Fugenausbildung bei Flächenheizung

Übernahme konstruktionsbedingter Fugen in beheizten Estrichen

Obwohl Fußbodenheizungen bereits seit den 1970er Jahren in Deutschland am Markt sind und heute in nahezu jedem zweiten neugebauten Einfamilienhaus Verwendung finden, werfen beheizte Estrichkonstruktionen nach wie vor viele Fragen auf. Dabei ist die Unwissenheit bei diesem Thema so vielschichtig – sowohl bei Bauherren und Planern als auch bei den ausführenden Gewerken – dass unsererseits ein dringender Handlungsbedarf gesehen wird, diese Situation zu verbessern. Ein erster Schritt wäre hier – wie so oft – die Kommunikation der Beteiligten untereinander aufzunehmen.

Gewerk-Koordination fehlt

Betrachten wir exemplarisch den Neubau eines Einfamilienhauses, der in Deutschland mehrheitlich ohne planenden Architekten ausgeführt wird: Der Bauherr, der oft auch der spätere Nutzer der Immobilie ist, hat bestimmte Vorstellungen, was die Wahl der energetischen Versorgung angeht, ebenso zur Ausstattung mit Bodenbelägen. Die Frage nach Art und Weise der Beheizung seines Hauses wird er also mit einem Installateur besprechen. Dieser geht im Regelfall ausführlich auf die unterschiedlichen Möglichkeiten ein, die beispielsweise eine Warmwasser-Fußbodenheizung bietet. Häufig vergisst er aber den Hinweis, dass der Einsatz einer Flächenheizung bestimmte Anforderungen an den Estrich sowie an den Oberboden stellt.

Im zweiten Schritt wird der Bauherr sich um die Auswahl der Bodenbeläge kümmern und in der Regel von selbst nicht das Thema Fußbodenheizung ansprechen. Erst beim Beratungsgespräch ergibt sich meistens die Frage nach der Art des Untergrundes und in der Folge dann der Hinweis auf mögliche Einschränkungen bei beheizten Estrichkonstruktionen. Nur in den wenigsten Fällen werden bereits an dieser Stelle die unterschiedlichen Anforderungen der beiden Gewerke Heizungsbau und Bodenleger koordiniert. Beispielsweis in der Form, dass der Bauherr eine Leistungsbeschreibung des Installateurs beim Bodenleger vorlegen kann.

Schließlich wird ein Auftrag zur Estrichverlegung erteilt. Durch die zwangsläufige „Verzahnung“ mit dem Heizungsbauer, findet hier die erste Koordination statt, sodass zumindest ein fachgerechter Einbau der Heizungsanlage und des Estrichs gewährleistet sein müsste. Leider sieht auch hier die Praxis nicht immer rosig aus.

Ein nun entscheidender Schritt fehlt allerdings fast immer: Die notwendige Flächenaufteilung konstruktionsbedingter Heizkreise wird zwar zwischen Installateur und Estrichleger „besprochen“, jedoch erfolgt zumeist keine Information darüber an den Bodenleger, beziehungsweise den Bauherren. So wird in der Planungsphase der entscheidende Punkt der Einflussnahmen auf das Verlegebild des Bodenbelags sträflich vernachlässigt.

Die weiteren, nicht minder relevanten, „Knackpunkte“ der Verlegung von Bodenbelägen auf beheizten Estrichkonstruktionen wollen wir hier nicht unerwähnt lassen, jedoch nicht näher darauf eingehen. Zu nennen sind hier Stichworte wie Aufheizprotokoll, Messstellen oder Oberflächentemperatur. Alles Punkte, die einen eigenen Fachbeitrag fordern und in Zukunft von uns berücksichtigt werden.

In jedem Fall ist es erforderlich, dass sich der Bodenleger vor Beginn seiner Arbeit, also bereits in der Planungsphase, darüber informiert, welchen Untergrund er vorfinden wird. Handelt es sich um eine beheizte Estrichkonstruktion, hat er exakte Pläne zu Art und Weise der ausgebildeten Flächen und Anschlüsse einzuholen. Nach Prüfung der Pläne ist in Abstimmung des Bauherren ein Verlegeplan auszuarbeiten, aus dem ersichtlich wird, wo Fugen verlaufen und wie sich das Erscheinungsbild der fertigen Bodenbelagsfläche darstellt.

400 Quadratmeter fugenlos

Stellvertretend für eine Vielzahl möglicher Probleme stellen wir hier einen Fall vor, bei dem eine gestaltungsfähige Nivelliermasse auf einem rund 400 Quadratmeter großen Heizestrich aufgebracht wurde, wobei jedoch konstruktionsbedingte Fugen nicht übernommen und im Oberboden ausgebildet wurden.

Im Foyer einer Stadthalle wurde ein flächenbeheizter, schwimmender, konventionell hergestellter Calciumsulfat-Estrich eingebaut. Dieser grenzt an einen 45 Jahre alten Estrich an, der Übergang wurde durch den Estrichleger als Bewegungsfuge ausgebildet (Bilder 1 und 2).

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Bild 1
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Bild 2


Weiterhin ist aus Konstruktionsplänen ersichtlich, dass der beheizte U-förmige Flächenbereich in mehrere Heizkreise/Flächen unterteilt ist, die ebenfalls vom Estrichleger mit Bewegungsfugen getrennt wurden.

 

Gemäß Protokollangaben wurde die ursprünglich hergestellte Bewegungsfuge zur Trennung Alt- zu Neubau mit alkaliresistentem Glasfasergelege überdeckt sowie die Trennung der Heizkreis-Flächen mit Epoxidharz kraftschlüssig geschlossen und in der Folge überspachtelt. Nach Trocknung des Gestaltungsbodens fräste der Bodenleger den Verlauf der geplanten Bewegungsfuge im Übergang Alt- zu Neubau wieder auf und verfüllte die so entstandene Fuge mit elastischer Fugenmasse (Bild 3).

Bild 3
Bild 3


Eine erneute Trennung der Heizkreis-Flächen erfolgte nicht. Insgesamt wurde so die Fußbodenfläche mit den maximalen Längen-/Breitenmaßen von rund 30 m x 14 m ohne Bewegungsfuge im Dekorspachtelboden hergestellt, was zwangsläufig zu Spannungsrissen führte.

 

Die Überprüfung der Fuge im Übergang Alt- zu Neubau ergab, dass dem Fugenverlauf folgend keine funktionsfähige Bewegungsfuge hergestellt wurde (Bilder 4 und 5).

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Bild 4
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Bild 5


Die Überprüfung der sich durch Risse abzeichnenden Fugen der Heizkreis-Flächen zeigte, dass trotz Festlegen der Risse sich diese im Dekorspachtelboden abzeichnen (Bilder 6 bis 9).

 

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Bild 6
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Bild 7

 

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Bild 8
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Bild 9

Schnittstellenkoordination

Der Bundesverband Flächenheizung und Flächenkühlung, BVF, gibt die „Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in Neubauten“ heraus. Die Richtlinie, die für alle Gewerke, die an der Entstehung einer solchen Konstruktion beteiligt sind, wichtige Informationen enthält, wurde unter Mitwirkung etlicher Berufs- und Industrieverbände erarbeitet.

Unter anderem heißt es unter Punkt 1.4 Planungs- und Bauablauf: „Es ist rechtzeitig ein Gespräch zur Koordination zwischen Architekt, Planer, Heizungsbauer, Trockenbauer, Estrichleger, Oberbodenleger und ggf. anderen Beteiligten zusammen mit dem Bauherrn oder dessen Vertreter zu führen, um die Gesamtplanung und Ausführung abzustimmen.“

Die Richtlinie, die als Download unter www.flaechenheizung.de abrufbar ist, wird unsererseits als unverzichtbare Planungsgrundlage angesehen.

Fazit

Werden wie in diesem Fall planerische Vorgaben und dem Stand der Technik entsprechende Ausführungsvorgaben missachtet, ist ein Schaden programmiert. Hätte der Bodenleger alle relevanten Unterlagen eingesehen, seine geplante Ausführung mit den Gewerken Estrich und Heizungsbau abgesprochen und auch seinem Auftraggeber mitgeteilt, wie die fertige Bodenbelagfläche aussehen wird, wäre eine einwandfreie Leistung zu erwarten gewesen.