (Verfasser Rosenbaum †/Klauen/Hahn):

„Nicht feste Oberflächen verhindern in der Regel eine dauerhafte Verbindung mit Spachtel- und Ausgleichsmassen, dem Kleber und dem Bodenbelag. Derartige Oberflächen bedürfen einer besonderen Vorbehandlung. Die Art der Vorbehandlung (z. B. Schleifen, Absaugen, Voranstrich) und des Vorbehandlungsmittels (Voranstrich) ist von Estrichart und dem Grad der nicht ausreichenden Oberflächenfestigkeit abhängig. Auch auf sogenannten »wundgelaufenen Stellen« kann nicht ohne weiteres die Verarbeitung der Bodenbeläge erfolgen. Bei zementgebundenen Estrichen und die dadurch notwendigen (besonderen) Voranstriche zur Erzielung einer guten Haftfestigkeit von Spachtel- und Ausgleichsmassen gehören nicht zu den Nebenleistungen des Auftragnehmers; dabei handelt es sich um »Besondere Leistungen« nach Abschnitt 4.2. … «

So wichtig wie die zuvor zitierten Ausführungen ist auch die Forderung nach einer möglichst zweifelsfreien Prüfmethode, die im gewerbeüblichen Sinne durchgeführt werden kann.

Neu: Der »Untergrund- Härteprüfer«

Seit dem letzten Halbjahr 1991 ist im Handel ein sogenannter »Untergrund-Härteprüfer« erhältlich. Kombiniert mit einer Ritzschablone sind mit diesem Untergrund-Härteprüfer Ritzprüfungen möglich, deren Ergebnisse bei richtiger Durchführung von dem jeweils Prüfenden unbeeinflußbar sind.

Mit diesem Untergrund-Härteprüfer ist es dem Raumausstatter, Estrichleger, Parkett- und Bodenleger usw. möglich, vergleichend eine Beurteilung über die Härte der zur Bearbeitung übergeben bzw. anstehenden Oberflächen abzugeben.

Der in der Vergangenheit u. a. durch den Verfasser dieses Beitrages – Richard Kille – praktizierte Einsatz des Untergrund-Härteprüfers hat den Sinn und Zweck dieses Prüfwerkzeuges bestätigt.

Kurze Beschreibung des Untergrund-Härteprüfers: Er besteht aus einer im Durchmesser ca. 17 mm dicken und ca. 130 mm langen Metallhülse mit innenliegender, druckausübender Spiralfeder (Kraftbereich), die auf dem ebenfalls innenliegenden Gravierstift Druck ausübt, so daß die hartmetallbestückte Gravierspitze am Ende der Metallhülse herausragt.

Weitergehend ist die Metallhülse am oberen Ende seitlich mit einem Schaft, der drei Einkerbungen aufweist, ausgestattet, so daß es möglich ist, über einen Schieber und einer Rändelschraube den Federdruck auf den Gravierstift in drei Stufen zu regulieren.

In entspannter Federstellung (Stufe 1) ruht eine Belastung von ca. 1,0 Kilogramm (rund 9 N) auf dem hartmellbestückten Gravierstift. In der Mittelstellung (Stufe 2) liegen ca. 2,0 Kilogramm (rund 18 N) und bei völlig gespannter Feder (Stufe 3) ca. 3,0 Kilogramm Belastung (rund 27 N) auf dem Gravierstift, der im Zuge der nachfolgend beschriebenen Gitterritzprüfung auf die Oberfläche des Untergrundes einwirkt.

Geräte-/Stufeneinstellung:

Stufe 1- Grundstellung der Feder:
Für normale Untergrundoberflächen im Wohnbereich.

Stufe 2 – Mittlere Federeinstellung:
Funktionsgemäß frequentierte Untergrundoberflächen, z. B. in öffentlichen Bereichen wie Schulen, Gaststätten, Büros usw.

Stufe 3 – Völlig gespannte Federeinstellung:
Untergrundoberflächen, die besonders belastet und beansprucht werden, z. B. industriell Nutzungsanforderungen und spezielle öffentliche Bereiche.
Bei der Handhabung des Gerätes ist darauf zu achten, daß nach Durchführung derjeweiligen Prüfmaßnahmen die Feder des Gerätes entspannt (auf Stufe 1 zurückgenommen) und arretiert wird.

Die Gitterritzprüfung

Zunächst wird in Abhängigkeit des zu überprüfenden Untergrundes die erforderliche Federbelastung/Stufe eingestellt und die Rändelschraube festgezogen. Dann wird der Untergrund-Härteprüfer mit der Metallspitze so auf die Aussparung der Gitterritzschablone aufgesetzt, daß die Metallhülse die Schablonenoberfläche berührt.

Der Untergrund-Härteprüfer wird ausschließlich an der Hülse festgehalten, so daß das Kugelende im Zuge der Ritzprüfung nicht festgehalten wird. (Bild 1 zeigt die Gerätekombination – Gitterritzschablone und Untergrund-Härteprüfer).

Mit einer Hand wird dann die Gitterritzschablone festgehalten und auf den Untergrund gepreßt, während die andere Hand den Untergrund-Härteprüfer senkrecht über die schlitzförmige Aussparung der Ritzschablone entlangzieht. Mehrere parallel im gleichen Abstand zueinander angeordnete Ritzspuren werden in gleichen Richtungen gezogen und anschließend im Winkel von ca. 40-60 Grad dazu nochmals parallel. Die Ritzspuren bilden so ein rautenförmiges Gitterritzbild.

Das Gitterritzbild wird sowohl hinsichtlich der Ritztiefe der einzelnen Ritzspuren und der dabei herausgeritzten Untergrund-/Inhaltsstoffe beurteilt, als auch anhand der Ausbrüche innerhalb der Oberfläche des Untergrundes im Bereich der Ritzspurenkreuzungen. Auf diese Weise werden schnell weiche/ labile, obere Estrichrandzonen ermittelt und weitergehend auch eventuell vorhandene ‚Krustenbildungen‘ (harte Schale) der Oberfläche, die wiederum darunter liegende Weichzonen verdecken (siehe Bilder).

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1. Gezeigt wird die Durchführung einer Gitterritzprüfung.

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2. Das Gitterritzbild bei näherer Betrachtungsweise. Deutlich sind die tiefen Ritzspuren einhergehend mit erheblichen Ausbrüchen der Oberfläche des Untergrundes im Kreuzungsbereich der Ritzspuren erkennbar. Auch eine sogenannte »harte Schale« wird sichtbar.

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3. Im Zuge der durchgeführten Gitterritzprüfung sind erhebliche Weichzonen an der Oberfläche des Untergrundes festgestellt worden. Speziell in diesem Bereich wurde bereits der Untergrund mit einem filmbildenden Vorstrich grundiert.

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4. Zusätzlich wurde das Gitterritzbild mit einer Drahtbürste behandelt. Eindeutig wird erkennbar, daß der eingesetzte Vorstrich keinen verbessernden Einfluß auf die obere Estrichrandzone ausübt.

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5. Die Abb. zeigt die Oberfläche eines Untergrundes (Anhydrit-Fließestrich) nach durchgeführten Schlagprüfungen mit einem Hammer. Im Zuge dieser Prüfmaßnahme konnte eine dünne harte Schale von der Estrichoberfläche splitter-/ schollenartig abgesprengt werden. Unterhalb dieser dünnen, harten Schale befand sich wiederum eine Weichzone, die mittels »Drahtbürstenbehandlung« nachgewiesen worden ist.

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6. Das Bild zeigt die durchgeführte »Drahtbürstenbehandlung« nach der Schlagprüfung mit dem Hammer. Deutlich ist die Eindringtiefe der Drahtbürste in der Oberfläche erkennbar sowie auch die gelösten Inhaltsstoffe aus der Oberfläche des Untergrundes.

Fotos: IFR

Das Prüfungsergebnis erscheint dann einwandfrei, wenn sich die Oberfläche des Untergrundes so gut wie nicht zerstören läßt. Wird im Zuge der Gitterritzprüfung erkannt, daß möglicherweise tiefe Ritzspuren vorliegen oder erhebliche Ausbrüche im Kreuzungsbereich der Ritzspuren, dann sind zusätzliche Maßnahmen nach den fachlichen Erkenntnissen und Praxiserfahrungen des Prüfers und Anwenders notwendig.

In solchen Fällen wird es in aller Regel erforderlich sein zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, die mit dem Auftraggeber zu vereinbaren sind bzw. es sind beim Auftraggeber nachweislich Bedenken vorzubringen.

Zusätzliche Prüfungsmaßnahmen

Die Praxis hat gezeigt, daß sich parallel zu den vorwiegend durchgeführten Gitterritzprüfungen die sogenannte ‚Schlagprüfung‘ und ‚Drahtbürstenbehandlung‘ zur Prüfung der Oberflächenfestigkeit von Untergründen bewährt haben.

‚Hammerschlagprüfung‘

Die bereits auszugsweise zitierten Erläuterungen zur VOB – Teil C – DIN 18365 – ‚Bodenbelagarbeiten‘ – beschreiben insbesondere hinsichtlich der Oberflächenbeurteilung von Anhydrit-Fließestrichen folgendes:

„Die Estrichoberflächenfestigkeit wird mit Hilfe der zuvor beschriebenen Gitterritzprüfung beurteilt. Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer harten Schale, sind zusätzlich Schlagprüfungen durchzuführen. Hierzu wird mit einem Hammer auf die Estrichoberfläche geschlagen. Durch diesen Schlag wird eine dünne, harte Schale von der Estrichoberfläche abgesprengt. Eine darunter befindliche labile Zone wird erkennbar. Besteht die Oberfläche aus einer labilen Zone oder aus einer harten, dünnen Schale; so ist sie mangelhaft und muß nachgebessert werden. In solchen Fällen sind vom Auftragnehmer schriftlich Bedenken beim Auftraggeber geltend zu machen… !“

‚Drahtbürstenbehandlung‘

Bei der Drahtbürstenbehandlung wird mit möglichst gleichmäßigen Bewegungsabläufen und gleichbleibendem Kraftaufwand die Oberfläche des jeweiligen Untergrundes partiell mit einer handelsüblichen Drahtbürste behandelt. Bei der Beurteilung werden sowohl die herausgebürsteten Inhaltsstoffe aus dem Untergrund als auch die Eindringtiefe der Stahlbürste berücksichtigt. Mit diesem Bündel an Maßnahmen kann die Prüfung der Oberfläche mineralischer Untergründe hinsichtlich ihrer Festigkeit umfassend durchgeführt werden.